Berlin braucht eine Wohnungen, die bezahlbar sind. Der Wohnungsneubau muß künftig mit dem Einwohnerzuwachs Schritt halten. Der Blick der Planer nach Bauflächen für neue Wohnungen richtet sich dabei leicht auf Freiflächen, auf leere Güterbahnhofsflächen, auch auf Grünflächen. Doch auch in der Innenstadt gibt es viele Flächenreserven. Wohnungsbaureserven gibt es sogar im Pankower Zentrum.
Die Berliner Straße in Pankow wurde aufwändig erneuert. Eigentlich soll sich der Straßenabschnitt zwischen Florastraße und Breite Straße zur „Prachtstraße“ entwickeln.
Tatsächlich gibt es einen Wandel. Einige Läden stehen leer, in einige Läden sind neue Geschäfte, eine Dentalpraxis und ein Sportstudio eingezogen. Doch auf der gegenüber liegenden Seite gibt das alteingesessene Musikhaus Fechner sein Geschäft auf: „Bis Ende Mai muß alles raus!“. Ein Umbruch ist im Gang, doch die kritische Masse an Interessenten, Passanten und Käufern scheint zu fehlen.
Nur ein Grundstück weiter gibt es „Bauflächen in Bestlage“. Ein großer Parkplatz, dahinter das zum Wohnhaus ausgebaute Gebädue der ehemaligen Garbáty-Zigarettenfabrik.
Noch ein Stück weiter nördlich stehen schließlich Autos zum Verkauf, ein Autohaus und ein Autovermieter betreiben hier ihre Geschäfte. Daneben: einfache Imbißbauten, scheinbar Überbleibsel einer ungeplanten Zwischennutzung.
Wertvolle Bauflächen mit Zwischennutzung blockiert
Autoabstellplätze, Imbissbauten sind im Sinne des Städtebaus eigentlich nur städtebauliche Zwischennutzungen. Sie belegen wertvolle Flächen, die eigentlich an gut erschlossenen Lagen eine Aufwertung verdienen: Wohnen und Einkaufen, Urbanität würden an dieser Stelle für die gesamte Berliner Straße eine neue Qualität schaffen, die auch Flanierqualität und höhere Kundenfrequenz schafft.
Die typische Berliner Blockrandbebauung könnte auch an dieser Stelle eine beachtliche städtebauliche Lücke füllen. Wohnen, Arbeiten und Einkaufen unter gemeinsamen Dächern – mit einem grünen Innenhof nach Nordosten und Osten.
Es könnten aber auch Geschäfts- und Praxisräume entstehen, damit entsprechende Praxen, Kanzleien oder Büros aus anderen Wohnhäusern ausziehen und Wohnungen aus der Zweckentfremdung rückführen.
Bebauungsplan, Planungsrecht und städtebaulicher Nutzen
Das Bezirksamt Pankow, Abteilung Stadtplanung bereitet für diesen Bereich einen Bebauungsplan vor, der die künftige bauliche Nutzung, künftige Bebauungsflächen und das Maß der zulässigen baulichen Nutzung nach Baunutzungsverordnung regeln soll. Dazu ist geplant, auch den Standort der Klinik Maria Heimsuchung zu sichern, und entsprechende Abstandsflächen zu sichern.
Derzeit ist in dem Gebiet eine Bebauung nach §34 Baugesetzbuch (BauGB) möglich, d.h. eine Bebauung, die nach nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und deren Erschließung gesichert ist.
Ferner gilt: „Die Anforderungen an gesunde Wohn und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.“
Für den noch aufzustellenden Bebauungsplan gilt: im Sinne einer weiteren Zentrenentwicklung ist eine Aufwertung der Grundstücke an der Berliner Straße und eine höhere bauliche Nutzung sinnvoll.
Für die Grundstücke bedeutet dies: es entsteht ein beachtlicher Wertgewinn, der die Berliner Straße für Investoren attraktiv macht. Überdies entsteht ein beachtlicher städtebaulicher Nutzen, der auf die gesamte Straße und das Pankower Zentrum ausstrahlt, wenn tatsächlich gebaut wird.
Von einer Mischung mit Wohnen, Gewerbe und Handel würde auch der mittelständische Einzelhandel im Pankower Zentrum profitieren, weil sich das Warenangebot verdichten läßt, und so mehr Besucher anlockt.
Städtebaurecht: das Baugebot
Bisher hat sich in Pankow kaum jemand intensiv mit der Frage beschäftigt, aber auch diese Möglichkeit sollte nicht unerwähnt bleiben:
Das Städtebaurecht gibt auch die Möglichkeit, Zwischennutzungen und ungeordnete Bauverhältnisse durch Baurecht zu beseitigen. In einem solchen Fall wird das „Baugebot nach § 176 angewendet, was bisher jedoch ausgesprochen selten angewendet wurde. Der Grund: es ist ein Eingriff in das Eigentum, und ein Klageverfahren ist sehr wahrscheinlich.
Doch gerade in herausragenden städtebaulichen Lagen gilt es abzuwägen, ob der Schutz der Interessen eines einzelnen Grundstücksbesitzers die Interessen der Allgemeinheit überwiegt.
Die Art und Form eines „Baugebots“ ist sehr flexibel gestaltbar:
„Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans kann die Gemeinde den Eigentümer durch Bescheid verpflichten, innerhalb einer zu bestimmenden angemessenen Frist
– 1. sein Grundstück entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplans zu bebauen oder
– 2. ein vorhandenes Gebäude oder eine vorhandene sonstige bauliche Anlage den Festsetzungen des Bebauungsplans anzupassen.
Das Baugebot kann innerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile auch angeordnet werden, um unbebaute oder geringfügig bebaute Grundstücke entsprechend den baurechtlichen Vorschriften zu nutzen oder einer baulichen Nutzung zuzuführen, insbesondere zur Schließung von Baulücken.
Baulücken mit Autohandel und Autovermietungen
In Pankow gibt es einige „städtebauliche Bestlagen“, auf denen Autos, Autohandel und Autovermietung eine städtebauliche Weiterentwicklung blockieren.
Ein besonderes Filetgrundstück harrt an der Wisbyer Straße Ecke Prenzlauer Promenade auf eine bessere bauliche Nutzung. Hier könnte das gesamte Stadtquartier bis zur Weißenseer Spitze profitieren, wenn das Potential des Eckgrundstücks mit Wohnen, Gewerbe und Handel genutzt wird.
Auch stellt sich die Frage, ob großflächiger Einzelhandel und Autowerkstätten entlang der Ostseestraße langfristig ein zukunftsfähiges Modell sind.
Auch in Buchholz gibt es Flächen, bei denen langfristig Autoausstellungsflächen zugunsten einer höherwertigen städtebauliche Entwicklung zur Disposition gestellt werden sollten. So liegen zwischen Panke und Pasewalker Straße(gegenüber der Einmündung der Pankower Straße) Grundstücke, für höherwertiges Wohnen geeignet sind.
Diskussion um Bauflächen, Lückenschließungen und Stadtentwicklung
Die genannten Beispiel zeigen: es ist eine Diskussion um Wohnungsbaureserven und Lückenschließungen notwendig. Gleichzeitig sind die „automobilen Zwischennutzungen“ mobil, und können auch an besonderen Gewerbe- und Handelslagen konzentriert werden.
Gerade in der Berliner Straße im Pankower Zentrum ist eine städtebauliche Diskussion wichtig, um auch die Attraktivität des Pankower Zentrums zu verbessern. Außerdem könnte ein Signal gesetzt werden, nicht erst auf das noch in weiter Ferne liegende Vorhaben Pankower Tor zu schauen.
Auch der Verein Für Pankow e.V. und die Interessengemeinschaft Altstadt-Pankow e.V. sollten hier ansetzen, und selbst auch Ideen für die Zukunft des Pankower Zentrums vorantreiben. Etwas mehr Dynamik – und auch die Debatte um die Weiterentwicklung der Fläche der ehemaligen Kaufhalle könnte wieder in Gang kommen.
Letztlich kann etwas Aufbruchstimmung nicht schaden, um den bestehenden „Stillstand“ im Pankower Zentrum aufzulösen. m/s
Weitere Informationen:
Stillstand in Pankow – 5.1.2014 – Pankower Allgemeine Zeitung