„Der Thälmannpark ist nicht der Privatgarten der Anwohner“ – so formulierte es der ehemalige Stadtrat Dr. Michail Nelken in der letzten Sitzung des Stadtentwicklungsausschuß – und mahnte damit an, dass die weitere Entwicklung des Thälmannparks alle Bürger angeht. Der grüne BVV-Bezirksverordnete Peter Brenn brauste sogar auf „Natürlich ist die Veranstaltung für alle Pankower Bürger offen!“
Bauarbeiten im Thälmann-Park – Bauschild: Ella-Berlin www.ella-berlin.de
Doch der Einladungstext ist mißverständlich: „Zum 1. öffentlichen Workshop im Rahmen der Voruntersuchung „Thälmannpark“ laden das Bezirksamt Pankow und die STATTBAU Stadtentwicklungsgesellschaft mbH alle Bewohner, Gewerbetreibende, Eigentümer, Nutzer und an der Entwicklung des Gebietes Interessierte am Dienstag, dem 11. Juni 2013 um 17.30 Uhr in die WABE, Danziger Straße 101, 10405 Berlin, ein.“
Bürgerbeteiligung wird in Pankow eigentlich groß geschrieben, aber sprachlich hapert es noch etwas.
„Bürgerbeteiligung bezeichnet die Beteiligung („Partizipation“) der Bürger an einzelnen politischen Entscheidungen und Planungsprozessen (Bürgerkommune). Der Begriff ist nicht scharf abgegrenzt und wird für eine Vielzahl unterschiedlicher Verfahren verwendet;“ so schreibt es die Wikipedia.
Doch wie nennt man es, wenn die Politik noch gar keine Entscheidungen treffen will, sondern diese im Dialog mit Betroffenen und interessierten BürgerInnen „vorbereiten“ will, und dazu erst „Ideen“ sammelt?
Man nennt es zaghaft „Voruntersuchung“! In der Tat müssen alle bisher Beteiligten den Planungsgegenstand, eine etwa einen Quadratkilometer große Fläche, erst richtig kennenlernen und die dort bereits laufenden und angedachten Planungsabsichten und ihre Beteiligten in Erfahrung bringen.
Aber wie nennt man einen solchen „Planungsgegenstand“ mit einem schwergewichtigen Thälmann-Denkmal, einer Wohnsiedlung mit Plattenbauten, einem schönen gründen Stück „Thälmann-Park“ und einem Kulturstandort, der sich auch zum Thälmannpark zählt?
Heisst etwa das gesamte Straßengeviert zwischem Prenzlauer Allee, Danziger Strasse und Greifswalder Strasse und der Ringbahn „Thälmann-Park“ – oder nennt man es lieber vorsichtshalber „Gebiet“ oder „Areal“?
Wird damit auch gleich der Frage ausgewichen, sich dem Namen „Thälmann“ neu zu stellen? Den Clara Zetkin einst scharf kritisierte, und ihn einen Mann nannte, der „… kenntnislos und theoretisch ungeschult ist, in kritiklose Selbsttäuschung und Selbstverblendung hineingesteigert wurde, die an Größenwahnsinn grenzt und der Selbstbeherrschung mangelt …“ Und der im Nachhinein auch als Demagoge benannt wurde:
„Thälmann muss bei allem Respekt für seine Standhaftigkeit in Hitlers Kerker nachgesagt werden, dass er nur ein Provinzpolitiker mit demagogischem Talent war.“ Hermann Weber.
Und Klaus Schroeder, Leiter des Forschungsverbundes SED-Staat an der Freien Universität Berlin, stellt in dem Artikel „Warum wir Thälmann nicht ehren sollten fest, dass der „KPD-Führer ein Gegner der Demokratie“ war.
Die Frage der zukünftigen Namensgebung für einen ganzen Stadtteil von Prenzlauer Berg drängt daher unausweichlich auf die Agenda.
Bürgerbeteiligung als Rechtsinstrument im Planungsprozeß
Ursprünglich wurde die Bürgerbeteiligung einmal als gesetzliches Instrument im Städtebauförderungsgesetz eingeführt – um die „Macht der Planer“ zu begrenzen. Und so ist das Wort „Bürgerbeteiligung auch bis heute in allen Planverfahren“ rechtlich abgesichert.
Durch die Beteiligung der Öffentlichkeit in Planverfahren soll jedermann die Möglichkeit haben, seine Interessen und Rechtspositionen im Bauleitplanverfahren oder der anderen Planungsverfahren (z. B. Planfeststellung, Raumordnung etc.) zu wahren. Der Gesetzgeber geht hierbei davon aus, dass eine möglichst frühzeitige Bürgerbeteiligung die Akzeptanz und die Qualität der Bauleitplanung erhöht.
Thälmann-Quartier – Karte: www.openstreetmap.org
Informelle Bürgerbeteiligung
Bei der informellen (nicht gesetzlich vorgeschriebenen) Bürgerbeteiligung ist in der Praxis eine Vielzahl an Formen zu beobachten, die von der einfachen Bürgerversammlung über moderierte Veranstaltungen wie z. B. die Zukunftswerkstatt bis hin zu aufwändigen Workshops und Beteiligungsverfahren geht.
Die rot-grüne Bezirkskoalition in Pankow favorisiert diese Form der Bürgerbeteiligung, allerdings „verkauft“ sie dies nicht prägnant genug, und bleibt im „aufzählenden Amtsdeutsch“ stecken: „Bewohner, Gewerbetreibende, Eigentümer, Nutzer und an der Entwicklung des Gebietes Interessierte …“. Doch der gute Willen ist nicht verkennbar:
„Wir hoffen auf eine rege Teilnahme und freuen uns auf die Mitgestaltung der Voruntersuchung durch die Bevölkerung“, erklärte Jens-Holger Kirchner (Bü90/Grüne), Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung“ in der presseöffentlichen Einladung.
Eine sprachlich gestelzte Form: „Bevölkerung“ – mit der eine „genderpolitischen Sprachfalle“ umgangen werden soll. „Bürgerinnen und Bürger“ schreibt sich zu lang, und beim Wortgebrauch „Pankowerinnen und Pankower“ verspüren einige auch langsam Überdruß.
Eines ist nun klar: Bürgerinnen und Bürger aus ganz Pankow dürfen beim Workshop gern teilnehmen, und Ideen für den Thälmannpark einbringen und diskutieren!
Und weiter heißt es in der Einladung:
„Mit der vom Bezirksamt Pankow beschlossenen Voruntersuchung wird für das Areal Thälmannpark zwischen Greifswalder Straße, Danziger Straße, Prenzlauer Allee und der Ringbahn die städtebauliche, räumlich-strukturelle und sozialräumliche Situation des Gebietes analysiert. Ziel ist die Erarbeitung eines abgestimmten städtebaulichen Leitbildes und Entwicklungskonzeptes, das erforderliche Maßnahmen zur Behebung von Missständen aufzeigt und eine Grundlage für künftige Entscheidungen zur Entwicklung des Gebiets schafft. Der 1. öffentliche Workshop soll nun dazu dienen, gemeinsam mit den Betroffenen und Interessierten die Stärken, Probleme, Handlungsbedarfe und Potenziale innerhalb verschiedener Themenbereiche näher zu erörtern und festzuhalten. Bei dem Workshop wird es zehn moderierte Gesprächstische zu den Themen „Wohnen“, „Grün- und Freiflächen“, „Kultur und Bildung“, „Schule“, „Soziale Angebote“, „Sport und Erholung“, „Einzelhandel und Gewerbe“, „Verkehr“, „Nachbarschaften und Verbindungen“ sowie „Leitbild und Visionen“ geben. Die Teilnehmer/innen haben die Möglichkeit, an drei Thementischen mitzuarbeiten und sich mit ihren Meinungen und Ideen aktiv einzubringen.“
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der STATTBAU GmbH sind zum Glück erfahren genug, um das „Planungsdeutsch“ in konkreter faßbare Worte und Begriffe zu übersetzen. Anders als in der Auftaktveranstaltung am 27. Februar 2013 wird es diesmal auch um konkretere Fragen und nicht nur um diffuse Ängste gehen können. Die GEWOBAG hat inzwischen das soziale Mietenbündnis mit unterzeichnet und ist auch an sozialer Stabilität im eigenen Wohnungsbestand interessiert. m/s
„1. öffentlicher Workshop, Voruntersuchung Thälmannpark“
Dienstag, 11. Juni 2013
17.30 bis 20.30 Uhr – Eintritt frei
Wabe
Danziger Str. 101
10405 Berlin-Prenzlauer Berg
Weitere Informationen: