Donnerstag, 28. März 2024
Home > Kultur > Gasometer sprengt
man nicht

Gasometer sprengt
man nicht

4. Berliner Gasanstalt an der Danziger Strasse im Dezember 1982

Heute vor 30 Jahren wurde das letzte große Gasometer des Gaswerks Dimitroffstraße gesprengt. Anläßlich des Jahrestages eröffnet der Glashaus e.V. in Kooperation mit dem Bezirksamt Pankow/Fachbereich Kunst und Kultur heute eine Ausstellung GASOMETER SPRENGT MAN NICHT! – die bis zum 31. August 2014 in der WABE gezeigt wird.

4. Berliner Gasanstalt an der Danziger Strasse im Dezember 1982
4. Berliner Gasanstalt an der Danziger Strasse im Dezember 1982 Foto: Gerd Danigel

Wahrzeichen von Prenzlauer Berg

Die drei weithin sichtbaren Gasbehälter des Gaswerks Dimitroffstraße galten als Wahrzeichen vom Prenzlauer Berg. Als der beabsichtigte Abriss der Gasbehälter bekannt wurde, kam es zu Bürgerprotesten, illegalen Flugblattaktionen und Eingaben, auf die die Staatsmacht mit Repressionen reagierte.

Die Sprengung der Gasbehälter wurde auf den 28. Juli 1984 festgelegt und das angrenzende Gebiet weiträumig abgesperrt. Dennoch gelang es vielen Anwohnern und Interessierten, die Vorgänge im Bild festzuhalten. Im dreißigsten Jahr der Gasometersprengung zeigen das Ausstellungsprojekt aus einem zeitgenössischen Blickwinkel heraus die historischen und künstlerischen Hintergründe rund um die Sprengung und beleuchten ihre Bedeutung für die Gegenwart.

Erstmalig wird eine umfassende Aufarbeitung der Planungen und Bauereignisse und der Sprengung gezeigt. Die begleitenden Proteste und künstlerischen Artikulationsformen sowie die Reaktionen des DDR-Regimes werden dokumentiert.

Die Ausstellung verbindet einen historischen und einen künstlerischen Bereich, das Rahmenprogramm präsentiert eine Filmreihe mit 12 Filmen und eine Lesung sowie 3 Podiumsdiskussionen mit Zeitzeugen und Experten.

Gasometer: Motiv für viele Künstler und Fotografen

Im künstlerischen Teil der Ausstellung werden Arbeiten von 25 Künstlern und Fotografen gezeigt.

Die ausgewählten Arbeiten zeigen die ungebrochene Anziehungskraft der Gasometer als Motiv der Stadtlandschaft in allen Phasen ihres Bestandes und die individuelle künstlerische Reflexion der gesellschaftlichen Realität auf unterschiedliche Weise – dokumentarisch, narrativ, romantisch, politisch, konzeptuell oder journalistisch.

Viele bekannte Namen von Künstlern und Fotografen sind dabei: Manfred Butzmann, Dieter Goltzsche, Gerd Danigel, Michael Hegewald, Peter Kees, Roger Melis, Barbara Metselaar, Erika Berthold, Nicolaus Schmidt, Helga Paris, Christine Perthen, Elisa Strozyk, Hans Ticha, Eberhard Klöppel u.a.)

Dabei wird sowohl der spezifische zeitliche Hintergrund des Staates mit seinen kulturpolitischen Paradoxien und politischen Verwerfungen sichtbar, als auch der zeitgenössische Kontext im Umgang mit Ideologien akzentuiert.

Der historiografische Teil der Ausstellung erschließt den Besuchern die Entwicklung des Sonderbauvorhabens Ernst-Thälmann-Park, erklärt, warum es schließlich zur Sprengung der Gasometer kommen musste und geht auf die Proteste der Berlinerinnen und Berliner gegen diese Sprengung ein. Zur Ausstellung entsteht ein Katalog.

Blick in die Innenkuppel des Gasometer - Foto: Gerd Danigel 1982
Blick in die Innenkuppel des Gasometer – Foto: Gerd Danigel 1982

GASOMETER SPRENGT MAN NICHT!
Ausstellung 28. Juli – 31. August 2014

Eröffnung am 28. Juli 2014, 18 Uhr durch Bezirksstadtrat Dr. Torsten Kühne (CDU)

RAHMENPROGRAMM
Podiumsdiskussionen:
28. Juli 2014 um 19 Uhr
„Am Ernst-Thälmann-Park geht es zügig voran“ – Vom Gasometer bis zum Thälmann-Park

Die Sprengung der Gasometerhüllen am 28. Juli 1984 erregte zahlreiche Proteste – nicht nur bei Anwohnern – jetzt, dreißig Jahre später wird gegen die Bebauungspläne auf demselben Areal erneut protestiert. Eine zeithistorische Parallele?
Moderation: Rugija Pascha-Sade

Gäste: Micha Koch (Künstler), Klaus Storde (Grafiker), Prof. Dietmar Kuntzsch ( ehemaliger Professor an der Kunsthochschule Weissensee), Klaus Laabs ( Übersetzer/ Autor), Dr. Markus Seng (Anwohner-Initiative Ernst-Thälmann-Park)

13. August 2014 um 19.00 Uhr
– Denk-Mal oder nicht? – Über das Für und Wider öffentlichen Erinnerns
Was bedeutet Denkmalschutz wirklich? Wie wird ein Denkmal zum Denkmal? Und wie nachhaltig wirken entsprechende Beschlüsse?
Moderation: Nikolaus Bernau
Gäste: Marc Schulte (Bezirksstadtrat Wilmersdorf-Charlottenburg), Petra Kahlefeld (Architektin), Dr. Agnete von Specht (Denk mal an Berlin) angefragt

30. August 2014, 19.00 Uhr
Wem gehört die Stadt?

Um 19.00 Uhr wird der Dokumentarfilm „Wildwest im Thälmannpark“ (44′, rbb, 2014) von Katrin Rothe gezeigt. Der Film ergänzt gut die nachfolgende Debatte.
Tempelhofer Feld, East Side Gallery, Güterbahnhof Pankow, Ernst-Thälmann-Park – Beispiele kontrovers diskutierter Stadtraumgestaltung. Wer bestimmt drüber was gebaut wird? Wem gehört die Stadt? Wie lassen sich bei Bauvorhaben die Interessen von Anwohnern, Investoren und der Lokalpolitik in Übereinstimmung bringen.
Moderation: Dr. Johanna Schlaack
Gäste: Christian Grauvogel (Vorsitzender Mörchenpark e.V.), Mehmet Kalin (Besitzer Baumhaus an derMauer), Katrin Rothe (Filmemacherin), Florian Schmidt (Initiative Stadt Neu Denken), Kurt Krieger (Investor Güterbahnhof Pankow), angefragt
Eintritt frei

Lesung
16. August 2014, 19.00 Uhr

Mit Uwe Warnke, geb. 1956, Autor, Künstler und Verleger. Seit 1982 Herausgeber der bis 1989 illegal erschienenen original-grafischen Künstlerzeitschrift Entwerter/Oder. Er liest Texte aus dem Umfeld der 1984 anlässlich der angekündigten Sprengung der Gasometer erschienenen Entwerter/Oder Sonderausgabe Nr.1 „ …interim…GASOMETER…oder” Eintritt: 3 Euro

Sprengung des letzten Gasometers in Prenzlauer Berg am 28.6.1984
Sprengung des letzten Gasometers in Prenzlauer Berg am 28.6.1984

Begleitende Filmreihe Ost-West-Filme
Das übergeordnete Thema der Filmreihe Ost-West-Filme ist das Berlin der 70er/80er Jahre, die Beseitigung historischer Bausubstanz, der Widerstand dagegen und Alternativszenen generell im Ost und im Westteil der Stadt. Die Gegenüberstellung filmischer Gegenbilder in den beiden Programmschwerpunkten soll dabei den Blick auf die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der
Alternativszenen in beiden Stadtteilen schärfen. Nebenher war Wohnungsnot ja damals auch in West-Berlin ein die lokale Politik beherrschendes Thema und diente ihre Behebung auch dort gelegentlich als Vorwand, um ganz andere Ziele durchzusetzen. Vor jeder Filmvorführung gibt es eine filmwissenschaftliche Einführung.

12 Filmprogramme, jeweils um 19.00 Uhr: Am 1./2./3./8./9./10./15./17./22./23./24./29. August, jeweils um 19 Uhr Eintritt: 5 Euro
Glashaus. Verein der Nutzer der Brotfabrik e. V.

Öffnungszeiten der Ausstellung: Mittwoch bis Sonntag 13–19 Uhr – Eintritt frei

Wabe | Danziger Straße 101 | 10405 Berlin-Prenzlauer Berg

m/s