Dienstag, 03. Dezember 2024
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Migration nach Deutschland: die Zahlen

Die Türkei leistet seit Jahren Flüchtlingshilfe, und erhält dafür auch Unterstützung seitens des Welternährungsprogramms (WFP) der UN. Flüchtlingslager wie in Nizip zeigen in Luftaufnahmen und Fotos ein geordnetes Bild. Doch die geflüchteten Menschen harren hier nur aus, bei sicherer Nahrung, Wasser und hygienischer Basisinfrastruktur – aber in einer heißen und ariden Klimazone.

Flüchtlingslager Nizip
Flüchtlingslager des UN World Food Programm (WFP) in Nizip, Türkei – Foto: WFP Sabine Starke

Flüchtlingscamps für Syrer in der Türkei

Mehr als 220.000 Syrer leben allein in den 22 Flüchtlingscamps, welche die türkische Regierung entlang der Grenze unterhält. Hier leistet das UN World Food Programme (WFP) derzeit in 16 dieser Camps Ernährungshilfe über Notrationen und Nahrungsmittelgutscheine. Bis Ende des Jahres soll diese Hilfe alle Bewohner der Flüchtlingslager – schätzungsweise 300.000 Menschen – erreichen.
Noch viel mehr Menschen aus Syrien und dem Irak sind in die Türkei geflohen, und leben bei Freunden, Verwandten und freundlich verbundenen Menschen und weiteren Lagern. Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR | 9.7.2015 | waren im Juli über 4 Millionen Menschen in die Türkei geflüchtet.

Aktuelle Flüchtlingszahlen in Deutschland (Stand August 2015)

Auch Deutschland hat über 4,1 Millionen Flüchtlinge aufgenommen! Diese Zahl vermeldet das Bundesamt für Migration für den Zeitraum von 1953 bis 2015 (sic!).

23% der Flüchtlinge kamen im Zeitraum 1953 bis 1989 – rund 0,9 Mio. Menschen. Im Zeitraum 1990 bis 2014 kamen 3,2 Mio. Flüchtlinge nach Deutschland. Im Spitzenjahr 1992 wurden 438.191 Flüchtlinge aufgenommen. Im Zeitraum Januar bis August 2015 wurden in Deutschland rund 256.000 Flüchtlinge gezählt.

Die Zahlen zeigen, in welch unterschiedlichen Maß die Türkei und Deutschland von Flüchtlingsbewegungen betroffen sind. Zugleich räumen die Zahlen mit der emotionalen Darstellung und medialen Vermittlung auf. Die Zahlen zeigen auf: Deutschland ist keinesfalls überfordert, und hat in der Vergangenheit, nämlich im Jahr 1992, schon mit doppelt so hohen Flüchtlingszahlen zu tun gehabt (Quelle: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) 31.8.2015)

Die zehn zugangsstärksten Länder im August 2015

Die Monatsstatistik für August verzeichnet 33.447 Erstanträge. Bei den Top-Ten-Ländern des Monats August steht an erster Stelle Syrien mit einem Anteil von 30,2%. Den zweiten Platz nimmt Albanien mit einem Anteil von 24,6 % ein. Danach folgt Afghanistan mit 6,8 %. Fast zwei Drittel (61,6 %) aller in diesem Monat gestellten Erstanträge entfallen damit auf diese ersten drei Herkunftsländer.

Erstanträge im August 2015 (BAMF)
Erstanträge im August 2015: Die zehn zugangsstärksten Länder (BAMF 31.8.2015)

Die hohen Flüchtlingszahlen aus Syrien sind kriegsbedingt. Hier zeigt sich vor allem die gescheiterte Syrienpolitik des Westens als Ursache und das Gewährenlassen des syrischen Diktators Assad, der mit einer maroden Luftwaffe jahrelang die Bevölkerung mit Fassbombenangriffen terrorisieren durfte.

Im Fall Albanien haben wir es dagegen mit einem historisch bedeutsamen Versagen der EU zu tun, die nur noch in finanzpolitischen Kategorien denken kann, und keine konkreten strategischen Aufbauprogramme mehr entwickeln kann.

Gesamtzahlen des Bundesamt für Migration und Flüchtlingen für 2015

Beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge haben 36.422 Personen im August 2015 einen förmlichen Asylantrag gestellt, davon 33.447 als Erstanträge und 2.975 als Folgeanträge. Damit ist die Zahl der Asylbewerber gegenüber dem Vorjahresmonat um 18.727 Personen (105,8 Prozent) gestiegen und gegenüber dem Vormonat um 1.109 Personen (-3,0 Prozent) gesunken.
Insgesamt 13.903 Anträge wurden von Staatsangehörigen der sechs Westbalkanstaaten Albanien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Mazedonien, Montenegro und Serbien gestellt; das sind 38,2 Prozent aller in Deutschland gestellten Asylanträge.

Die Zahl der Asylerstanträge im bisherigen Jahr 2015 (231.302) stieg damit gegenüber dem Vorjahreszeitraum (99.592) um 132,2 Prozent. Hauptherkunftsländer waren Syrien, Albanien und Kosovo.

Die Zahl der Asylfolgeanträge im bisherigen Jahr 2015 (25.636) stieg im Vergleich zum Vorjahreszeitraum (16.145) um 58,8 Prozent. Hauptherkunftsländer waren Serbien, Mazedonien und Kosovo.

Entscheidungen des BAMF Januar – August 2015

Das Bundesinnenministerium hat die Zahlen in seiner Pressemitteilung vom 11.9.2015 veröffentlicht:

„Von Januar bis August 2015 hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 152.777 Entscheidungen (Vorjahr: 78.688) getroffen. Insgesamt 57.024 Personen (37,4 Prozent) wurde die Rechtsstellung eines Flüchtlings nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. August 1951 (Genfer Flüchtlingskonvention) zuerkannt. Darunter waren 1.471 Personen (1,0 Prozent), die als Asylberechtigte nach Art. 16a des Grundgesetzes anerkannt wurden, sowie 55.553 Personen (36,4 Prozent), die Flüchtlingsschutz nach § 3 des Asylverfahrensgesetzes i. V. m. § 60 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes erhielten.

Weitere 921 Personen (0,6 Prozent) erhielten subsidiären Schutz nach § 4 des Asylverfahrensgesetzes im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU. Darüber hinaus hat das Bundesamt von Januar bis August 2015 bei 1.250 Personen (0,8 Prozent) Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes festgestellt.

Abgelehnt wurden die Anträge von 56.873 Personen (37,2 Prozent). Anderweitig erledigt (z.B. durch Dublin-Verfahren und Verfahrenseinstellungen wegen Rücknahme des Asylantrages) wurden die Anträge von 36.709 Personen (24,0 Prozent).

Ende August 2015 lag die Zahl der noch nicht entschiedenen Anträge bei 276.617, davon 251.036 als Erstanträge und 25.581 als Folgeanträge (Vormonat: 254.559 anhängige Verfahren, davon 230.686 Erst- und 23.873 Folgeanträge; zum 31. August 2014 waren 132.974 Verfahren anhängig, davon 119.464 Erst- und 13.510 Folgeanträge).“

Wie viele Flüchtlinge sind noch auf dem Weg?

Weltweit sind nach Angaben des UNHCR rund 59 Millionen Menschen auf der Flucht. Die überwiegende Mehrzahl bleibt dabei in regionalen Zusammenhängen und benachbarten Staaten. Doch es ist ein nicht mehr hinnehmbares Menschheitsproblem, das sich schon seit Jahren aufgebaut hat.
Die aktuelle Flüchtlingswelle nach Deutschland wird in jedem Fall die Zahlen von 1992 übersteigen. Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière hat am 20. August eine überarbeitete Prognose der für 2015 veröffentlicht. Das Bundesministerium des Innern und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge rechnen damit, dass in diesem Jahr bis zu 800.000 Asylbewerber nach Deutschland kommen werden – das wären etwa viermal so viele wie im Vorjahr.

In München wurden im September schon über 39.000 Flüchtlinge neu aufgenommen. Weitere 40.000 werden nach Angaben von Bundesaußenminister Steinmeier noch erwartet. Viele tausend Menschen befindet sich noch in den Nachbarländern Österreich und in Serbien und Ungarn auf dem Weg nach Deutschland.

Mit der aktuellen Einführung von Grenzkontrollen wird die große Fluchtwelle zunächst gebremst und sogar gestoppt. Tausende Flüchtlinge werden nun zum Druckmittel und Spielball, bis sich die EU-Politiker wieder einheitlich zur Einhaltung der Dublin-Regeln einigen können. Eine schlimme Situation an den Außengrenzen droht nun zum peinlichen Menetekel eines uneinigen Europas zu werden.
Die Bundeskanzlerin und die Bundesregierung stehen nun vor den Trümmern ihrer zögerlichen Politik. Nur ein Minister ist ein leuchtendes Beispiel, für angemessenes und richtiges Tun. Seit Monaten dreht Entwicklungsminister den Grundkurs deutscher Entwicklungspolitik – und benennt die wichtigsten Fluchtursachen.

Allein in diesem Jahr wurden schon mindestens 180 neue Projekte zur Bekämpfung von Fluchtursachen aufgelegt.

Weitere Informationen:

Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: www.bamf.de

Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: www.bmz/flucht

m/s