Dienstag, 16. April 2024
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Onlinehandel bedroht zehntausende Einzelhändler

Einzelhandel unter Druck

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund warnt vor einer Verödung der Innenstädte. Durch den Boom des Online-Handels seien bis zu 50 000 Läden in den städtischen Zentren in Gefahr, sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbandes, Gerd Landsberg, gegenüber den Dortmunder «Ruhr Nachrichten». Auch Kommunen und Einzelhandel schlagen Alarm: Der Siegeszug des Online-Handels gefährdet immer mehr stationäre Händler. Helfen sollen flexiblere Öffnungszeiten und die Möglichkeit zum «Erlebniseinkauf»

Einzelhandel unter Druck
Einzelhandel unter Druck – Onlinehandel immer stärker im Wettbewerb

Landsberg warnt: «Leere Schaufenster in unseren Innenstädten führen zu einer Abwärtsspirale, die Zentren verlieren an Attraktivität».

Die Kommunalorganisation steht mit ihrer Warnung nicht allein. Auch der Handelsverband Deutschland (HDE) und das Kölner Handelsforschungsinstitut IFH schlagen Alarm. HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth sagte im Gespräch mit der Zeitung: «Vor allem kleine und mittelständische Händler geraten immer mehr unter Druck. Bis 2020 könnten in der Folge des Strukturwandels bis zu 50 000 Standorte vom Markt verschwinden.»

Das IFH kam in einer bereits im August veröffentlichten Studie zu dem Ergebnis, dass fast jedem zehnten stationären Laden bis 2020 das Aus drohe. Dies entspräche rund 45 000 Geschäften. Besonders gefährdet seien Händler in Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen. Denn in diesen Regionen würden die Auswirkungen des Online-Booms noch durch den Bevölkerungsrückgang zusätzlich verstärkt.

Ist Gegensteuern noch möglich?

Um gegenzusteuern, sollten die Länder den Kommunen bei den Ladenöffnungszeiten einen größeren Entscheidungsspielraum einräumen, forderte Landsberg. Der Einkauf in der Innenstadt müsse zum «Erlebniseinkauf», der Besuch der Citys durch Angebote wie Kinderbetreuung, Kommunikationsmöglichkeiten und originelle Verkaufaktionen attraktiver gestaltet werden.

Doch der stationären Handel hat auch Chancen, denn noch immer legt jeder zweite Verbraucher Wert darauf, Waren vor dem Kauf anzuprobieren oder zu testen.
Nach einer Studie der Posche Consulting legen auch rund 85 Prozent der Deutschen Wert auf persönliche Beratung, wenn sie größere Anschaffungen wie Möbel, Computer oder Elektrogeräte oberhalb von 500 Euro planen. Acht von zehn Kunden seien dafür auch bereit, etwas mehr Geld zu zahlen.

Der HDE fordert angesichts der aktuellen Herausforderungen ebenfalls flexiblere Öffnungszeiten im stationären Handel. Online-Shops seien schließlich 24 Stunden lang an sieben Tage die Woche geöffnet.

Auch der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland, Stefan Genth, warnte vor einer weiter zurückgehenden Nachfrage in den Innenstädten: „Vor allem kleine und mittelständische Händler geraten immer mehr unter Druck. Bis 2020 könnten in der Folge des Strukturwandels bis zu 50.000 Standorte vom Markt verschwinden“, sagte Genth der Zeitung. Er forderte ebenfalls flexiblere Ladenöffnungszeiten. Der Onlinehandel sei rund um die Uhr geöffnet.

Starkes Wachstum des Onlinehandel

Der Handelsverband Deutschland (HDE) erwartete einen Umsatz von 86,7 Milliarden Euro im diesjährigen Weihnachtsgeschäft. Im Vorjahresvergleich entspricht das einem nominalen Umsatzplus von zwei Prozent. Der Onlinehandel wird zu diesem Umsatz einen Anteil von rund 11 Milliarden Euro beitragen.

Der stationäre Handel erzielt knapp 19 Prozent, der E-Commerce gut 25 Prozent seines Jahresumsatzes in November und Dezember.

Nach Angaben des HDE vom 24. September 2015 wurde für das Gesamtjahr ein Umsatzwachstum im deutschen Einzelhandel von zwei Prozent erwartet. Damit werden nach HDE-Einschätzung die Einzelhandelsumsätze in diesem Jahr bei 469 Milliarden Euro liegen. Allein im Onlinehandel werden dabei 41,7 Milliarden Euro umgesetzt. Das entspricht im Vorjahresvergleich einem Plus von zwölf Prozent.

Online-Handel wird 2016 in Berlin offensiv

Der Online-Handel setzt inzwischen auf perfekte Liefer-Logistik. Das Zauberwort: „Same Day Delivery – die Auslieferung am gleichen Tag sorgt für eine massive Konkurrenz, weil der Liefervorteil des Einzelhandels schrumpft. Neue Logistikangebote drängen auf den Markt. Amazon hat ein neues Logistikzentrum westlich von Berlin in Betrieb, und setzt zunehmend auf den schnelle Belieferung.

E-Commerce und Same Day Delivery sorgen für ein disruptives Wettbewerbsmodell, das den großen Anbietern starke Wettbewerbsvorteile verschafft. Ob Einzelhändler mit längeren Öffnungszeiten gegenhalten können, ist fraglich – denn die Big-Player haben auch bei den Einkaufskonditionen- und Logistikkosten viel geringere Kosten.

Die Thema Einzelhandel 4.0, Digitalisierung und „Business Improvement“ werden deshalb in Berlin im kommenden Jahr zu wichtigen wirtschaftspolitischen Themen.

Weitere Informationen:

www.dstgb.de

www.einzelhandel.de

m/s