Samstag, 20. April 2024
Home > Themen > Harter Job im Untersuchungsausschuss BER

Harter Job im Untersuchungsausschuss BER

1. Untersuchungsausschuß BER am 18.10.2013

Andreas Otto (MdA – Bündnis 90/Grüne) ist als baupolitischer Sprecher seiner Fraktion auch im laufenden Untersuchungsausschuß zum Flughafen BER tätig. Die Ausschußarbeit ist ein harter Job, der viel Geduld und hartnäckiges Nachfassen erfordert. Praktisch im Wochentakt kommen Meldungen aus dem Untersuchungsausschuß, die immer neue Fakten und Versäumnisse an die Öffentlichkeit bringen.

1. Untersuchungsausschuß BER am 18.10.2013
1. Untersuchungsausschuß BER am 18.10.2013

Die vielen Einzelereignisse fügen sich inzwischen zu einem Bild monströsen Versagens zusammen, das den Steuerzahler bald über 5 Mrd. € kosten wird. Aktuell werden monatlich rund 35 Mio. € für den stillstehenden Flughafen benötigt.
Jeder Monat kostet praktisch genausowiel wie der Senat von Berlin für den Kauf vom Flughafen Tempelhof vom Bund insgesamt bezahlt hat.

Während der Sitzung des Untersuchungsausschusses am 18.10.2013 passierte einer dieser denkwürdigen Vorfälle, der fast alle Untersuchungsausschußmitglieder zornig machte:

Die Koalition aus SPD und CDU hat völlig überraschend den zweiten geladenen Zeugen, Herrn Staatssekretär Bomba, nach Hause geschickt. Als Grund wurde ein Zeitverzug bei der vorangegangenen Befragung genannt.
“ Diese auch diese Begründung war wenig glaubhaft,“ meinte Andreas Otto.

Offensichtlich hatte der erste Zeuge, Prof. Lütke Daldrup, die Koalition mit zwei Aussagen schwer beunruhigt.

a) Im Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft hätte es zu wenig baufachlichen Sachverstand gegeben.
b) Er sei stark verwundert, dass die Kompetenz der Bauverwaltungen von Berlin und Brandenburg (Senatsverwaltung bzw. Ministerium) durch die Aufsichtsratsmitglieder nie genutzt worden sei.

Andreas Otto sieht es so: „Beide Aussagen bestätigen unsere These, dass der Aufsichtsrat Teil des Problems und nicht der Lösung ist.“

Entlastung des BER_Aufsichtsrats für 2011 und 2012

Inzwischen wurde der Aufsichtsrat von der Gesellschafterversammlung der Berliner Flughäfen für die Jahre 2011 und 2012 entlastet. In dieser Zeit stand das Aufsichtsgremium unter dem Vorsitz des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD).
Seit dem Rücktritt im Sommer, und dem kurzen Interregnum von Mathias Platzeck (SPD) leitet Wowereit den Aufsichtsrat inzwischen wieder kommissarisch weiter.

Andreas Otto kommentierte dies mit einer langen Sündenliste:

  • „Der Flughafen ist nicht fertiggestellt.
  • Die Kosten erhöhen sich permanent, die aktEs gibt keinen Eröffnungstermin, der soll vielleicht 2014 bekannt gegeben werden.uelle 5 Mrd. Euro – Vermutung wird schon bald Geschichte sein.
  • Es gibt keinen Zeitplan zur Fertigstellung.
  • Die Ergebnisse der über ein Jahr währenden Bestandsaufnahme des Terminals durch Herrn Amann liegen nicht vor.
  • Die Geschäftsführung hat sich ein halbes Jahr lang im Streit zerlegt, anstatt zu arbeiten.
  • Das Bauvorhaben soll jetzt ohne technischen Geschäftsführer weiter verfolgt werden.
  • Der Aufsichtsrat ist nach wie vor ein Amateurgremium.“

Andreas Otto sieht einen Hauptverantwortlichen:

„All das ist Folge nicht nur des verfehlten Krisenmanagements des Regierenden Bürgermeisters, sondern der Vorgeschichte der Flughafengesellschaft und der Arbeit des Aufsichtsrates. Auch in den Jahren 2011 und 2012.“

„Durch die Entlastung wollen sich die handelnden Personen aller Verantwortung entledigen. Materiell wie politisch. Obwohl der Untersuchungsausschuss des Abgeordnetenhauses das Organisationsversagen in der Flughafengesellschaft gerade analysiert und insbesondere die Arbeit der Mitglieder des Aufsichtsgremiums sehr kritisch sieht.
Die Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrates in der Gesellschafterversammlung ist ein Versuch zur Reinwaschung. Am Ende ist niemand verantwortlich für das Verschleudern von Milliarden durch Missmanagement und mangelnde Aufsicht.“

Andreas Otto fasste es so zusammen: „Der Persilschein für Wowereit & Co. hat große schwarze Flecken.“

Die teuerste Bestandsaufnahme in der Baugeschichte

Andreas Otto kritisiert auch die Tätigkeit des technischen Geschäftsführers Amann:

„Herr Amann hat über ein Jahr die Baustelle BER analysiert. Engagiert wurde er von einem Aufsichtsrat, der den Vorgänger Herrn Körtgen und den Generalplaner zuvor rausgeworfen hatte. Die Nichttechniker um die Ministerpräsidenten Wowereit und Platzeck hatten im Mai 2012 in Notwehr alle technisch Verantwortlichen entlassen. Um sich selbst das politische Leben zu retten, denn niemand von den Aufsichtsräten wollte angesichts der gescheiterten Eröffnung seinen Hut nehmen.
Dann wurde der Ingenieur Horst Amann aus Frankfurt/M. geholt. Er sollte die Baustelle untersuchen, einen neuen Zeit- und Kostenplan zur Fertigstellung von BER vorlegen und den Flughafen zur Eröffnung bringen.
Stattdessen hat Amann die teuerste Mängeldokumentation der Baugeschichte zusammengestellt, mit ünber 65.500 Mängeln.“

Nach wie vor fehlender Zeit- und Kostenplan

„Bis heute liegt eine neue Zeit- und Kostenplanung dem Abgeordnetenhaus nicht vor, offenbar existiert sie nicht. Entweder hat der Aufsichtsrat die Planung nie verlangt oder Herr Amann war der falsche Mann und konnte nicht liefern. Wenn er der falsche Mann war, dann hätten die Amateure im Aufsichtsrat sich im Personal vergriffen.“ meint Andreas Otto „… und über ein Jahr gebraucht, das selbst zu merken.“

„Bis heute ist niemand in dem Gremium, der oder die schon einmal ein Milliardenbauprojekt geleitet oder begleitet hätte. Wie suchen solche Leute das richtige Personal aus?“ – fragt Andreas Otto.

Mehdorns Rolle in der Kritik

Andreas Otto sieht auch den neuen Geschäftsführer Harmut Mehdorn in einer unguten Rolle: „Mit der Bestellung von Hartmut Mehdorn hat der Aufsichtsrat im Frühjahr dann den Job von Herrn Amann auch noch aktiv sabotiert. Die Geschäftsführung am BER wurde nicht gestärkt sondern chaotisiert.“

Andreas Otto ist wütend: „Eineinhalb Jahre nach der blamablen Absage der Eröffnung ist BER eine Investruine. Über einen Eröffnungstermin soll eventuell 2014 befunden werden. Jeder Monat Stillstand kostet ca. 35 Mio Euro. Öffentliches Geld, was zumindest Berlin nicht hat.“

Neubeginn im Aufsichtsrat angemahnt

Andreas Otto mahnt einen Neubeginn im Aufsichtsrat an: „Nach einem verschenkten Jahr ist es dringender denn je, dass die Flughafengesellschaft neu organisiert wird. Von oben an. Mit einem Aufsichtsrat der auch kontrollieren kann und will. – Und mit einer Geschäftsführung, die den Flughafen konsequent fertig baut anstatt über Minieröffnungen und den Weiterbetrieb von Tegel zu philosophieren.“

„Der angebliche Neustart von BER ist praktisch abgebrochen worden. Der Rettungsschirm besteht nun aus den Mitteln der SteuerzahlerInnen in Berlin, Brandenburg und der ganzen Bundesrepublik.

Dramatische letzte Woche

Die vergangene Woche brachte dann die Entscheidung: Horst Amann wurde abgesetzt – und darf nun als Geschäftsführer die Flughafen Energie und Wasser GmbH leiten. Sie betreibt das Strom-, Wasser-, Abwasser-, Wärme- und Kältenetz der bestehenden Airports Tegel und Schönefeld sowie des neuen Berliner Flughafens. Amanns Bezüge behalten die bisherige Höhe. „Wir wollen, dass dieser Bereich entwickelt wird“, entgegnete Wowereit auf die Frage, ob Amann lediglich einen Versorgungsposten erhalten habe.

Wie inzwischen auch bekannt wurde, hat der Aufsichtsrat einen 50 Mio-Auftrag an SIEMENS vergeben. SIEMENS soll nun Brandschutzpläne neu erarbeiten. Hierfür werden bis zu 1,5 Jahre veranschlagt.

Eine Polizei-Razzia bei Architekten schreckte dann die Hauptstadt auf: der Untersuchungsausschuß hatte unterdessen ein Gutachten mit Nachdruck vom Architekten Meinard von Gerkahn nachgefordert. erwirkte eine gerichtliche Verfügung, das Dokument herauszugeben. Die Polizei wurde in Gang gesetzt und rückte in Architektenbüro an. Auch dessen private Wohnung sollte durchsucht werden.
Doch von Gerkahn rückt erneut ein Gutachten heraus, das er nach seinen Angaben bereits dem Untersuchungsausschuß übergeben hatte.

Das Gutachten soll Auskunft darüber geben, inwieweit bereits 2010 und 2011 absehbar war, ob eine Flughafeneröffnung in 2012 möglich war. In dem Gutachten heißt es: “ der (damals) anvisierte neue Termin 3. Juni 2012 werde als „sehr ambitioniert“ betrachtet. m/s

Weitere Informationen:
Untersuchungsausschuß des Berliner Abgeordnetenhauses

Andreas Otto, MdA, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
ist
Bau- und Wohnungspolitischer Sprecher seiner Fraktion
Sprecher im Untersuchungsausschuss BER
und dazu
Vorsitzender des Ausschusses für Bauen, Wohnen und Verkehr
Stellv. Vorsitzender des Ausschusses für Beteiligungsmanagement und -controlling
Mitglied des Ausschusses für Europa- und Bundesangelegenheiten, Medien

m/s