Donnerstag, 18. April 2024
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Französisch-Buchholz

Güldene Turmzier über
Französisch-Buchholz

Die Evangelische Kirche am Pfarrer Hurtienne-Platz trägt seit dem 18.November 2013 eine neue Turmzier mit einem vergoldeten Kreuz. Die aus einem spätromanischen Feldsteinbau entstandene Kirche aus dem 13. Jahrhundert ist das bedeutsamste Wahrzeichen von Französisch-Buchholz. Die neue „güldene Turmzier“ ist eine komplette Rekonstruktion, die alte Spitze drohte abzustürzen und war völlig korrodiert.

Montage der neuen Turmzier auf der Kirche in Französisch-Buchholz am 18.11.2013 - Föto: König

Nach der Dachstuhlsanierung und hatte die Kirche schon im Sommer ohne Gerüst gestanden. Doch noch mußten das Uhrwerk und die Ziffernblätter am Kirchturm erneuert werden. Die Firma OTTO-BUER Glocken- Uhrentechnik aus Neustadt in Holstein übernahm die schwierige Spezialistenaufgabe, die viel Erfahrung und handwerkliches Wissen über alte Uhrwerke, Läutemaschinen und Metalltechnik voraussetzt.

Alte Turmzier unvollständig und verrostet

Auch die alte Turmzier wurde inspiziert. Wind und Wetter hatten über lange Jahre das Metall zerfressen, Rost, Frost und Sturm haben auf Dauer zuerst das Kreuz und danach den Schweif des Wetterhahns fortgeweht.
Auch waren an der alten Turmzier Eisen, Kupfer und Zink verarbeitet worden. Es war aus heutiger Sicht auch eine Bausünde, die zur Elektrokorrosion bei nassen Metalloberflächen führte, und das Metall zunehmend schwächte.

Die Firma OTTO-BUER wollte anfangs Teile der alten Turmzier erhalten, aber die Schädigung war zu weit fortgeschritten. Es wurde eine vollständige Rekonstruktion erforderlich. Eine Besonderheit war das Lager der Wetterfahne, die aus Glas bestand, und niemals festrosten konnte.

Neue "güldene Turmzier" mit Wetterfahren und Kreuz vor dem Altar
Neue "güldene Turmzier" mit Wetterfahren und Kreuz vor dem Altar

Am 17. November 2013 wurde die neue Turmzier im Gottesdienst der Kirchengemeinde vorgestellt. Danach wurde ein Film von der Demontage gezeigt, die mit einer gewissen Spannung erwartet worden war.

Der Grund: die Turmzier enthält auch eine metallene Kugel, in der Originaldokumente aufbewahrt werden. Und anlässlich der Rekonstruktion wurde die alte Metallkugel geöffnet, die Dokumente wurden in der Kirche ausgestellt.

Dokumente, Urkunden und Münzen aus den Zeitkapseln der Turmzier
Dokumente, Urkunden und Münzen aus der Zeitkapseln der Turmzier

Letzte Öffnung am 12.Juni 1956

Bei der letzten Öffnung der Kugel im Jahr 1956 war eine Flasche mit vier zum Teil unleserlichen Dokumenten gefunden worden, deren Verschluß leider offen war. Regenwasser konnte eindringen und hatte die Dokumente zu einem großen Teil zerstört. Die Urkunde von 1886 benannte eine ältere Urkunde unbekannten Datums (176?), die bereits zu Staub zerfallen war.
Als Ergebnis lässt sich nun rekonstruieren, dass die Kirche früher verschiedene Türme hatte.

In der Urkunde wurde der Baumeister des (heutigen) neuen Kirchturms aus dem Jahr 1886 benannt: Maurermeister Conrad von Werneuchen.
Es fanden sich auch 10 Geldmünzen von 1668, 1724 und 1886, die wieder in die Flasche getan wurden.

Die 3. Urkunde bezog sich auf das Jahr 1852, als König Wilhelm IV regierte. Damals wurde ein anderer Turm durch den „Regierungs Baurathe“ Soller „gemacht“ und unter Aufsicht des königlichen Bau-Inspecteurs Becker und einiger weiterer Personen errichtet. Darunter wurden genannt: Zimmermeister Gustav Schulze, Maurermeister Gustav Grützmacher in Oranienburg. Die damaligen Prediger waren David Liba und Pierre Rouvel.

Doch der Turm hielt nicht stand, er neigte sich und mußte abgerissen werden, sodass der heute sichtbare Kirchturm 1885-1886 mittig von Grund auf neu errichtet wurde.

Eine noch ältere Urkunde war unleserlich, und deutete auf einen Turmneubau zuvor im Jahr 1724 hin.

Vorstellung der neuen Turmzier

Die neue Turmzier ist aus Kupferblech gefertigt und aus nichtrostenden Stahl gefertigt. Die Edelstahlteile sind zuerst mit einem gelben Decklack lackiert. Bei späteren kleineren Beschädigungen am Blattgold durch
die Witterung, sind diese Stellen auf diese Weise nicht sofort zu erkennen.
Danach wurde ein Aktivator auf das zu vergoldende Material aufgetragen – und erst danach wurde Blattgold auf Kreuz, Turmzier und Wetterfahne mit dem Wetterhahn aufgetragen. Das brilliante optische Endergebnis wird erreicht, weil die Goldoberfläche mit einem Dachshaarpinsel eingebürstet wurde, bis es wie massives Gold im Licht funkelt.

Jens Tangenberg, Pfarrer König und Ortschronistin Anne Schäfer-Junker
Jens Tangenberg, Pfarrer König und Ortschronistin Anne Schäfer-Junker

Zu der Vorstellung der neuen Turmzier waren viele interessierte Gemeindemitglieder in die Buchholzer Kirche gekommen. Pfarrer König las die alten historischen Urkunden vor, und Geschäftsführer Sebastian Otto von der Firma OTTO-BUER Glocken- Uhrentechnik erläuterte die handwerkliche Konstruktion der über 2,60 Meter hohen Turmzier.
Nach der Filmvorführung wurde der Tisch mit den alten Münzen, Urkunden und Gemeindebriefen von interessierten BürgerInnen bestaunt. Aus dem Jahr 1956 war auch eine Ausgabe des Neuen Deutschland dabei.

Montage der Turmzier

Die neue „güldene Turmzier“ wurde am 18.11.2013 montiert. Schon früh um 8 Uhr begannen die Arbeiten, dies sich jedoch unerwartet lang bis zum Abend hinzogen. Die beiden Mitarbeiter der Firma OTTO-BUER mußten mehrmals an der Spitze ansetzen, und sich mächtig strecken, um das Kreuz ganz oben aufzusetzen.

Aufseilen des Turmkreuz am 18.11.2013 - Foto: König
Aufseilen des Turmkreuz am 18.11.2013 - Foto: König

Auch die Kirchturmuhr wird repariert, und Zeiger und Zifferblätter wurden entstaubt und gereinigt. Schon bald soll das Baugerüst abgebaut werden, und die Kirchengemeinde kann sich wieder nach der „Turmzeit“ richten.

Nur einige alte Buchholzer Bürgerinnen und Bürger werden wohl noch eine Weile verwundert zum Turm aufschauen: „Hat das immer so geglänzt?“ – Das neue Kupferblech wird erst im Laufe der Zeit die typische grüne und dunkle Kupferpatina ansetzen, doch das Gold wird dauerhaft in der Sonne glänzen.

„War die Kirche nicht früher etwas kleiner?“ – Tatsächlich! Das Kreuz ist völlig neu rekonstruiert und aufgesetzt worden. Das alte war schon vor vielen Jahren abgefallen, und niemand hatte es so richtig bemerkt!
Mit der Sanierung der Turmspitze ist die Kirche in Französisch-Buchholz als Baudenkmal und Wahrzeichen wieder äußerlich in voller Pracht hergestellt. m/s

m/s