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Auslegung: Voruntersuchung „Thälmannpark“

4. Berliner Gasanstalt an der Danziger Strasse im Dezember 1982

Die städtebauliche Voruntersuchung zum Quartier „Thälmannpark“ wurde unter Beteiligung und Mitwirkung von Anwohnern, Bürgern, Fachverwaltungen, Grundstückseigentümern, Interesseträgern und Nutzern von der STATTBAU Stadtentwicklungsgesellschaft mbH erstellt. Damit ist die erste Phase zur Einleitung einer städtebaulichen Neuordnung im Planungsgebiet abgeschlossen.

4. Berliner Gasanstalt an der Danziger Strasse im Dezember 1982
4. Berliner Gasanstalt an der Danziger Strasse im Dezember 1982 Foto: Gerd Danigel

Als ein Ergebnis der Voruntersuchung hat sich u.a. eine Ausweitung des Planungsgebietes entlang der Anton-Saefkow-Strasse bis an die Kniprodestrasse herausgestellt. Weiterhin wurden erste Ideen für ein Leitbild zur künftigen Entwicklung erarbeitet. Demnach sollen alle bisherigen Grünflächen erhalten werden, das Thälmann-Denkmal wird nicht mehr grundsätzlich in Frage gestellt, wohl aber die Platzgestaltung des Denkmalplatzes.
Es wurden auch mögliche Bebauungsflächen identifiziert, die zunächst als „Wohnungsbau-Potentialflächen“ bezeichnet sind. Ob ihre Bebauung möglich, wünschbar oder strittig ist, wird sich erst im Lauf des weiteren Planverfahrens herausstellen.

Um die bisher in Workshops, Einzelgesprächen und öffentlichen Veranstaltungen zusammengefassten Ergebnisse der „Voruntersuchung Thälmannpark“ auch formell und einheitlich allen Bürgerinnen und Bürgern in Pankow bekannt zu machen, folgt nun der nächste Schritt: die öffentliche Auslegung der Ergebnisse der Voruntersuchung. Hierzu ist heute die öffentliche Einladung des Bezirksamtes veröffentlicht worden:

Voruntersuchung „Thälmannpark“
Öffentliche Auslegung des Voruntersuchungsberichtes vom 2. – 13. Dezember 2013

„Das Bezirksamt Pankow und die STATTBAU Stadtentwicklungsgesellschaft mbH laden alle Bewohner, Gewerbetreibende, Eigentümer, Nutzer und an der Entwicklung des Gebietes Thälmannpark Interessierte zur öffentlichen Auslegung des Voruntersuchungsberichtes ein. Die Präsentation der Planunterlagen und des Zwischenberichtes dient der Vorstellung der bisher erarbeiteten Ergebnisse und Leitbilder. Die Planung kann vom 2. – 13. Dezember 2013 im Bezirksamt Pankow, Fröbelstraße 17, Haus 6, Vorflur Raum 227 eingesehen und dazu Stellung genommen werden. Geöffnet ist Mo – Mi u. Fr 9 – 18 Uhr und Do 9 – 19 Uhr.

Für Nachfragen und eine persönliche Erläuterung stehen Bearbeiter der Voruntersuchung dienstags von 9 – 12 und donnerstags von 15 – 19 Uhr zur Verfügung. Stellungnahmen können auch an die Mailadresse thaelmannpark@stattbau.de gerichtet werden.
Sämtliche Unterlagen und Pläne gibt es auch online unter www.stattbau.de .

Stadtsilhouette Prenzlauer Berg 1982 mit Gaswerk an der Dimitroffstraße -Foto: Gerd Danigel
Stadtsilhouette Prenzlauer Berg 1982 mit Gaswerk an der Dimitroffstraße

Exkurs: Geschichte der 4. Berliner Gasanstalt

Auf dem Gelände des heutigen Thälmannparks an der Danziger Strasse stand bis Mitte der achtziger Jahre ein Gaswerk.

Die ehemaligen 4. Berliner Gasanstalt an der Danziger Straße entstand 1872-1874 – inmitten des ehemaligen Arbeiterviertels Prenzlauer Berg.
Die Fläche wurde gewählt, weil diese ein wichtiger Knotenpunkt für die nördliche Anbindung zur Ringbahn für den Transport von Kohle, Koks, und flüssigen Produkten war.
In den Jahren 1889-1900 wurden die markanten großen Gasbehälter errichtet, die bis zu deren Sprengung im Jahr 1984 das Stadtbild in dem Stadtviertel beherrschten.

Im Zweiten Weltkrieg wurden 90% des Gaswerks von Bomben zerstört. Dabei gelangten auch erhebliche Mengen Schafstoffe, über die produktionsbedingten Abfälle hinaus, in den Boden.

Ab 1945 wurde wieder das Gaswerk wieder in Betrieb genommen.Die Versorgung der Bevölkerung mit Gas hatte eine hohe Priorität.
Die neuen Pläne der DDR sahen vor der Schwerindustrie Vorrang zu geben, das Gaswerk wurde zur Gaskokerei ausgebaut. Der Umbau dauerte fast 10 Jahre.
Die Nebenprodukte der Koksproduktion waren Rohstoffe und Nebenerzeugnisse wie Teer, Benzol, Ammoniak, sowie Schwefel und Graphit.
Abgase und Stäube gelangten in die Umwelt des damals bevölkerungsreichsten Bezirks Ost- Berlins: Prenzlauer Berg.
Viele Kinder litten unter Atemwegserkrankungen, dies wurde aber in der Medizinstatistik der DDR geheim gehalten.

Ab 1979 liess es sich nicht mehr verheimlichen: „Das Gaswerk war eine Drecksschleuder“. Die Umweltdebatte und die Umweltbewegung hatten auch die DDR erreicht.
Auch waren die Produktionsanlagen verschlissen: der äußerliche Verfall des Werks ließ sich nicht mehr verbergen. obwohl die von Arbeitern gepflanzten Bäumenerstaunlich gut gediehen.

Auf der 13. Bezirks-Delegierten-Konferenz der SED im 22. – 23. Mai 1970 wurde die Stilllegung der Gaskokerei an der Dimitroffstraße (heute Danziger Straße) beschlossen. Der Neubau einer Wohn- oder Parkanlage wurde beschlossen.

Die schrittweise Stillegung der Anlagen ließ jedoch noch eine lange Zeit auf sich warten. Erst 1981 wurde der Wandel konkret:

„Auf Beschluss der 10. Parteitags der SED entsteht in Stadtbezirk Prenzlauer Berg der Ernst-Thälmann-Park. Im Bericht heißt es: „Im traditionellen Berliner Arbeiterbezirk Prenzlauer Berg mit seinen Mietskasernen und Hinterhöfen, […] wird ein Volkspark errichtet.“ (Wochenpost 1.5.1981) Er wird zu Ehren Ernst Thälmanns zu seinem 100. Geburtstag am 16. April 1986 errichtet.“

Die Planung wurde formuliert:

„Auf dem 26 Hektar großen Gelände soll eine Wohnanlage mit 1336 Wohnungen in Hochhäusern unterschiedlicher Höhe entstehen. Pro künftigem Bewohner soll ein Baum gepflanzt werden. Geschäfte, Kneipen, Restaurants, eine Schule, ein Kindergarten, eine Kinderkrippe, eine Ambulanz, ein Schwimmhalle, ein Sportplatz, dazu der Park mit Rosengarten, Teich, Spielplätze, ein Planetarium und ein Kulturzentrum soll unter der Leitung des Architekten Erhardt Gißke, entstehen.“
Mittelpunkt sollte das Denkmal des ehemaligen KPD Parteiführers Ernst Thälmann werden, entworfen vom sowjetischen Bildhauer Lew Jefimowitsch Kerbel.

Am 30. Juni 1981 wurde der Betrieb des Gaswerks eingestellt, im Jahr 1982 wurde die Demontage begonnen

Blick in die Innenkuppel des Gasometer - Foto: Gerd Danigel 1982
Blick in die Innenkuppel des Gasometer - Foto: Gerd Danigel 1982

Im Februar 1984 wurde mit der Montage des ersten Wohnhauses begonnen. Am 28. Juni 1984 wird der letzte Gasometer gesprengt, obwohl es erheblichen Protest gab und trotz anhaltender Bemühungen der Bürger, die für das Stadtbild so markanten Türme für eine kulturelle Nutzung zu retten.

Sprengung des letzten Gasometers in Prenzlauer Berg am 28.6.1984
Sprengung des letzten Gasometers in Prenzlauer Berg am 28.6.1984

In der Nacht vor der Sprengung verharrten mehr als hundert Stasi-Mitarbeiter in Nahkampfausrüstung in den Gasometern, für alle Fälle, schilderte Stefan Wolle in seinem sehr lesenswerten Buch „Die heile Welt der Diktatur“ den Vorgang.

1986 erfolgte die Einweihung des Thälmannparks zum 100. Geburtstag Ernst Thälmanns – die Siedlung wurde damit zur letzten großen Baumaßnahme der DDR, und zum Zeugnis der DDR-Moderne. 1989 kam die Wende. m/s

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