Dienstag, 16. April 2024
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Wer ein Haus kauft, ist der Dumme

Berlin zieht Schwarzgeld an!

Der deutsche Immobilienmarkt ist in Unordnung, dramatische Schieflagen zwischen Stadt und ländlichen Raum sind die Folge – und dramatische Ungerechtigkeiten für Käufer und Mieter, und den Steuerzahler. Die clevere Nutzung von Gesetzeslücken sorgt inzwischen dafür, das Deutschland zur Drehscheibe für anonyme Kapitalanlagen (auch Schwarzgelder) wird.

Berlin zieht Schwarzgeld an!
Berlin zieht Schwarzgeld an! Share Deals helfen zu Grunderwerbssteuer zu sparen. Kapital kann als Firmenanteil geparkt werden

Die Konstruktion der sogenannten „Share Deals“ verspricht gewaltige Steuervorteile – schon beim Kauf: die sonst fällige Grunderwerbssteuer wird vermieden.

Die Online-Ausgabe der ZEIT hat die Konstruktion beschrieben:

„Die Immobilie wird nicht direkt verkauft, sondern in eine Gesellschaft eingebracht, eine GmbH & Co. KG zum Beispiel. Dann erwirbt der Käufer die Mehrheit der Anteile an dieser Gesellschaft, in der Regel 94,9 Prozent. Damit ist er de facto Eigentümer der Immobilie. Die 94,9 Prozent sind wichtig, denn solange weniger als 95 Prozent der Anteile gekauft werden, muss der Käufer keine Grunderwerbsteuer zahlen. Die restlichen Anteile behält oft der Voreigentümer.“

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Der Beitrag zeigt eine Praxis auf, die Kapitalanlegern uneinholbare Wettbewerbsvorteile beim Immobilienkauf einräumt:

Immobilien
Wer ein Haus kauft, ist der Dumme
Wie es kommt, dass bei Immobiliendeals nicht jeder Grunderwerbsteuer zahlen muss
ZEIT| 20.8.2015 | Felix Rohrbeck

Im Steuersystem baut sich damit eine System-Ungerechtigkeit auf, der Einzelpersonen, Alleinunternehmer und Alleininvestoren in ungeheurer Weise benachteiligt. Zudem ist hier ein Einfallstor für die Legalisierung von Schwarzgeld, das die Städte von Innen her zerfrisst, und inländischer Kontrolle und Besteuerung entzieht.

Das Kapital wird einfach in Firmenanteile umgewandelt und damit gewaschen. Die komplizierten Firmengründungen, Verträge und Gewinnabführungsverträge beschäftigen inzwischen viele Rechtsanwälte und Notare in Berlin.

Systemversagen des Staates vorprogrammiert

Das Systemversagen des Staates ist quasi vorprogrammiert, denn das fehlende Geld aus der Grunderwerbssteuer fehlt den Kommunen nicht nur bei der Finanzierung aller wichtigen Aufgaben. Die robusten Mietsteigerungen im Wohnungsmarkt sorgen auch für steigende Sozialkosten, Wohngelder und notwendigen Bedarf an Mietsubventionen im Wohnungsbau.

Ein Kreislauf entsteht, den weder der Staat, noch die Mieter – noch die Steuerzahler gewinnen können. Der Wohlstand in Deutschland wird schlichweg per Steuerausnahmeregeln verspielt, verschenkt!

Die Marktwirtschaft hat ein Anreizsystem zur Legalisierung Schwarz- und Fluchtgelden geschaffen.

Die Gesetzeslücke erlaubt auch, dass große Kapitalanlegergruppen Einfluss auf kommunale Politik ausüben können, denn von der ersparten Grunderwerbssteuer können ganze Anzeigenkampagnen, Lobby-Gruppen, Kongresse und Feiern finanziert werden. Übrigens steuerabsetzbar als Betriebsausgabe.

Besorgniserregend: Nach Recherchen von Aengevelt Immobilien betrug der Anteil der Share Deals demnach im vergangenen Jahr in Berlin 17 Prozent des gesamten Transaktionsvolumens, in Frankfurt waren es 26 Prozent.

m/s