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GESOBAU AG übergeben

Mängelliste für die
GESOBAU AG übergeben

Klaus Mindrup - Sandra Scheeres und Christian Gaebler am 19.6.2013

Das Stadtteilgespräch von Schulsenatorin Sandra Scheeres (SPD) in ihrem Wahlkreis Pankow-Süd am 19.Juni 2013 stand ganz im Zeichen der Wohnungspolitik und des Pankower Mieterprotestes gegen die geplanten Modernisierungsgsmaßahmen in Häusern der GESOBAU AG: Auf dem Podium saßen auch Bundestagskandidat Klaus Mindrup (SPD) und Staatssekretär Ephraim Gothe (SPD) aus der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt.

Klaus Mindrup - Sandra Scheeres und Ephraim Gothe am 19.6.2013
Klaus Mindrup, Sandra Scheeres und Ephraim Gothe am 19.6.2013 im Gemeindesaal der Hoffnungskirchengemeinde.

Eingeladen hatte Sandra Scheeres zu ihrem Stadtteilgespräch, um sich selbst ein Bild von dem Pankower Mieterprotest machen. Als Senatsmitglied suchte sie daher in ihrem Wahlkreis direkt Kontakt zum Pankower Mieterprotest.
Klaus Mindrup war als einer der Initiatoren des Mietenbündnis zugegen, und hat setzt sich als BVV-Abgeordneter schwerpunktmäßig mit der Wohnungs- und Mietenpolitik auseinander. Zugleich ist Klaus Mindrup Aufsichtsrat einer Wohnungsgenossenschaft, und hat aus seiner Tätigkeit wichtige Detail- und Expertenkenntnisse, die ihn zu einem wichtigen Experten in Sachen „sozialer Wohnungspolitik“ machen.

Staatsekretär Ephraim Gothe wiederum wollte sich selbst ein Bild machen, und suchte das direkte Gespräch mit den Betroffenen.

Stadtteiltag im Gemeindesaal der Hoffnungskirchengemeinde am 19.06.2013
Stadtteiltag im Gemeindesaal der Hoffnungskirchengemeinde am 19.06.2013 Bildmitte: Klaus Mindrup (SPD), Sandra Scheeres (SPD) und Ephraim Gothe (SPD).

Umfangreiche Mängelliste für die GESOBAU AG

Martin Engelmann, Sprecher der Initiative Pankower Mieterprotest trug eine umfangreiche Mängelliste vor, die auf einer sehr detailgenauen Vorarbeit der Mieterinitiative und einem eigenen Fachgutachten zur energetischen Sanierung stützt. Erstaunlich: der beruflich als Lektor für Literatur und Belletristik arbeitende Martin Engelmann, trug die Kritik mit vielen fachtechnischen Details erstaunlich sachlich und präzise vor.
Die Mängel-Liste wurde an Staatssekretär Gothe übergeben, der diese künftig für weitere Gespräche mit Aufsichtsrat und Geschäftsführung der GESOBAU AG verwenden kann.

Kernpunkt der Aussagen des „Bündnis Pankower Mieterprotest“

Die in den Modernisierungsankündigungen der GESOBAU AG ausgewiesenen Kappungsgrenzen sind für viele Mieter die neue Nettokaltmiete, allenfalls liegen sie knapp darunter.
Nach dieser geplanten Kappungsgrenze ergeben sich nach Berechnungen des Bündnisses „Pankower MieterProtest“ Nettokaltmieten, die 27 % bis 59 % bzw. 1,62 € bis 2,73 € über dem Mittelwert des aktuellen Mietspiegels liegen und damit stark „Mietpreis-treibend“ wirken.

Die Bruttowarmmieten nach Sanierung steigen ebenso, um bis zu 2 €/m². Die tatsächliche Betriebskosteneinsparung ist zu gering, als dass sie die gestiegenen Nettokaltmieten ausgleichen könnte. Bruttowarmmieten von 10 €/m² im Bestand sind praktisch die Folge.

Werden künftig alle Normal- und Geringverdiener zu „Härtefällen“?

Die Modernisierungsankündigungen der GESOBAU AG und die angekündigten neuen Miethöhen schaffen in der Folge jede Menge neue finanzielle Härtefälle oder zwingen zum Auszug aus langjährig bewohnten Mietwohnungen.

Welcher wohnungspolitische Sprengstoff im Thema steckt, verdeutlicht ein Beispiel:

„Hat ein Single, der 39h/Woche zum Mindestlohn arbeitet, eine Wohnung mit 45,00 m², so dürfte die Bruttowarmmiete nicht mehr als 6,97 € pro m² betragen. Höhere Bruttowarmmieten führten zur Überschreitung der Härtefall-Grenze (30 % des Nettoeinkommens). Ist die Wohnung 55,00 m² groß, dürfte die Bruttowarmmiete nicht mehr als 5,71 € pro m² betragen“ – so formulierte es einer der betroffenen Mieter im Bündnis Pankower Mieterprotest.

Für Familien mit Kindern ist die Lage noch dramatischer: fällt ein ein Verdienst aus, geraten Normalverdiener schnell in existenzbedrohende Schieflagen.
Auch ist der Puffer für die Zahlung noch höherer Mieten bei vielen Haushalten längst ausgeschöpft – spätestens bei der nächsten absehbaren Mieterhöhung droht dann die „Verdrängung mit Ansage“ – wenn die vorliegenden Modernisierungsverträge unterschrieben werden.

Klagen über Kommunikationsverhalten der GESOBAU AG

Breiten Raum nahmen auch Klagen der betroffenen Mieter über das Kommunikations-Verhalten ein, das auch als „moderne Gutsherrenmentalität“ kritisiert wurde. Die genannten Details werden nicht öffentlich gemacht, sollen aber in den anstehenden Gesprächen mit der GESOBAU AG hinter verschlossenen Türen behandelt werden.

Wie die Redaktion der Pankower Allgemeinen Zeitung aus Fachkreisen der Senatsverwaltung für Stadtentwickklung und Umwelt erfahren hat, weist die GESOBAU AG unter den sechs landeseigenen Wohnungsgesellschaften die geringste Quote an sozialen Härtefällen in der Mieterschaft aus.
Dies ist ein starkes Indiz dafür, dass die GESOBAU AG schon seit Jahren eine soziale Verdrängungspolitik gegenüber ihren Mietern praktiziert hat.

Senatorin Scheeres reagierte verärgert:
„Warum […] die GESOBAU nur wenige Monate, nachdem sie […] das ‚Bündnis für soziale Wohnungspolitik und bezahlbare Mieten‘ gegründet hat, dessen Zielen entgegentritt, ist mehr als unverständlich“, sagte sie.

Gleichzeitig unterstützte Sandra Scheeres die gemeinsam mit der BVV-Pankow ausgehandelte Linie und fordert, .. „dass die Nettokaltmiete nach den Maßnahmen 5,50 €/qm nicht überschreitet.“

„Die Mieterinnen und Mieter in unserem Bezirk […] können hier auf meine volle Unterstützung zählen. […] Wir können nicht tatenlos dabei zuschauen, wie auch hier sich die Sozialstruktur verändern würde, wenn die GESOBAU mit ihrem Vorhaben Erfolg hätte […] Ich bin, ebenso wie die Pankower SPD und Pankower SPD-Fraktion, ganz klar auf der Seite der Mieterinnen und Mieter.“

Widersprüchliches Bild der GESOBAU AG in der Öffentlichkeit

Die GESOBAU AG wirbt auf ihrer Unternehmenswebseite ausdrücklich mit dem Mietenbündnis vom 4.September 2012:

„Als Mieter profitieren Sie von gedämpften Mietpreissteigerungen der städtischen Wohnungsunternehmen: Maximal 15 Prozent in vier Jahren statt der 20 Prozent in drei Jahren, die bisher möglich waren – aber von der GESOBAU nicht immer voll ausgeschöpft wurden. Von den Modernisierungskosten dürfen nur noch 9, nicht mehr 11 Prozent umgelegt werden – auch dies etwas, das die GESOBAU im Sinne ihrer Mieter bereits häufig berücksichtigte. Deswegen ist die Durchschnitts- miete aller Wohnungen bei der GESOBAU auch unterdurchschnittlich. Sie liegt mit 4,81 €/m² deutlich unter dem Berliner Mietspiegel von 5,21 €/m².“

Die vom „Bündnis Pankower Mieterprotest“ vorgelegten Zahlen „nach Moderniserung“ weisen aber allesamt deutlich höhere Nettokaltmieten aus.

Deshalb entsteht ein eklatanter Widerspruch zu den Aussagen im BÜNDNIS FÜR SOZIALE WOHNUNGSPOLITIK UND BEZAHLBARE MIETEN. Dort heißt es: „Die städtischen Wohnungsunternehmen wirken mit Nettokaltmieten unterhalb des Berliner Mietspiegeldurchschnitts mietpreisdämpfend. Sie gestalten ihre Mieten mit Blick auf die Möglichkeiten der Bewohnerinnen und Bewohner sowie auf die Bedürfnisse der Quartiere.“
„Die städtischen Wohnungsbaugesellschaften achten darauf, insbesondere für die Berliner und Berlinerinnen, die am wirtschaftlichen Aufschwung nicht teilhaben können oder sogar von Obdachlosigkeit bedroht sind, bezahlbaren Wohnraum bereitzustellen.“

„Mietpreisdämpfend“ – dies wäre allerdings nur der Fall, wenn man auch Mieten unterhalb des Mietspiegel-Mittelwertes anbieten würde. Folgt man lediglich dem Mietspiegel, so setzt man auch keine „Mietpreis-dämpfenden Signale“.

Klaus Mindrup signalisierte den Vertretern des Pankower Mietrprotest seine weitere Unterstützung, riet aber dazu, erst einmal auf die weiteren Verhandlungen zu bauen, die nun bevorstehen und auch weitere Nachfragen an Vorstand und Geschäftsführung der GESOBAU AG zum Inhalt haben.

Es geht auch preiswerter

Dass es auch anders geht, zeigen Vergleichswohnungen in der Nähe der Wohnanlage Trelleborger Strasse/Hallandstrasse, die auch imn saniertem Zustand Mieten nahe des Mietspiegel-Mittelwertes haben.

So sind die fast baugleichen Wohnungen der BVV – Beamten-Wohnungsverein e.G in der Trelleborger Strasse nahe des Mietspiegel-Mitelwertes zu haben.

Da es sich hier um eine eingetragene Genossenschaft handelt, scheint diese etwas wirtschaftlicher und etwas sozialer als die landeseigene GESOBAU AG zu wirtschaften. m/s

Themenvorschau:

GESOBAU AG wird massiv kritisiert

„Die GESOBAU AG agiert wie ein Miethai“ – „15% Rendite! – das waren nur zwei pointierte Aussagen auf der wohnungspolitischen Fachtagung der SPD am 20.6.2013 im Rathaus Pankow, zu der noch ein Bericht in der Pankower Allgemeinen Zeitung folgt.

m/s