Freitag, 29. März 2024
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Brieselang an

Amazon greift von
Brieselang an

amazon book store in Seattle

„Amazon plant 400 Buchläden“ – die Schlagzeile der Woche erwies sich als Gerücht. Vorstandsvorsitzender Sandeep Mathrani, Manager des großen US-Betreibers General Growth Properties, der eine Kette von 130 Einkaufszentren betreibt, hatte sich verplaudert. Bei Vorlage der Quartalszahlen seines Unternehmens sagte er, Amazon wolle nach seinem Wissen 300 bis 400 eigene Buchläden eröffnen. Doch Manthrani ruderte bald zurück, gestand seine Plauderei ein. Die Sorge vor Amazons Plänen blieb.

amazon book store in Seattle
amazon book store in Seattle – 4601 26th Ave NE, Seattle 98105 located in University Village, next to Banana Republic and across from JOEY Kitchen – Foto: amazon press release.

Der Aktienkurs des größten Buchhandelsunternehmens Barnes & Noble sackte nach Veröffentlichung des Gerüchts um 10 Prozent ab.

Amazon hat 20 Jahre nach seinem Unternehmensstart im November 2015 seine erste ersten physischen Buchhandlung in Seattle eröffnet. Der Laden namens Amazon Books im University Village in Seattle, der Heimatstadt des Unternehmens, hat etwa 6.000 Titel auf Lager. Die Auswahl wird auf Grundlage der Kritiken und Verkaufsdaten von Amazon.com. ermittelt. Der Preis der Bücher im Laden ist der gleiche Preis wie auf der Website.

Neuer Trend: Online-Handel plus physische Shops

Amazon verändert langsam sein Konzept des Onlinehandels. Mit der Einführung von Schließfächern und Abholpunkten, in denen Kunden ihre Bestellungen wie an Kiosken abholen oder kaufen können, wurden schon positive Erfahrungen gesammelt. Auch andere große Online-Händler investieren inzwischen in die Verbindung von Online-Shop und Retail und reden vom Multichannel-Verkauf.

Die Verbindung von Online-Handel und stationären Handel macht Sinn, denn vor allem in großen Einkaufszentren überwiegt der Impulskauf. Die Buchpräsentation anhand von Spitzenbewertungen und Beliebtheit sorgt automatisch für hohe Umsätze. Im Hintergrund sorgt das BigData-Wissen um Kundenvorlieben und Kundendaten für eine optimale Absatz- und Sortimentssteuerung.

Ob Amazon einen Book Store in zentraler Lage in Berlin gründet, ist noch offen. Doch Amazon hat den Markt in Berlin längst auf andere Weise im Visier.

Optimierte Bestell- und Lieferlogistik ist der Schlüssel

Amazons großes Logistikzentrum in Brieselang ist die Basis, mit der der Berliner Markt bedient wird. Die Amazon Logistik Potsdam GmbH in der Havellandstraße 5 in 14656 Brieselang betreibt eines der modernsten Logistikzentren, das nach und nach auch für weitere Sortimente und für Lebensmittelauslieferungen vorbereitet wird. „Same Day Delivery“ – die Auslieferung einer Onlinebestellung nach am selben Tag ist das entscheidende Wettbewerbskonzept im Online-Handel. Amazon hat dieses Konzept nicht einfach „digitalisiert“, wie man es in Deutschland noch sagt, wenn Verkaufsprozesse optimiert werden. Stattdessen hat Jeff Bezos schon vor 20 Jahren einen detaillierten Optimierungsprozeß begonnen, den man besser als „Servicialisierung“ beschreibt.
Jeder einzelne Schritt von der Bestellung, Warenwirtschaft bis zur Logistik wurde optimiert und in eigenen Forschungslabors weiter entwickelt.
Amazon hat für die Entwicklung viele hundert Millionen Dollar investiert. Von der Warenauswahl auf Internetseiten, der 1-Klick-Bestellung über optimierte Bezahlvorgänge und eine optimale Warenauslieferung zum Kunden. Das Logistikzentrum Brieselang hat die Größe von zehn Fußballfeldern und mehr Lagerkapazität als alle Buchhandlungen in Berlin.

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amazon Logistik-Zentrum Brieselang: Heute bestellt – heute geliefert in Berlin

Heute bestellt – heute da!

Der Angriff auf den stationären Handel in Berlin wurde lange vorbereitet. Es fängt mit der Philosophie der Mitarbeiter an: „Jeder ist ein Amazon-Leader“ mit dem „Amazon-Gen“. Dahinter steht der Wille zur Perfektion: „100% kundenorientiert
Leader denken zuerst an den Kunden. Und richten alles am Kunden aus. Ihr oberstes Ziel ist es, das Vertrauen unserer Kunden zu gewinnen und zu bewahren. Leader beobachten auch den Wettbewerb. Aber es ist der Kunde, der immer im Mittelpunkt steht.“

Im Januar tauchten dann die Plakate mit den braunen Amazon-Verpackungen auf: „Heute bestellt – heute da!“ – für AmazonPrime Kunden beginnt 2016 eine neue Ära: die versandkostenfreie Sofortlieferung. Das große Logistikzentrum in Brieselang rückt plötzlich ganz dich an Berlin heran. Wenn kein Stau auf der Autobahn ist, kann Amazon jede Adresse in Pankow in weniger als eine Stunde anfahren. In der Regel beträgt die Auslieferungszeit weniger als 6 Stunden.

HEUTE BESTELLT - HEUTE DA
HEUTE BESTELLT – HEUTE DA – Amazon wirbt mit kostenloser Lieferung am selben Tag für AmazonPrime-Kunden im Januar 2016

Der lokale Buchhändler kann nun von Amazon überflügelt werden, wenn ein Buch nicht im Sortiment ausliegt, ist Amazon schneller als die Verlagsauslieferungen, die den Buchhändler mit Ware versorgen. Wer sich gegen Amazon wappnen will, sollte einen Blick auf die Amazon-Bestseller-Listen werfen, und immer ein paar Bücher auf Lager haben.
Doch bei eBooks hat Amazon längst einen uneinholbaren Wettbewerbsvorteil erlangt. Amazon-Kunden können sich direkt online mit eBook-Downloads versorgen – und sofort „loslesen“. Der lokale Buchhandel kämpft in diesem Segment mit Schnittstellen-Problemen, bevor das eBook auf den Endgerät des Kunden landet.

Wettbewerb und Buchpreisbindung für E-Books

Die Kulturstaatsministerin Dr. Monika Grütters (CDU) hat sich dennoch rechtzeitig für die Preisbindung von eBooks eingesetzt. Das Bundeskabinett hat gerade einem Gesetzentwurf zugestimmt, der Verlage verpflichtet, für E-Books einen verbindlichen Ladenpreis festzulegen. Dies teilte das Wirtschaftsministerium in Berlin mit. Das Gesetz soll auch für grenzüberschreitende Buchverkäufe in Deutschland gelten. Kulturstaatsministerin Grütters erklärte dazu. „mit der Neuregelung werde die Preisbindung zukunftsfest für das digitale Zeitalter gemacht.“ Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels begrüßte die Entscheidung als wichtiges Zeichen für die gesamte Branche. Der lokale Buchhandel muss sich nicht abhängen lassen, denn längst gibt es clevere mobile Lösungen auch für den direkten eBook-Verkauf.

eCommerce-Lösungen gehen in die mobile Cloud

Doch der Wettbewerb dreht längst in die nächste Runde. Mit kleinen Widgets kann man Bücher direkt über mobile Internetseiten bestellen. Die standardmässig von Amazon bereitgestellten Widgets sind praktisch kleine „Bestellfenster“, die Daten direkt an das Amazon-Bestellsystem leiten. Die Widgets können an das Design der Website angepasst werden.

Amazon Widget - Favorites
Amazon Widget – Favorites – Bücher direkt bestellen! (Screenshot Amazon-Partnerprogramm)

Die Konditionen sind attraktiv für private Blogs, für Themenseiten und auch für Internet-Zeitungen. Amazon gibt hier mit seinem Partnerprogramm die Entwicklung vor. Doch weder Buchhandel noch Verlage sind gehindert, eigene Bestell-Widgets zu entwickeln.

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