Scharfe Kritik kommt von der Bürgerinitiative Elisabethaue und dem Naturschutzbund Berlin (NABU-Berlin). Anja Sorges, Geschäftsführerin des NABU-Berlin hat die Kritik zusammengefaßt und meldet sich hier gemeinsam mit Oskar Tschörner von der Bürgerinitiative in einer gemeinsamen Stellungnahme.
„Was kümmert mich mein Gerede von gestern? fragte ein ehemaliger Bundeskanzler zurück, als er auf einen Widerspruch zu einer früher getätigten Aussage angesprochen wurde. Mit diesem Satz hat er Geschichte geschrieben, denn er begründete damit einen Politikstil, welcher sich auch im Berliner Wohnungsbau fortsetzt. 5.000 Wohneinheiten sollen in der Elisabeth-Aue entstehen. Die Bürgerinitiative und der NABU Berlin kritisieren diesen Größenwahn scharf, der heute Abend in der Veranstaltung zur „Gartenstadt im 21. Jahrhundert – Grün und Urban“ ab 19 Uhr in der Friedrich-Ebert-Stiftung präsentiert wird.
Im Oktober 2014 wurde ruchbar, dass sich die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt nicht an ihren eigenen Stadtentwicklungsplan Wohnen halten würde. Im Gegenteil: die Planungen wurden auf die für das Land Berlin rasch verfügbare Elisabeth-Aue fokussiert, wo 5.000 Wohneinheiten – also ein neuer Stadtteil – geschaffen werden sollen. Alle Argumente hinsichtlich weniger Flächenversiegelung, Schutz der Frischluftschneise, Schutz des Biotopverbunds und Naherholungsraums für die angrenzenden Quartiere werden seitdem konsequent ignoriert. Alternativen wurden nicht in Erwägung gezogen und auch ein unabhängiges Gutachten zur Prüfung des ökologischen Wertes der Fläche wurde nicht als Entscheidungshilfe beauftragt.
Widerspruch zu den eigenen Koalitionsaussagen
Flächenverbrauch reduzieren und überdimensionierte Oberflächenversiegelung durch Bauvorhaben vermeiden, Freiräume und biologische Vielfalt erhalten. Diese Grundsätze finden sich alle in der derzeit gültigen Koalitionsvereinbarung. Es ist auch für den NABU Berlin unstrittig, dass die Hauptstadt neuen, bezahlbaren Wohnraum benötigt. Aber die Naturschützer lehnen es ab, dass aus reiner Bequemlichkeit die erstbeste große Freifläche genommen wird, die den Planern in den Sinn kommt. Dabei hatte die Bezirksverordnetenversammlung Pankow bereits im Juni 2013 im Rahmen des Stadtentwicklungsplans Wohnen auf alternative Flächenpotentiale hingewiesen, die eine Bebauung u.a. von Moorlinse und Elisabethaue unnötig machen würde.
Nachhaltige Stadtentwicklung mit Visionen gefordert
Der NABU Berlin kritisiert, dass neben dem Schutz der biologischen Vielfalt, dem Berliner Biotopverbund und von wichtigen Naherholungsräumen auch der Stadtentwicklungsplan Klima ad absurdum geführt wird, der eigentlich die Bedeutung von Grün- und Freiflächen für den Klimaschutz hervorhebt. „Der Elisabeth-Aue kommt durchaus eine stadtklimatische Bedeutung für den Bezirk Pankow und Prenzlauer Berg zu, da hierüber die Frischluftversorgung für die verdichteten weiter innerstädtisch liegenden Bereiche erfolgt“, erläutert Anja Sorges, Geschäftsführerin des NABU Berlin. „Gerade bei den prognostizierten steigenden Sommertemperaturen ist eine ausreichende Frischluftversorgung für diese Gebiete wichtig.“
Der NABU Berlin und die Bürgerinitiative Elisabeth-Aue fordern den Senat daher auf:
• Aufgrund seiner Bedeutung für den Biotopverbund, für die Biodiversität, für die Stadtlandschaft, als klimawichtiges Gebiet und für die Naherholung, ist die Fläche der Elisabeth-Aue schützenswert und von Bebauung frei zu halten.
• Das Gebiet ist nachhaltig vor Bebauung zu schützen, im Flächennutzungsplan vom Baugebiet in landwirtschaftliche Fläche bzw. Grünland umzuwidmen und in das umgebende Landschaftsschutzgebiet zu integrieren.
• Die von der Politik selbst entwickelten Grundsätze des Koalitionsvertrags sind umzusetzen und eine nachhaltige und verlässliche Stadtentwicklung zu betreiben.“
Text:
Anja Sorges, NABU Berlin, Geschäftsführerin & Presse, presse@nabu-berlin.de, (030) 9 86 08 37 -17
Bürgerinitiative Elisabeth-Aue, Oskar Tschörner, u.o.tschoerner@t-online.de, (030) 404 20 14