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Chaos beim Asyl – warum hat der Staat versagt?

Talkrunde "maybrit illner"

Maybriit Illner gehört zu den beliebtesten Talk-Runden im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Mit dem Thema „Chaos beim Asyl – warum hat der Staat versagt?“ am 31. Mai 2018, hat die Redaktion der Talksendung das richtige Gespür und Timing bewiesen.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat die bekannt gewordenen die Vorgänge rund um das BAMF einen „handfesten, schlimmen Skandal“ genannt – und hat sich im Namen der Bundesregierung entschuldigt. Doch ist „Politikversagen“ überhaupt entschuldbar? Das ZDF fragt: „Wie viel Schuld trägt die Politik an den zum Teil verheerenden Verhältnissen in der Behörde? Was ist mit den Hunderttausenden Einsprüchen gegen Asylbescheide, die deutsche Verwaltungsgerichte bearbeiten müssen?

Ist da, wie CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte, eine „Anti-Abschiebe-Industrie“ am Werk? Oder nehmen die Betroffenen nur die Rechte wahr, die ihnen der Staat gewährt. Werden Verfahren schneller und besser, wenn sie in sogenannten Ankerzentren durchgeführt werden? Werden Abschiebungen von dort „leichter“? Welche Verantwortung trägt die Politik für die offenbar chronische Überforderung von Ausländerbehörden, Gerichten und Polizei?“

Die Gäste der Sendung: Joachim Herrmann (CSU), Staatsminister des Innern und für Integration in Bayern, Gisela Seidler, Fachanwältin für Migrationsrecht, Christian Lindner (FDP Parteivositzender), Robert Habeck (Parteivorsitzender B´90/Grüne), Barbara John (CDU), Frühere Ausländerbeauftragte des Berliner Senats – und Jörg Radek (Gewerkschaft der Polizei),
Polizeihauptkommissar.

Die Aufzeichnung der Sendung ist in der ZDF-Mediathek bis zum 31.August 2018 zu sehen.

Politische Verantwortung und politsche Planung – oder Politikversagen?

Die Kritik an der Politik ist längst an einem Punkt angelangt, an dem nur noch ein Untersuchungsausschuß Aufklärung bringen kann. In Tichys Einblick ( Stephan Paetow | 1.6.2018 ) wird klar gefragt, ob die Politik selbst das Problem ist:

„Im Grunde ist der Fall ganz einfach. Im Jahre 2015 wurden die Grenzen trotz anrollender Masseneinwanderung nicht geschlossen. Das hat „man“ so entschieden, wie Joachim Herrmann treuherzig sagte. Mit dem „Wir waren dagegen“ folgte sogar unausgesprochen, dass „man“ Merkel heißt. Sodann haben Länder und Gemeinden Millionen aufgenommen, versorgt und untergebracht. Der Bund hätte Fingerabdrücke nehmen, Identitäten klären und den Asylstatus bestimmen müssen. Zuständig war Diplom-Betriebswirt Weise, der nebenbei auch noch die Arbeitsämter managte. Und wie man das so macht als Manager, wenn die Stückzahlen steigen müssen, sinken halt die Qualitätsstandards. Weise war nur in dem Sinne weise, als dass er Ende 2016 die Biege machte. Erwähnenswert, dass auch McKinsey und Co. für hohe zweistellige Millionenhonorare ins Boot geholt wurden, um hinterher sagen zu können: Schaut her, wir haben alles Menschenmögliche getan. Ergebnis des Ganzen: Hunderttausende Identitäten ungeklärt, Asylbescheide im Lotterieverfahren, Fingerabdruckmaschinen kommen erst noch.“

Die Aufklärung der Umstände sollte in jedem Fall nicht erst 2015 beginnen – denn bereits 2014 wurde eine strategische Änderung zum Bau von Flüchtlingsheimen vorgenommen, die eine Art „Sonderbaurecht“ etablierte.

Warum der Untersuchungsausschuß kommen muß

Die Entscheidungsvorbereitung dazu wurde mit strategischer Absicht und Kenntnis vorbereitet. Die entscheidenden Fakten der Entscheidungsvorbereitung sind aber hinter verschlossenen Türen und womöglich unter Maßgabe der Chatham-House-Rules erfolgt.

Diese Regel besagt konkret: „„Bei Veranstaltungen (oder Teilen von Veranstaltungen), die unter die Chatham-House-Rules fallen, ist den Teilnehmern die freie Verwendung der erhaltenen Informationen unter der Bedingung gestattet, dass weder die Identität noch die Zugehörigkeit von Rednern oder anderen Teilnehmern preisgegeben werden dürfen.“

Diese Regel setzt eine undurchdringbare Informationsmauer, hinter die auch kaum ein Untersuchungsausschuß blicken kann. Verantwortliche Entscheidungsträger können sich so als Takt- und Ideengeber verstecken. Die Chatham-House-Rules sind auch das entscheidende Instrument neoliberaler Politik-Regulierung, die mittlerweile Demokratien hilflos und unkontrollierbar an Lobbys ausliefert. Politische Parteien die das dulden – haben im Grunde abgedankt, sind nur noch „Stellvertreter“.