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Neue Bäderpläne für Pankow?

Schwimmhalle Thomas-Mann-Straße

Es war eine unscheinbare Presseeinladung mit der Überschrift „Bilanz und Ausblick: Fünf Jahre Bädersanierung in Berlin“ – doch am Mittwoch dem 7. August 2013 platzte eine politische Bombe, die Berlins Bäderplanung durcheinanderwirbelt. Mitten im Wahlkampf werden nun alle Sportpolitiker, die Schwimmsportszene und das Publikum der Berliner Schwimm- und Freizeitbäder aufgeschreckt. Auch Pankow ist betroffen – weil der neue Bäderchef modernere Pläne entwickelt, als bisher geplant.


Schwimmhalle Thomas-Mann-Straße
Foto: Schwimmhalle in der Thomas-Mann-Strasse - mitten in der Sanierung kommt das Aus?

Zur gemeinsamen Bädertour mit dem Bus luden Sportstaatssekretär Andreas Statzkowski und CDU-Fraktionschef Florian Graf, gemeinsam mit den neuen Vorständen der Berliner Bäderbetriebe, Ole Bested Hensing und Annette Siering. Beide hatten erst im Mai 2013 ihre Ämter eingetreten, und hatten fleissig neue Bäderpläne ausgearbeitet, die die Bäderbetriebe in die Zukunft führen sollen.

Brisanz auf den zweiten Blick

„Seit über fünf Jahren werden die Berliner Bäder mit Mitteln aus verschiedenen Fördertöpfen saniert. Ende des Jahres laufen die ersten Förderprogramme aus. Was wurde erreicht? Welche Aufgaben sind noch zu stemmen? Wie könnte ein Sanierungsszenario für die nächsten Jahre aussehen?“ – dies war die Fragestellung, die sich insbesondere für Pankow auswirken wird.

Die beidne Vorstände der Bäderbetriebe stellten die Ergebnisse und Herausforderungen ihrer neuen Bäderplanungen vor.
Die Busrundfahrt ging zur Schwimmhalle Fischerinsel in Berlin Mitte und zur Schwimmhalle an der Thomas-Mann-Straße in Prenzlauer Berg – sowie zur Schwimm- und Sprunghalle im Europasportpark an der Landsberger Allee.

Der neue Vorstand der Berliner Bäderbetriebe

Erst am 1. Mai 2013 übernahmen der aus Dänemark stammende Manager Bested Hensing und Annette Siering das Steuer bei den Berliner Bäder-Betrieben (BBB). Der Aufsichtsrat hatte beide nach einem Auswahlverfahren Ende Januar auf diese Position berufen. Sie sind zugleich auch Geschäftsführer der BBB Infrastruktur GmbH & Co. KG, der Eigentümergesellschaft der landeseigenen Bäder.

Beide sind erklärtermaßen angetreten, die Berliner Bäder attraktiver zu machen. „Wir wollen durch zusätzliche Angebote mehr Umsatz erwirtschaften“, so sagte Bested Hensing bei seiner Amtseinführung, „und so dazu beitragen, dass die Berlinerinnen und Berliner auch langfristig eine gute Versorgung mit öffentlichen Bädern erwarten können.“

Ole Bested Hensing und Annette Siering  - Foto: Berliner Bäderbetriebe
Ole Bested Hensing und Annette Siering - Foto: Berliner Bäderbetriebe

Ole Bested Hensing hatte das TROPICAL ISLAND-Projekt aus der Krise zum Erfolg geführt – und räumt nun mit einer modernen betriebswirtschaftlichen Denkweise und innovativem Ideen in den Bäderbetrieben auf, die sich vom „Fliesen-Image“ lösen sollen.

Annette Siering Siemens schloss eine Ausbildung zur Industriekauffrau bei SIEMENS ab, und machte ihr Diplom in Betriebswirtschaft an der TU-Berlin. Nach einem Auslandsaufenthalt in USA kam sie als „Management Master“ zurück und arbeitete danach bei SIEMENS, der Treuhand-Liegenschaftsgesellschaft (TLG) und trat 1998 bei der der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft „STADT UND LAND“ ein.
Dort übernahm sie zunächst das Controlling, später die Position der kaufmännischen Prokuristin sowie die Geschäftsführung der STADT UND LAND Facility Management GmbH. Mitte 2012 bewarb sie sich für die Position in den Bäderbetrieben und setzte sich durch.

„Wir wollen die Wünsche der Kundinnen und Kunden erfüllen, und gleichzeitig dafür sorgen, dass wieder mehr Menschen den Weg in die Bäder finden,“ sagte Annette Sierimg im Mai.

Um dieses Ziel zu erreichen, werben die beiden für eine Kurskorrektur in der Bäderpolitik. Nicht mehr nur die Erhaltung des aktuellen Zustands, sondern eine Umgestaltung einzelner Bäder sollen in den Blick rücken.

Ole Bested Hensing und Annette Siering scheinen sich gut zu verstehen – so einen smarten Start hat schon lange kein Vorstand eines landeseigenen Betriebes hingelegt – wie sich am Ende der Bustour noch herausstellen sollte.

Übrigens: nach BVG, BSR und Howoge ist nun auch bei den Bäderbetrieben eine Frau verantwortlich im Vorstand.

Berliner Strukturprobleme

„Berlin hat den absolut unattraktivsten Bäderbetrieb Europas“, sagt der neue Bäderchef selbst – setzt daher mit seinen Ideen bei den Strukturproblemen an. Problem Nr. 1: Die Berliner gehen nicht mehr gern baden. Seit dem Jahr 2000 ist die Besucherzahl um 42 Prozent gesunken, und ging von 10,8 auf 6,2 Millionen im Jahr zurück.
Im Durchschnitt besucht jeder Berliner 1,7 Mal im Jahr ein Bad der Bäderbetriebe. Der Bundesdurchschnitt liegt jedoch bei 2,8 Bad-Besuchen pro Jahr. Damit wird bisher ein großes Potential verschenkt – das viele öffentlichen Zuschüssen verschenkt.

Im Haushalt stellt sich das Problem so dar:

Die Bäderbetriebe bekommen jährlich einen Zuschuss von 50 Millionen Euro, von dem rund 45 Millionen Euro wieder durch den laufenden Betrieb aufgezehrt werden.
Der von Bested Hensing ermittelten Sanierungsbedarf von insgesamt 320 Millionen Euro ist damit nicht zu decken. Bildlich: es würde derzeit rund 64 Jahre dauern, die Bäder zu sanieren. Wahrscheinlich würden sogar noch weitere Bäder schlicht verfallen – wenn der Kurs nicht grundlegend verändert wird.
Zudem kommt ein bautechnisches Problem dazu: Bauen im Bestand ist teuer! Gemessen an aktuellen technischen Anforderungen kostet die Sanierung einer alten Halle heute fast so viel wie ein Neubau.
Für die Besucher bleibt aber hinterher auch nicht mehr, als ein „Schwimmbecken mit angeschlossenem Nichtschwimmerbereich“ – und dies ist nach Ansicht des Bäderchefs zu wenig – und nicht mehr zeitgemäß.

Bäderbetriebe vor neuen Herausforderungen: der Plan

Viele Berliner Bäder sind starkt sanierungsbedürftig – noch ist nicht klar, welche geschlossen werden sollen. Auf der Streichliste stehen 14 Standorte, darunter Hallen und Sommerbäder – und vor allem kleine Bäder.

Fünf zentral gelegene Sommerbäder sollen nach den neuen Plänen des Bäderchefs zu wintertauglichen Freizeitbädern mit speziellen Attraktionen wie Rutsche oder Tauchturm ausgebaut werden.

Von der NeuorAientierung könnte direkt lt-Pankow profitieren, dessen seit Jahren neben dem Freibad Pankow leerstehende Schwimmhalle im Zuge der neuen Pläne gänzlich abgerissen, und durch einen attraktiven Neubau ersetzt werden kann. Es ist sogar schon eine Investitionssumme um Gespräch: ein neues Freizeitbad würde zwischen 18 und 37 Millionen Euro kosten.

Schwimmhalle Pankow
Schwimmhalle Pankow - Totalabriss und attraktiver Neubau?

Welche Bäder geschlossen werden sollen, will der neue Bäderchef am 6. September 2013 dem Aufsichtsrat der Bäderbetriebe vorstellen.

Schwimmhalle Thomas-Mann-Straße vor dem Aus?

Erst am 1. August 2012 wurden die Schwimmfreunde in Prenzlauer Berg von der Sanierungsankündigung überrascht – nun könnte es ganz anders kommen. Die Halle ist wegen der bereits begonnenen Sanierung geschlossen, inzwischen ist auch die alte Technik ausgebaut und die Inneneinrichtung bereits herausgerissen.
Doch es geht nicht mehr weiter, weil den Bäderbetrieben das Geld praktisch ausgegangen ist.

Der DDR-Bau ist zwischen der umliegenden Wohnbebauung eingezwängt und kann praktisch nicht weiterentwickelt werden. Der neue Bäderchef möchte die Halle daher gern abreißen, und die Fläche für den Wohnungsbau veräußern.

Der sportpolitischer Sprecher der CDU, Peter Trapp sagte auch gleich: „Das wird Ärger geben“ – doch könnte es auch heilsamer Ärger werden, denn der neue Bäderchef hat sich mit Expertisen von mehreren Beratungsunternehmen abgesichert – und hat sein gesamtes Team für das Reformkonzept gewonnen.
Sport-Staatssekretär Andreas Statzkowski (CDU) sieht auch politischen Sprengstoff: „Das kollidiert mit den Vorstellungen der Vergangenheit“. Der 2001 geschlossene Bäder-Kompromiß, ein Viertel aller Bäder zu schließen, wird nun neu verhandelt werden.

Im Berliner Landessportbund und im Berliner Schwimmverband ist man zumindest diskussionsbereit. LSB-Sprecher Dietmar Bothe sieht vor allem „Wasserfläche und Nutzungszeiten“ als Maßstab an. Über eine Verlagerung und Zusammenlegung von Bäder-Standorten muß verhandelt werden. Der Schwimmsport könnte zudem attraktiver werden.

Bäderplanung wird Wahlkampfthema

Der neue Bäderchef hat nun der Berliner Politik mitten Im Wahlkampf eine „dicke Projektmappe“ auf den Tisch gelegt. Das Konzept wird nun innerhalb der Haushaltsberatungen für 2014/15 eine wichtige Rolle spielen.

Doch die Politik ist aufgrund des Kurswechsels in Pankow im Wort – und muß nun einen Ausweg aus dem neuen Dilemma finden.

Insbesondere in Prenzlauer Berg wird man nun nach neuen Lösungen suchen müssen. Die Neuordnung der Bäderlandschaft könnte aber auch zur Chance werden: Im Thälmannpark steht auch eine Schwimmhalle, und Erweiterungsflächen gibt es gleich nebenan!

Der neue Bädervorstand hat nach kaum drei Monaten Amtsziet urplötzlich viel Bewegung in die Bäderlandschaft gebracht! m/s

m/s