Freitag, 29. März 2024
Home > Themen > Laubentsorgung: die Kehrseite des Grüns

Laubentsorgung: die Kehrseite des Grüns

Laubbeseitigung in Gruppenarbeit - Foto: BSR

Berlin ist eine der „grünsten“ Hauptstädte Europas – und auch Pankow zählt zu den grünen Bezirken. Die vielen Bäume und Sträucher und vor allem Straßenbäume sorgen von Frühjahr bis Herbst für Lebensqualität und ein urbanes Lebensgefühl. Doch im Herbst zeigt sich die „Kehrseite“ des Grüns: mit sinkenden Temperaturen werfen die Bäume ihre Blätter ab.

Laubbeseitigung in Gruppenarbeit - Foto: BSR
Laubbeseitigung in Gruppenarbeit - Foto: BSR

In ganz Berlin müssen rund 95.000 Kubikmeter Laub innerhalb weniger Tage von der Berliner Stadtreinigung (BSR) umgehend eingesammelt, und abtransportiert werden.

Das entspricht der Ladung von rund 1.900 Güterwaggons – die auf öffentlichen Straßenland anfallen.

Das Laub von Parkanlagen und Privatgrundstücken gehört nicht dazu – außer es fällt auf Straßenland, oder wird von dreisten Grundstücksbesitzern einfach auf das Straßenland ausgekehrt.
Doch Vorsicht: das ist eine teure Ordnungswidrigkeit! Der Gesetzgeber sieht für diese illegale Weise der „Laubentsorgung“ auf dem Gehweg hohe Geldbußen vor.

Die Laubmengen von Parkanlagen und Privatgrundstücken sind sogar ein Vielfaches der Menge, und werden von Gärtnern, Hilfskräften und den vielen GartenfreundInnen eingesammelt. Im Wald in manchen Grünanlagen bleibt das Laub einfach liegen.

Doch das Liegenlassen kann schnell zur teuren Angelegenheit werden: klebt das Laub auf Wegen und auf Pflaster fest, wird durch Regen nass, dann entsteht eine hohe Rutsch- und Unfallgefahr. Zudem: Wasser läuft nicht ab, staut sich, und Radfahrer sinken dann in die offenen Wegebeläge ein.

Auf den wasserdurchlässigen Wegen in Parks weicht das Laub auch in den Wegebelag ein, und wenn es dann später entfernt wird, wird die Wegedecke aus Schlacke/Lehm-gemisch, Tennenbelag oder Promenadengrant jedes Jahr ein Stückch dünner. Bis irgenwann die Schottertragschicht sichtbar wird, und Radfahrer und Fußgänger verärgert.
Eine weitere „Kehrseite“ der Laubentsorgung: Mangelnde Grünflächenpflege und nachlässige Laubentsorgung zerstören deshalb so manchen neu angelegten Weg in Parks und Grünanlagen.

Wohin mit dem Laub, den Laubresten und dem Kehrricht?

Die BSR praktiziert seit 1999 berlinweit eine organisierte Gruppenarbeit, die sich als optimale und flexible Arbeitsorganisation erwiesen hat. Da das Laub je nach Baumart zu anderen Zeitpunkten fällt, müssen die besonders betroffenen Gebiete jederzeit im Blick zu behalten und sehr flexibel auf den konkreten Reinigungsbedarf reagiert werden. Das „bunte Treiben“ des Herbstes wird mit erheblichen Aufwand an Personal und Maschinen bewältigt.
Inzwischen ist der gröbste Teil geschafft, die Laub-Saison ist Mitte November fast zu Ende. Innerhalb weniger Wochen wurde das Laub auf den Gehwegen und Straßen entsorgt, um die Unfall- und Rutschgefahr für alle Verkehrsteilnehmer zu minimieren. Moderne und schadstoffarme Kehrmaschinen, Laubsauger und Transport-Lkw mit Greifarm waren dazu im Einsatz.

Laub, Laubresten und Kehrricht werden zu mehreren Kompostplätzen gefahren und dort ganz traditionell zusammen mit Baum- und Strauchschnitt kompostiert. Es ist der beste Weg zur stofflichen Nutzung: am Ende kommt Humus und Bodenmaterial für den Landschaftsbau heraus, der wieder gärtnerisch verwendet werden kann.

Laubentsorgung aus Privatgärten

Für Gartenbesitzer und Kleingärtner mit kleinen Mengen gibt es das System der „Laubsäcke“, die an zentralen Verkaufsstellen verkauft werden, und über den Verkaufspreis die Gebührenumlage finanzieren.
Die BSR Laubsäcke können für die Entsorgung von Laub, Strauch- und Grünschnitt für 4 € pro Stück erworben und genutzt werden.

In Pankow können die Laubsäcke bei den Recyclinghöfen in der Asgardstrassse in Französisch-Buchholz und in der Behmstrasse in Prenzlauer Berg erworben werden.
Bei einer Füllmenge von 90 l,passen max. 25 kg Gewicht hinein. Die gefüllten Laubsäcke werden mit einer mitgelieferten Drahtschlinge verschlossen und können einfach an den Straßenrand gestellt werden. Die BSR holt die Säcke ab. Die Abholung ist im Kaufpreis inbegriffen.
Damit zum Laden ein schwenkbarer Ladekran eingesetzt werden kann, bittet die BSR darum, die Laubsäcke nicht
an Laternen oder Bäume anlehnen.
Es ist auch möglich, bis zu 5 gefüllte Laubsäcke im Recyclinghof Asgardstrasse selbst abgeben. Dafür gibt es als Anreiz jeweils 1 € zurück erstattet (Achtung: in der Behmstrasse werden keine Laubsäcke angenommen!).

Laubsack - Foto: BSR
Laubsack - Foto: BSR

Laubabfuhr erfordert ganzen Arbeitseinsatz

Hans-Joachim Reck, Hauptgeschäftsführer des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU), lobt den tatkräftigen Einsatz der kommunalen Straßenreiniger: „Für die Mitarbeiter hat die zügige Laubentsorgung vor Frostbeginn allerhöchste Priorität, weshalb sie häufig Überstunden leisten.“ Um den Mitarbeitern Flexibilität in der Arbeitsgestaltung zu gewähren, haben viele Unternehmen ähnlich wie im Winterdienst individuelle Arbeitszeitkonten dafür eingerichtet.

Grundsätzlich sind die Kommunen für die Reinigung sowie die Beseitigung des Laubs auf den öffentlichen Straßen verantwortlich.
Anlieger müssen jedoch dort, wo sie zur Reinigung von Fahrbahnen und Gehwegen vor ihren Grundstücken verpflichtet sind, Verantwortung für die Laubbeseitigung übernehmen. Das ist etwa auf Privatstrassen und Parkplätzen und Freiflächen der Fall, die an öffentliches Straßenland angrenzen und manchmal nur durch eine andere Pflasterung erkennbar sind.

Biotonne als Holsystem

Die Abfuhr kann im Holsystem auch über die Biotonne erfolgen. Doch hier sind die Mengen auf kleine Gärten, Vorgärten oder Hinterhöfe begrenzt. Die BSR verarbeitet den in der Regel sehr stickstoffhaltigen Bioabfall über eine Biogasanlage. Das gewonnene Biogas wird übrigens in einem wachsenden Teil der Müllfahrzeuge für den Antrieb genutzt.

Selbst kompostieren

Laub und Blätter kompostieren sehr langsam. Der Grund ist ein „weites Kohlenstoff-Stickstoff-Verhältnis“ – etwa bei Eichenlaub ein C/N Verhältnis von 60:1. Wird Laub jedoch gemischt mit krautigen Gartenabfällen, Grasschnitt und mit Erde vermischt, dann geht die Kompostierung relativ rasch. Grasschnitt hat ein enges C/N verhältnis von ca. 7:1. Mikroorganismen, Bodenorganismen und zu guter Letzt Regenwürmer benötigen Stickstoff als Nährstoff, natürlich auch Wassser. Ein feuchter, gut gemischter Kompost ist daher eine sehr gute Möglichkeit, die eigene Laubverwertung zur Humusgewinnung zu nutzen.

Wenn es etwas mehr wird

Unternehmen des Garten- und Landschaftsbaus kümmern sich im Rahmen der Grünflächenpflege auf größeren Privatgrundstücken um die Laubentsorgung, und nehmen auch Grünschnitt an. Auch sie fahren Kompostplätze an und verwerten das Material. Hierfür fallen jedoch in der Regel höhere Lohn-, Fuhr- und „Deponiekosten“ an.
Manche „sparsamen“ und „geizigen“ Grundstücksbesitzer versuchen die Kosten zu sparen, und entsorgen ihr Laub und Grünschnitt in öffentliche Grünanlagen, und vermeintlich „wilde Grundstücke“.
Doch sie verlagern die Kosten auf die Allgemeinheit: die BSR sammelt derartige wilde Ablagerungen und legt die Kosten auf die Reinigungsgebühren um. Auf öffentlichen Grünflächen muss in der Regel das Grünflächenamt tätig werden. Mitarbeiter und Kosten fehlen dann an anderer Stelle bei der Grünpflege.
Die Mengen sind immens: in ganz Berlin könnte die BSR eine sieben Kilometer lange Schlange mit Container-Fahrzeugen bilden! Soviel wilde Ablagerungen werden alljährlich entfernt.

Miniermotten-Belämpfung und Kastanienlaub

In Berlin gibt es rund 60.000 weißblühende Rosskastanien. Die Miniermotte setzt diesen Bäumen zu und schwächt die Bäume, die mitten im Sommer ihr Laub verlieren. In diesem Laub befinden sich die Puppen des Insekts, die dort überwintern. Damit sich die Krankheit nicht weiter ausbreitet, wird stadtweit besondern auf Kastanien geachtet.
Um die Motten zu stoppen, gibt es eine einzige sinnvolle Möglichkeit: das Einsammeln des befallenen Laubs und die anschließende sachgerechte Kompostierung in professionellen Anlagen mit Temperaturen von über 55° Celsius. Die Insektenpuppen werden so sicher abgetötet. Nähere Informationen gibt es in Berlin beim Pflanzenschutzamt, das Schwerpunktaktionen vor allem im Sommer und Frühherbst koordiniert.

Weitere Informationen:

Laubsäcke und Recyclinghöfe

Stattliche Sammlung – Gezielter Einsatz in der Herbstsaison
www.bsr.de/assets/downloads/Flyer_Stattliche_Sammlung_Laub.pdf

m/s