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Mietenvolksentscheid gescheitert?

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Die Initiative Mietenvolksentscheid hat plötzlich Kraft verloren, obwohl sie teilweise erfolgreich war. In der taz vom 1. November 2015 wird schon der Abgesang eingeläutet:

Mietenvolksentscheid vor dem Aus | Ein Aufbruch geht zu Ende | 1.11.2015 | taz

Für eine Gesamtanalyse ist es noch zu früh. Die Initiative für soziales Wohnen hat im Prinzip die richtigen Fragen aufgeworfen, sich aber mit einer „etatistischen Orientierung“ quasi selbst beschränkt, weil praktisch nur ein teurer Teilerfolg für Mieter landeseigener Wohnungen und Sozialwohnungen erstritten wurde.

Angesichts einer „rollenden Wohnungs- und Mietenkrise“ ist die Initiative Mietenvolksentscheid einfach zu kurz gesprungen, und hat mit untauglichen Mitteln einen zu „kleinteilgen Reparaturversuch“ unternommen, der ordnungspolitisch und juristisch fragwürdig und nicht klagefest ist.

Der Grundgedanke, Wohnraum wieder unter eine Sozialbindung zu bringen ist richtig!

Doch der Wegfall des „Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes“ im Taumel der Euphorie der deutschen Wiedervereinigung im Jahr 1990 kann nicht einfach mit Mitteln eines Landes Berlin kompensiert werden. Damals hatte Finanzminister Theo Waigel (CSU) das bis dahin geltende Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz einfach ohne große Debatte abgeräumt.
Die SPD war damals noch damit beschäftigt, die Bedenken von Oskar Lafontaine wegen der Kosten der deutschen Einheit politisch zu verarbeiten – und hat nicht aufgepasst!

Heute bekommen Mieter und auch privaten Eigentümer über die immensen Folgewirkungen die Rechnung für die Zerstörung des sozialen Wohnungsbaus monatlich auf den Tisch! Steigende Vermietungsrisiken, Arbeitslosigkeit und Zahlungsausfall sind nicht nur Mieter-Risiken – sondern auch Vermieter- und Investitionsrisiken für seriöse Wohnungsbau-Investoren!

Eine neue Gesamtanalyse ist erforderlich!

Der notwendige Schutz von Sozialmietern in landeseigenen Wohnungen in Berlin ist ein bundespolitischer Sonderfall, der auf die immense Verschuldung des Landes Berlin und seiner landeseigenen Wohnungsgesellschaften zurückzuführen ist.
Die sozialdemokratische Modernisierung und Professionalisierung der landeseigenen Wohnungsgesellschaften hat zu einem Modell geführt, bei dem die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften im Zusammenwirken mit privaten Investoren und großen Anlegerinteressen für eine „profitable Mietsteigerungspolitik“ im Wohnungsmarkt gesorgt haben.

Wohlfahrtseffekte dieser Strategie: es gibt tatsächlich einen Vektor zur Entschuldung des Landes Berlin. Die von führenden Köpfen der Pankower SPD mit vorangetrieben Kommunalisierungsstrategie ist zum Teil erfolgreich.

Doch die Mieten steigen dabei auf ein Nievau, das praktisch zu einer langfristigen Überforderung und Überschuldung der Mieter führt. Das wachsende und ungelöste Problem: Mietkosten in Höhe von 30% der Netto-Arbeitseinkommen sind nicht „rentensicher“!

Insbesondere die sozialdemokratische Kernklientel der Mieter ist von Mietkosten-Überlastung und akuter Wohnungsnot bedroht!

Berlin steuert nun auf eine große „Mietwohnungs-Katastrophe“ zu – zumal der alte Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) und der neue Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) gravierende Strategiefehler in Gang gesetzt haben.

In der Stadt haben wir nun zwei Flüchtlingswellen zu verzeichnen, die beide auf den Wohnungsmarkt drängen:

„Mietkosten-Flüchtlinge“ und „zugewanderte Flüchtlinge“.

Das Modell des „sozialdemokratisch-dirigistischen“ Berliner Spree-Kapitalismus“ im Wohnungsbau steht nun vor einer kaum auflösbaren Krise – und ausgerechnet im Wahljahr 2016 muß ein tragfähiger Ausweg gefunden werden!

Die Initiative Mietenvolksentscheid könnte helfen, wenn es gelingt, eine neue gesamtstädtische Sicht und eine Sicht auf alle Mieter einzunehmen!

m/s