Freitag, 19. April 2024
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Werkschau in den KunstEtagenPankow

KunstEtagenPankow

Am kommenden Wochenende öffnen sich die KunstEtagenPankow für das Publikum. Eine Werkschau mit aktuellen Arbeiten und die Tage des Offenen Ateliers geben einen Einblick in die Aktivitäten der jungen Kunstszene in Alt-Pankow. Am 11. und 12. Oktober können die Räume in der Pestalozzistraße 5-8 besichtigt – und ein hörens- und sehenswertes Programm erlebt werden.

KunstEtagenPankow
KunstEtagenPankow in der Pestalozzistraße 5-8 in Pankow

Eine historische Adresse – heute Büro- und Atelierhaus

Pestalozzistraße 5-8, eine Adresse, um die sich viele Geschichten und politische Skandalgeschichten ranken. Es ist ein ehemaliges Verwaltungsgebäude der Staatsicherheit und einstmal Sitz der staatlichen Devisenbeschafferfirma INTRAC Handelsgesellschaft mbH (Intrac HGmbH) – ein kurioser Betonbau, nahezu naturbelassen mit einer unschönen Vergangenheit.

Die Intrac HGmbH war die wichtigste und mit über 700 Mitarbeitern 1989 auch die größte Firma des Bereichs Kommerzielle Koordinierung (KoKo). Sie wurde am 29. Dezember 1964 gegründet und war in der KoKo-Zentrale der HA II zugeordnet. Ihr Stammkapital betrug zuletzt 102 Millionen Mark.

Die Kommerzielle Koordinierung (KoKo) wurde von Alexander Schalck-Golodkowski maßgeblich mit aufgebaut. Er leitete diesen Bereich von 1966 bis zur Wende. Als stellvertretender Minister, Staatssekretär, ZK-Mitglied und Leiter der KoKo war Schalck-Golodkowski einer der wichtigsten Männer der DDR-Wirtschaft und Angehöriger der Nomenklatura.

Flur im INTRAC Verwaltungsgebäude Pestalozzistr. 5-8
Flur im INTRAC Verwaltungsgebäude Pestalozzistr. 5-8 – Foto: Klaus Madengruber

Schalck-Golodkowski war einer der Autoren der „Analyse der ökonomischen Lage der DDR mit Schlußfolgerungen“ zusammen mit Gerhard Schürer, Gerhard Beil, Ernst Höfner und Arno Donda, als Vorlage für das Politbüro der SED am 30. Oktober 1989. In diesem auch als „Schürer-Papier“ bekannt gewordenen Geheimbericht wurde die Überschuldung und wirtschaftliche Zerrüttung der DDR erstmals deutlich benannt.

Im Zuge des Zusammenbruchs der DDR wurde Schalck-Golodkowski wegen Pressemeldungen über kriminelle Machenschaften von KoKo-Firmen auf der letzten Sitzung des ZK der SED am 3. Dezember 1989 aus dem ZK und der SED ausgeschlossen. Er flüchtete daraufhin panisch am 4. Dezember mit seiner Frau Sigrid nach West-Berlin, wo er sich den westdeutschen Behörden stellte und für circa sechs Wochen in Untersuchungshaft blieb. Er gab an, dass er eine Abstempelung als Buhmann und Beseitigung durch seine ehemaligen Genossen fürchte. Ein Auslieferungsantrag der DDR-Generalstaatsanwaltschaft wurde abgelehnt. Im Januar 1990 zog das Ehepaar Schalck-Golodkowski nach Rottach-Egern am Tegernsee.

Unsichere Perspektiven für die KunstEtagenPankow

Heute wirkt das betongraue Gebäude wie ein vergessener Fremdkörper im bürgerlichen Pankow! Eine Zeitreise in ein düsteres Kapitel der DDR-Vergangenheit ist hier noch möglich. Denn wo früher mit Mauern, Stacheldraht, Signaldrähten und modernster Kameraüberwachung kein Normalsterblicher Einlass erhielt, kann man heute auf altem DDR-Linoleum herumspazieren und sich auf Spurensuche der Vergangenheit begeben. Selbst der Geruch von Wofasept ist noch immer wahrnehmbar.
Die Parkplätze der ehemaligen Stasi-Fahrbereitsschaft sind noch kenntlich, die Garagen werden heute von Kraftfahrzeugwerkstätten und Oldtimerfans und Motorrad-Fans genutzt.

Treppenflur im INTRAC Verwaltungsgebäude Pestalozzistr. 5-8
Treppenflur im INTRAC Verwaltungsgebäude Pestalozzistr. 5-8 – Foto: Klaus Madengruber

Christian Badel sitzt hier mit seinem Kikifax-Büro für Kindermedien. Er macht sich sorgen um die Zukunft: „Was einmal aus diesem bunkerartigen Gebäude werden wird, kann man sich denken. Seine Tage sind gezählt, denn es befindet sich in zentraler Bestlage im aufstrebenden Pankow… .“.
Der Fotograf Klaus Madengruber hat hier ebenfall sein Atelier. Er hat die Räume und viele architektonische Details des gebäudes fotografiert – und versucht dessen Ästhetik für die Nachwelt zu vermitteln.

Werkschau in den KunstEtagenPankow
Programm zum Offenen Atelier am 11.Oktober 2014

16-22 Uhr Offene Ateliers und Werkschau
16.30 Uhr Eröffnungsveranstaltung
17 Uhr Führung durch die Ateliers mit Ingeborg Koch-Haag
19.30 Uhr Modenschau MOA mit Ayekoo

Programm zum Offenen Atelier am 12.Oktober 2014
13-18 Uhr Offene Ateliers und Werkschau
13-18 Uhr Ayekoo e.V. präsentiert seine Bühnenarbeit (Hinweise dazu vor Ort beachten)
14.30-16 Uhr Performance Art-Run Pankow, run&sketch, Christian Badel
16 Uhr Führung durch die Ateliers mit Ingeborg Koch-Haag

Teilnehmende Künstler der KEP: Monika Alschweig | Christian Badel | Marion Berg pedda Borowski | Na Nandhorn Boonruang | Ingvo Clauder | Claudia Ellenberg Esther Glück | Renée Hendrix | Juliana Hellmundt | Robert Hogervorst | Rüdiger Koch | Uschi Krempel | Krisha Leikauf | Henriette Müller | Gerd Sadzinski | Paola Telesca | Beate Tischer | Paul Willems | Thomas Wolf

Gäste: Erdmute Blach(D) | Marc Haselbach(D) | Torben Olesen(DK) | Zuzanna Skiba(D)

Ayecoo e. V.-Projekt für migrantische Künstler/Innen It´s Possible Antoni Garcia (PHL) Soledad Dominguez (URU) | Sandra Rosas (MEX) | Bianca Monroy (MEX) | Guiselly Espinosa (COL) | Elena Carvajal (ESP) | Anahita Izadi (IRN) | Gabriele Di Stafano (ITA) | Agustin Fridländer (ARG) | Jorge Cortes (CHI) | Janna Kemperman (IRL) Válery Valere (FRA) | Ronan Favereau (FRA) | Andrea Förster (CG) | Carol Estrella Acevedo Cordoba (COL) | Maud Laurent (FRA) | Helmi Heerkens (NED) | Aminta Seck (SEN) | Andrea Cataudella (ITA)

www.kunst-etagen-pankow.com

Atelierhaus KunstEtagenPankow | Pestalozzistr. 5-8 Seitenflügel | 13187 Berlin-Pankow |

m/s