Dienstag, 23. April 2024
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Klatsche vom Städtenetzwerk

World Eco Mobility Festival in Suwon 2013-2

Das Generalsekretariat des weltweiten Städtenetzwerk ICLEI hat dem Pankower Bezirksamt geschrieben, und die Gründe für die Absage des Eco Mobility Festivals mitgeteilt. Der Brief der stellvertretende Generalsekretärin und stellvertretenden Geschäftsführerin des ICLEI e.V. Monika Zimmermann liest sich wie eine peinliche „Klatsche“ für die Pankower Bezirkspolitiker.

World Eco Mobility Festival in Suwon 2013-2
World Eco Mobility Festival in Suwon 2013 – Foto: ICLEI e.V. Press Release

Das führende weltweite Netzwerk von 12 Megacities, 100 Superstädten und urbanen Regionen, 450 großen Städten und 450 mittleren kleinen Städten hat Pankow praktisch von seiner politischen Landkarte gestrichen.

Zimmermann schreibt in einem distanzierten bis ironischen Ton: „Nun, da es eine Entscheidung der Bezirksverordnetenversammlung vom 3. Juli 2014 gibt, ist es mir ein großes Anliegen, Ihnen die darauf basierenden jüngsten Überlegungen und Entscheidungen ICLEIs mitzuteilen. Wir erkennen Ihre großen Bemühungen an und beobachten gleichzeitig mit Faszination, wie auf Bezirks- und Senatsebene, in den Parteien, Medien und der Öffentlichkeit über ein Festival-Projekt diskutiert wird, das jeder anders auslegt.“

Wie bei einem Schüler, dem noch Mut nach einer sechs auf dem Zeugnis gemacht wird, äußert sich Zimmermann weiter: „Auf jeden Fall wurde eine spannende Debatte angestoßen.“

Konzept „EcoMobility World Festivals“ von ICLEI entwickelt

Die stellvertretende Geschäftsführerin erinnert an die Grundidee des Städtenetzwerks:

„ICLEI hat das Konzept eines EcoMobility World Festivals entwickelt mit dem Ziel, dass besonders vorausblickende und mutige Kommunen und Stadtoberhäupter dabei unterstützt werden, mit den Bewohnern eines Stadtquartiers den Stadtverkehr und das Mobilitätsverhalten der Zukunft experimentell zu erfahren – dies durchaus in der Erwartung, dass die Bürger die Vorteile einer ökomobilen Lebensweise erkennen und danach nicht mehr ohne weiteres zum alten Zustand zurückkehren möchten. Unsere Rolle als weltweiter Kommunalverband ist es, Ideen zu entwickeln, kommunale Kollegen – insbesondere natürlich in Mitgliedskommunen – für Visionen zu begeistern und zu innovativem Handeln zu ermutigen und, deren Interesse vorausgesetzt, die kommunale Politik und Verwaltung bei einer Umsetzung zu unterstützen.

Quasi ins Stammbuch des Bezirksbürgermeisters Mathias Köhne (SPD) geschrieben, äußert sich Zimmermann auch zu den Voraussetzungen:

„Das ehrgeizige Konzept und komplexe Projekt eines EcoMobility World Festivals erfordert konzertierten Führungswillen und Führungsstärke auf Ebene der Gesamtstadt und des Bezirks.“

Kritisch merkte Zimmermann zum BVV-Beschluß an:

„Die Diskussion in Pankow verlief anders als wir alle erwartet hatten und mündete nun in einen Beschluss, der ein gewisses Wohlwollen ausdrückt, die Verantwortung jedoch ganz bei den externen „Organisatoren“ sieht und den Bezirk aus der Veranstalterrolle und aus jeder finanziellen, organisatorischen, personellen und regulierenden Verantwortung nimmt.

Dieser Beschluss spiegelt mit Sicherheit die Haltung der Pankower Verantwortungsträger gut wieder. Er zeigt uns allerdings auch, dass er keine Basis für die Verwirklichung des EcoMobility World Festivals sein kann. Möglich erscheint nur mehr eine kürzere, kleinere und ggf. weniger „radikale“ Veranstaltung.

ICLEI erklärt den Rückzug

„Daher hat ICLEI beschlossen, sich aus der Mitwirkung an den Aktivitäten in Pankow zurück zu ziehen. Damit soll insbesondere auch die Möglichkeit gegeben werden, in Pankow andere, dort machbare Alternativen zu einem EcoMobility World Festival zu entwickeln.“

Auch die lokalen Partner wurden informmiert:

„Wir haben die Partner, team red und The Urban Idea darüber informiert, dass ICLEI
– die Gründung der gemeinnützigen GmbH nicht weiter mit betreibt und kein Gesellschafter sein wird,
– die Nutzung des Begriffes „EcoMobility World Festival“ (und auch ähnliche Begriffe wie etwa „EcoMobility Festival“) und des
entsprechenden Logos und Designs sowie des ICLEI-Logos nicht weiter gestattet,
– dass die Inhalte der deutschen Webseite rasch zu ändern sind (entsprechende Medienberichte haben darauf aufmerksam gemacht,
dass die Webseite den aktuellen Sachstand nicht reflektiert.

Belehrung der Politik über den Umgang mit einer Weltorganisation

Monika Zimmermann schreibt ausführlich über die Gründe der Absage, und will damit wohl auch Schaden vom Städtenetzwerk ICLEI e.V. abwenden:

„Da Sie sicherlich auch von Dritten nach Hintergründen gefragt werden, möchte ich unsere Gründe im Folgenden nochmals kurz zusammenfassen:
1. Die Rolle von ICLEI als Weltorganisation kann nur die Unterstützung aktionswilliger Kommunen umfassen, nicht eine Mobilisierung der Öffentlichkeit für eine Idee ohne oder gar gegen die kommunalen Entscheidungsträger.

2. Die professionelle Unterstützung bei Konzeption, Gesamtplanung, Medienarbeit,internationale Konferenzvorbereitung u.ä. ist unser Mandat und unsere Stärke. Die Mobilisierung vor Ort muss von lokalen Initiativen geleistet werden. Ein „Import“ von außen ist ohnehin nicht gut für eine solche Aktion und kann sie angreifbar machen.

3. Ein EcoMobility World Festival kann nur mit der vollen Überzeugung und Unterstützung der Kommunalpolitik und Verwaltung erfolgreich laufen. Die Kommune selbst muss sich – diesem Konzept nach – als Veranstalter verstehen.

4. Kein solches EcoMobility Festival kann stattfinden ohne eine aktive Führungsrolle und Unterstützung durch die öffentliche Hand, sei es durch Finanzmittel, Personaleinsatz u.a.
An einem Ort, an dem jegliche Kostenübernahme und sogar Einnahmeausfälle per Beschluss ausgeschlossen sind, kann ein EcoMobility Festival nicht stattfinden.

5. Auch mit dem jüngsten Beschluss der BVV sehen wir nicht, dass ein Festival in Berlin im Mai oder Herbst 2015 stattfinden könnte. Zu ungewiss ist insbesondere die Finanzierung.

6. Als gemeinnützige Organisation kann und darf ICLEI keine Geldmittel, schon gar keine Mitgliedseinnahmen, in ein Projekt mit unsicherem Ausgang investieren. Wir haben bisher unsere Gedanken, Zeit, Reisekosten usw. gerne eingebracht; ein Weg in die Zukunft ist die Ungewissheit jedoch nicht.

7. Wir sehen seit längerem mit einer gewissen Sorge, dass in Berlin „EcoMobility“ primär mit „Elektro-Mobilität“ gleichgesetzt wird. Auch wenn diese ein Element von „EcoMobility“ sein kann, etwa bei leichten, kleinen E-Nutzfahrzeugen, soll sie doch die Debatte über den nicht-motorisierten und öffentlichen Verkehr nicht überlagern.“

Eine Ermutigung zum Schluß

Zimmermann bekundet ihr weiteres Interesse, mit „besonders innovativen Kommunen der Welt“ zusammen zu arbeiten, und ermuntert,
interessierte Bürger, Parteien, Organisationen, Medien usw. ausdrücklich, in Pankow auf der Basis des geltenden BVV-Beschlusses weiter zu arbeiten.

Gleichzeitig signalisiert Zimmermann ihre wohlwollende Begleitung für weitere Vorhaben, auch wenn dort etwas andere Prioritäten gelegt werden. m/s

Weitere Informationen:

Brief von ICLEI an Herrn Kirchner am 4.7.2014

m/s

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