Dienstag, 23. April 2024
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Mauerpark: Der Rubikon wurde überschritten!

Mauerpark: Blick von der Swinemünder Brücke

Die bereits angekündigten Fachaufsichtsbeschwerden, genauer gesagt „dreier Fachaufsichtsbeschwerden“ (FAB #1-3) zum Thema der geplanten Auslegung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans I-64a am 16.2.2015 sind in Bearbeitung. Die Fassung der ersten FAB #1 wird hier öffentlich vorgestellt.

Mauerpark: Blick von der Swinemünder Brücke
Mauerpark: Blick von der Swinemünder Brücke

Die Form einer öffentlichen Vorstellung wird aus grundsätzlichen baupolitischen und stadtentwicklungspolitischen Motiven heraus gewählt, weil in diesem konkreten Fall grundlegende Fragen berührt sind. Politisch gesehen handelt es sich um die Frage: gilt hier nach wie vor die „Basta-Politik“ des ehemaligen Stadtentwicklungssenators Michael Müller (SPD), der doch hoch und heilig eine Abkehr in Aussicht gestellt hatte, bevor er zum Regierenden Bürgermeister gewählt wurde? Oder haben wir es hier mit einer besonderen Form von „Pasta-Politik“ zu tun, bei der gesetzliche Vertreter der Stadt Berlin und Investoren heimlich ein lukratives Festmahl im Stile italienischer Verhältnisse organisieren?

Modern gesprochen stellt sich hier am Mauerpark die Frage:

„Ist Berlin eine Stadt der Bürger – oder ist Berlin Stadt der Korruption und klandestiner Stadtverwaltung?“

Grundsatz-Kritik an Müllers Stadtentwicklungspolitik

Zugleich wird eine grundsätzliche Kritik an einer Form „sozialdemokratisch-neoliberaler“ Bodenpolitik entfaltet, die aufzeigt, wie hier in langer kontinuierlicher politischer Verantwortung ein Geschäft zu Lasten der nachfolgenden Generation und ein Verrat an eigenen sozialdemokratischen Fach- und Politikzielen in der Stadtentwicklung geübt wird.

Auch wird hier ein grundlegender politischer Sittenverfall offengelegt, beobachtbar nur, wenn man eine historische Perspektive einnimt und mit einem Elefantengedächtnis die stadtentwicklungspolitischen Politikwechsel in Berlin beachtet hat.

Der Stadtentwicklungssenator Müller hat hier an entscheidender Stelle im Zentrum der Metropole Berlin versagt – und belastet mit seinen Fehlentscheidungen und Schreibtisch-Ergebnissen aus Investoren-Verhandlungen die Zukunftschancen Berlins und gefährdet auch die Sportstadt Berlin, weil er eine einmalige städtebauliche Großchance verbauen will.

Müller ist kein Stadtplaner, kein Architekt, sondern gelernter Drucker mit Verwaltungs- und Wirtschaftskenntnissen. Das Denken in langfristigen Kategorien der Stadtentwicklung geht ihm offensichtlich ab, denn in seiner Amtszeit wurde Berlin mit Bauten „zugewürfelt“ – man fühlt sich an die Papierstapel in einer Druckerei erinnert – aber nicht an Städtebau.

Müller hat bis heute nicht verstanden, dass Menschen in einer Metropole der „sitzenden Arbeit“ auch einen Bewegungsausgleich und einen möglichst grünen Freiraum benötigen. Erkennbar ist es an seiner Haltung zur Bebauung des Fluhafen Tempelhof, aber auch an anderen bedenklichen Entscheidungen zur Verdichtung der Innenstadt.

Mauerpark: Schlüsselgrundstück der Stadtentwicklung

Die Zukunftschancen der Stadt Berlin sind am Schlüsselgrundstück namens Mauerpark besonders berührt. Insbesondere die aktuelle aber auch eine künftige Olympiabewerbung hängt an diesem Filetstück. Aber auch die Fragen von Lebensqualität, Klimaschutz, baulicher Verdichtung, ausreichender Grün- und Freiraumverhältnisse und „gesunder Lebensbedingungen“ im Sinne des Baurechtes.

Hier wird im Weg einer Fachaufsichtsbeschwerde im Vorfeld eines möglichen Plan-Aufstellungsbeschluß reagiert, weil eine spätere gerichtliche Klärung im Weg einer Normenkontrolle der Metropole Berlin nochmals viel unnötige Zeit kosten kann.

Gleichzeitig wird die Frage nach einem Grundsatz von Planungssicherheit gestellt: „Hat nicht jeder Anlieger und Investor seit 1994 auch einen Anspruch darauf, die im Landschaftsprogramm und im Flächennutzungsplan gesicherten „Schutzziele“ auch auf Dauer gewährleistet zu bekommen? Wie sollen sonst Familien in der Stadt Wohnen, Kinder aufziehen und gesund leben und arbeiten können, wenn keine gesunden Lebensverhältnisse gesichert sind, sondern je nach Marktlage „zugebaut“ werden können?

Wahl des Rechtsinstruments Fachaufsichtsbeschwerde

Das Instrument „Fachaufsichtsbeschwerde“ ist ein auf Überprüfung der Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit gerichteter Rechtsbehelf. Es ist kein politischer Appell – sondern ein Antrag zur Prüfung von Umständen, die sich politisch, moralisch aber auch rechtlich und baurechtlich als problematisch darstellen, die von der Berliner Stadtentwicklungspolitik und den beteiligten Akteuren im Bezirk Berlin-Mitte bislang unter den Tisch gekehrt werden sollen.

Die Fachaufsichtsbeschwerde wird auch gewählt, weil es in der BVV-Mitte ganz offensichtlich keine ausreichend fachlich qualifizierten Bezirksverordneten gibt, die vom jahrelangen Geschehen geradezu „zugetextet“ und „überrollt“ werden, und sich selbst z.T. als ehrenamtliche Bezirksverordnete überfordert sehen (O-Ton).

Vom Eisenbahngelände zur privaten Karriere-Absicherung eines Managers

Die zentrale Liegenschaft zwischen Prenzlauer Berg und dem Bezirk Wedding hat eine lange wechselvolle Geschichte, die das Grundstück von einer staatlichen Liegenschaft in ein Börsenkapitaleigentum überführte. Am Schluß der Entwicklung sticht die ganz persönliche Karriereabsicherung eines Managers heraus, der seit der Finanzkrise 2008 in der hochmögenden Berliner Anleger- und Investmentkreisen ein gern gesehener Vortragsgast (1)(2) war.

Chronologie: Eigentumsverhältnisse der Grundstücksflächen des Mauerparks & Verfahrensschritte
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1877 – Alter Nordbahnhof 1877–1985 im Eigentum der Reichsbahn
1945 – Deutsche Reichsbahn der DDR
1989 – Deutsche Wiedervereinigung
1993 – Übergang der Deutsche Reichsbahn der DDR ins Sondervermögen des Bundes (Einigungsvertrag)
1994 – Fusion von Deutscher Reichsbahn und Deutsche Bundesbahn zur DB AG
1994 – Entwurf des Landschaftsarchitekten Professor Gustav Lange für den Mauerpark
1996 – Bahnreform, Bildung d. Sondervermögen Eisenbahn d.Bundes (Bundeseisenbahnvermögen)
1996 – Gründung der Eisenbahnimmobilien Management GmbH (EIM)
1999 – Senatsentscheidung, das Gelände nicht zu erwerben
2001 – Gründung der Vivico Real Estate GmbH für Vermarktung nicht betriebsnotwendiger Bahnflächen
2001 – Eigentümer bis 2007:Bundeseisenbahnvermögen 94,99 % – Bundesrepublik Deutschland 5,01 %
2004 – Beginn des Beteiligungsverfahrens mit der Bürgerwerkstatt Mauerpark
2007 – Verkauf an die österreichische börsennotierte Gesellschaft CA Immo AG für € 1,03 Mrd..
2008 – Henrik Thomsen Leiter der Vivico Real Estate GmbH (ab 2007 CA Immo AG)
2011 – Vorstellung: Ergebnis d. städtebaulichen Ideenwettbewerb m. Preisvergabe am 21.02.2011
2011 – 2. Preise für Prof. Dipl. Arch. Carsten Lorenzen APS, Kopenhagen & Zanderroth Architekten, Berlin.
2012 – Verkauf an die Groth-Gruppe (nach deren Angaben am 16.7. und 20.7.2012)
2012 – Abschluß des städtebaulichen Vertrages mit der CA-Immo AG am 30.10.2012 mit Senat von Berlin
2013 – Präsentation neuer Pläne des neuen „Investors“ Groth-Gruppe mit neuen Baukonzept
2014 – Wechsel:Hendrik Thomsen,Manager der CA Immo AG wird Topmanager der Groth-Gruppe
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Thomsen war auch gern gesehener Gast in der Friedrich-Ebert-Stiftung, etwa zu seinem Vortrag: „Wohnen in Berlin – Auf die Mischung kommt es an!“, den Henrik Thomsen am 10.4.2013 bei YouTube veröffentlicht hat.

Hier wird auch etwas Seltenes vorgeführt: ein Blick in die Art wie sozialdemokratische Wohnungspolitik zur Altersabsicherung der älteren Generation eingesetzt wird, und zu Lasten der nachfolgenden Generation umgesetzt wird: teure Mieten sind nicht etwa nur das Ergebnis der Profitmaximierung von Bauträgern, sondern der Investition in rentierliche Geldanlageformen, bei denen der Wohnungsbau ein scheinar sicheres Vehikel ist. Ein Wohnungsbau, der nicht mehr „Stadtentwicklung“, sondern Finanzpolitik ist, der notwendigerweise einer nachfolgenden Generation finanziellen Spielraum UND Freiraum kostet.

Grundsätzlich ist diese Art der Wohnungspolitik heute auch volkswirtschaftlich am Ende: die nachwachsende Generation kann nicht gleichzeitig Steuern, Renten und Mieten mit „Kapital-Anlage-Renditen“ zahlen.

Das Schlußbild von Thomsens Vortrag hat eine verräterische Symbolik: ist der Handschlag mit den Investoren nicht längst auch eine „Zwangsvereinigung mit Investoren“, die Teile der Sozialdemokratie hier eingehen? Erinnert dieser Handschlag nicht auf fatale Weise an den Handschlag von 1948, nur eben mit ganz anderen Vorzeichen?
Liegt hier auch das Motiv verborgen, weshalb vor allem ältere Sozialdemokraten sich für eine Baupolitik stark machen, die die jüngere Generation in jeder Hinsicht überfordert? Der wohnungspolitische Exkurs wird noch an anderer Stelle geführt werden, hier am Mauerpark steht zuerst eine besondere Form der „Bürgerbeteiligung“ am Pranger, die auch „Insidergeschäft“ heißt.

Grundstücksgeschäfte und Rechtsgeschäfte am Mauerpark

Die Steuerung aller Grundstücksfragen und die Gestaltung aller Rechtsgeschäfte zum Grundstück Mauerpark oblag spätestens mit Beginn der Bürgerbeteiligung im Jahr 2004 auf Seiten der Vivico Real Estate GmbH dem bis heute mit dem Baugrundstück ganz persönlich verantwortlich verbundenen Manager Henrik Thomsen.

Nach Erwerb durch die CA-Immo AG behielt er seine Positon bzw. stieg noch weiter in Geschäftsverantwortung auf. Thomsen überlebte praktisch auch drei Baustadträte in Berlin-Mitte, und hat derweil nach Bürgermeister Zeller auch einen zweiten Bezirksbürgermeister kennenlernen dürfen. Zähe Stadtpolitik und Ausssitzen haben am Mauerpark zu einem wahren „Stadtentwicklungstheater“ geführt, das Klarheit und Wahrheit und baupolitische Sorgfalt und rechtliche Maßstäbe verschüttet hat.

Insgesamt dauert das Verfahren über die Weiterentwicklung des Mauerparks nun schon seit 1999, als der Senat von Berlin damals einen Erwerb des Grundstücks ablehnte, obwohl man gerade eine Olympiabewerbung betrieb, und obwohl schon seit 1994 bekannt war, welche überregionale Bedeutung die Fläche im Rahmen des Landschaftsprogramms 1994 hat, und noch bekommen kann, wenn der Fernbahnhof Gesundbrunnen am Netz ist.

Die Fläche wurde im Berliner Flächennutzungsplan als Freifläche gesichert – doch die an die Ziele des Flächennutzungsplans gebundete Bezirksverwaltung in Berlin-Mitte tat nichts, um diese Chance zu nutzen, und etwa die gravierenden Freiflächendefizite im Brunnenviertel zum Entwicklungsthema zu machen. Sie hat praktisch sogar über 14 Jahre lang das nach § 8 Abs. 2 BauGB bestehende Entwicklungsgebot mißachtet.

Im Jahr 2012 wurde das Teilgrundstück der sog. Nordbebauung an die Groth-Gruppe verkauft. Nach deren Angaben fand der Kauf an zwei Terminen am 16.7. und 20.7.2012 statt. Dies wurde jedoch erst im Januar 2013 durch einen Beitrag in der Prenzlberger Stimme am 24.1.2013 öffentlich bekannt.

Städtebaulicher Vertrag mit Verstoß gegen Koppelungsverbot

Der Verkauf gründete sich auf einen seit 2012 bekannten Entwurf eines städtebaulichen Vertrages, der öffentlich beanstandet wurde, nachdem er geleakt und veröffentlicht wurde.

Grundsätzlich ist zu beachten, dass für die Gemeinden beim Abschluss städtebaulicher Verträge nicht allgemein das Prinzip der Vertragsfreiheit gilt. Die Zulässigkeit des Abschlusses städtebaulicher Verträge und deren inhaltliche Ausgestaltung unterliegen der Bindung an „Gesetz und Recht“ (Art. 20 Abs. 3 GG) (BVerwGE 42, 331 = NJW 1 973, 1895).

Vertragliche Zusagen einer Kommune, einen bestimmten Bebauungsplan aufzustellen, zu ändern oder ein Bebauungsplanverfahren in bestimmter Weise zu fördern, sind unwirksam. Auf die Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder Aufhebung eines Bauleitplans besteht nach § 1 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 8 BauGB kein Anspruch: Die Regelungen stellen ausdrücklich klar, dass derartige Ansprüche auch nicht durch Vertrag begründet werden können und dürfen.

Damit soll eine unzulässige Verkürzung der gemeindlichen Planungshoheit verhindert werden, denn mit dem ergebnisoffenen Verfahren der gerechten Abwägung der durch die Bauleitplanung berührten öffentlichen und privaten Belange gemäß § 1 Abs. 7 BauGB ist eine vertragliche Festlegung auf ein bestimmtes Ergebnis nicht zu vereinbaren (vgl. BGH, NJW 1976, 1745; 1977, 388; 1978, 1802; 1980, 8 26; BVerwG, NJW 1975, 70; 1977, 1979; BVerwG, DÖV 1993, 163; grundlegend dazu: Spannowsky, GewArch 1998, 362; Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB § 11, Rdnr. 131 ff.).

Vertragliche Vereinbarungen, mit denen die Pflicht zur Aufstellung eines Bebauungsplans begründet werden soll oder mit denen bestimmte Inhalte eines Bebauungsplans bereits vorab festgelegt werden sollen, sind gemäß § 59 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 134 BGB nichtig.

Obwohl diese Regelungen jedem Stadtplaner bekannt sind, hat die Bezirksverwaltung Berlin-Mitte jahrelang so verhandelt und eine planungsrechtliche rechtswidrige Behandlung des Grundstücks in Aussicht gestellt. Den Beteiligten war vermutlich bis zur „geleakten Veröffentlichung“ des Entwurfs des städtebaulichen Vertrages gar nicht klar, welche grundlegenden Rechtsfehler gemacht wurden. Erst als der Text öffentlich kritisiert wurde, konnte man die Fehler erkennen, sie wurden aber nicht korrigiert. Stattdessen hat mit im Geist von „Pacta sunt servanda“ an einem Vertragswerk festgehalten, das im Kern „rechtswidrig und nichtig“ ist.

Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz hat trotz Kenntnis des bestehenden Koppelungsverbots am 30. Oktober 2012 dem Senat von Berlin den städtebaulichen Vertrag vorgelegt. Ob die beanstandeten Formulierungen noch in der Endfassung enthalten sind, ist zweitrangig. In jedem Fall wurde die vertragsrechtlich vorbereitete Intention des Grundstückgeschäft und der planungsrechtlichen Vorbereitung umgesetzt – und soll mit der Planauslegung vollzogen und „legalisiert“ werden.

Dennoch hat der Senat hat in seiner Sitzung am 30.10.2012 den städtebaulichen Vertrag zwischen der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, der Abteilung Stadtentwicklung, Bauen, Wirtschaft und Ordnung des Bezirksamtes Mitte von Berlin und der CA Immo GmbH beschlossen. Die Frage ist zu klären, ob dieser Vertrag rechtswidrig und nichtig ist.

Rechtsgeschäftlich war zu diesem Zeitpunkt aber bereits ein Verkauf an die Groth-Gruppe getätigt (s.o.). Die Beteiligten Akteure, Carsten Spallek (CDU), Staatssekretär Christian Gaebler (SPD), Henrik Thomsen (Ex-CA Immo AG, die den städtebaulichen Vertrag vorbereiteten, haben dabei bewußt trotz öffentlich bereits bekannter Kritik ein Vertragswerk entworfen, das im Kern grundgesetzwidrige und nichtige Bestimmungen enthält.

Screenshot: Berliner Woche vom 16.4.2014
Screenshot: Berliner Woche vom 16.4.2014: „Trio illegale“: Carsten Spallek (CDU), Staatssekretär Christian Gaebler (SPD), Henrik Thomsen (Ex-CA Immo AG, plötzlich Groth-Gruppe)

Korruption? Compliance? Clevere Karriereförderung? – Wer hatte die Planungshoheit?

Der im Frühjahr 2014 durch einen Bericht in der Berliner Woche (16.4.2014) bekannt gewordene Wechsel des Managers der CA Immo AG zum begünstigten Investor Groth-Gruppe wirft seitdem ein völlig neues Licht auf das gesamte Planverfahren. Henrik Thomsen war seit seinem Amtsantritt 2008 bei der damalig gerade von der CA Immo AG erworbenen Vivico Real Estate GmbH praktisch an beherrschender Stelle für die Planung des Grundstücksgeschäfts am Mauerpark tätig.

Dazu sollte auch beachtet werden: die CA Immo AG hat eine umfangreichen Corporate Governance Kodex, der das Unternehmen für internationale Geschäfte besonders zertifiztiert. Zitat: „CA Immo bekennt sich nach innen und nach außen gegen jede Form der Korruption und hat hierfür verbindliche Leitsätze definiert („Zero Tolerance“). Über getroffene Maßnahmen zur Bekämpfung von Korruption wird der Aufsichtsrat mindestens einmal jährlich informiert.
Politisch ist auch zu klären: müssen sich Stadträte und Staatssekretäre auch an derartige Grundsätze halten, wenn sie mit Vertretern eines Unternehmens verhandeln, das einen Corporate Governance Kodex hat? Gebietet es nicht die Sorgfaltspflicht, Vertragsangebote von „Insidern“ mit besonderer Vorsicht zu behandeln?

Die Ausgestaltung des städtebaulichen Vertrages mit einer „verbindlichen Schadensersatzdrohung“ für den Fall einer Nichterteilung des Baurechtes ist für sich allein schon gesetzwidrig, und überschreitet grundlegende Rechtsschranken, die städtebaulichen Verträgen enge Grenzen setzen.

Die (rechtswidrige) Schadensersatzdrohung hat eine fatale „baupolitische Lähmung“ bei allen beteiligten politischen Akteuren bewirkt. Die Folge: die Bezirkspolitik in Berlin-Mitte hat faktisch auf ihre Planungshoheit verzichtet, indem sie nicht auf die öffentlichen Vorwürfe reagiert hat, und dem Thema „Verletzung des Koppelungsverbotes“ nachgegangen ist.

Obendrein haben der damalige Stadtentwicklungssenator Michael Müller und seine beiden Staatssekretäre Christian Gaebler (SPD) und Ephraim Gothe (SPD) faktisch ebenfalls auf die Planungshoheit Berlins verzichtet. Aus heutiger Sicht sind auch nicht mehr „mangelnde Rechtskenntnisse“ anzuführen, sondern „politischer Vorsatz“, ein Planverfahren umzusetzen, dessen „Planungshoheit“ praktisch immer in den Geschäftszimmern der CA Immo AG lag.

Für die Berliner Stadtentwicklungspolitik wirft das Plan-Verfahren am Mauerpark in seiner Form und Struktur rechtliche und politische Grundsatzfragen auf:

Kann ein (Ex-)Stadtentwicklungssenator ernsthaft von Bürgerbeteiligung reden, wenn er nicht einmal in der Lage ist, die Grundsätze ordentlicher und rechtlich einwandfreier Bau-Verwaltung umzusetzen, und die Planungshoheit selbst wahrzunehmen?

Haben Sparzwang und Liberalisierung im Baurecht zu einem bedrohlichen Verlust an Sachverstand in der Stadtentwicklungsverwaltung und in der Bezirksverwaltung geführt?

Ist das stadtentwicklungspolitische Selbstverständnis eines ehemaligen Stadtentwicklungssenators an entscheidender Stelle durch immobilienwirtschaftliche Präferenzen in Frage gestellt worden? Erinnert sei daran: Michael Müller hat am selben Tag wie Henrik Thomsen vor dem Auditorium der Friedrich-Ebert-Stiftung geredet. Auch dieser Vortrag ist bei YouTube hochgeladen worden.

Konkret: sind der ehemalige Stadtentwicklungssenator Michael Müller und Henrik Thomsen so etwas wie eine „konzeptionelle Verbindung“ in der Wohnungsbaupolitik eingegangen, die nun Innenstadtverdichtung und Rendite-Zielsetzungen vor stadtentwicklungspolitische Grundsätze des Baurechtes einordnet?

Der Rubikon wurde überschritten:

Mit dem überraschenden Wechsel zum Investor Groth-Gruppe ist auch ein Wechsel der Planentwürfe der Architekten Prof. Dipl. Arch. Carsten Lorenzen APS, Kopenhagen verbunden. Der 2. Preis des städtebaulichen Ideenwettbewerbs (Preisvergabe am 21.02.2011) wurde 2013 durch einen Bauentwurf mit hoher baulicher Dichte ersetzt, ohne dass hierfür eine nach dem Baugesetzbuch vorgesehene Abwägung zugrundelag. In diesem Fall lag die Planungshoheit allein bei der Groth-Gruppe, die sich nicht einen Deut um die seit 2004 laufende Bürgerbeteiligung gekümmert hat.

Städtebaulicher Entwurf Lorenzen-Architekten
Städtebaulicher Entwurf: Prof. Carsten Lorenzen, Kopenhagen (DK), Berlin (DE) – 2. Preis – 21.02.2011
Städtebaulicher Entwurf der Groth-Gruppe 2013 von Lorenzen Architekten
Überraschend präsentiert:
Städtebaulicher Entwurf der Groth-Gruppe 2013 von Lorenzen Architekten

Der Fall „Mauerpark-Bebauung“ hat zudem eine ganz besondere Note, die noch Gegenstand nachfolgenden Fachaufsichtsbeschwerden FAB #2 und FAB #3 sind. Über rund acht lange Jahre (2004-2013) hat man nicht bemerkt, dass die „gewünschte Baufläche“ nördlich des Gleimtunnels praktisch keine in Berlin übliche ausreichende Erschließung hat.
Erst im Jahr 2013 erschloß sich aufgrund der Problematik des Brückenwiderlagers am Gleimtunnel, dass eine Zufahrt des Grundstücks praktisch nicht gegeben ist.

Für den Fall einer juristischen Beanstandung in einem Normenkontrollverfahren ist dies ein „sehr starkes Indiz“, dass man bis 2013 praktisch keinerlei baurechtlich gebotene Abwägungen vorgenommen hat. Stattdessen wird nun eine „erschließungsrechtliche Notreparatur“ an einem „unheilbar fehlgeschlagenen Grundstücksgeschäft“ versucht (Details in FAB #2 und FAB #3 folgen).

Der Rubikon wurde mehrfach und grundlegend überschritten – hier muss die Kommunalaufsicht tätig werden und prüfen, und Schaden von der Stadt abwenden helfen.

Der Verstoß gegen das Koppelungsverbot, illegale wirtschaftliche Koppelungszusagen (Schadensersatz), die Durchstecherei des ehemaligen CA-Immo-Managers Henrik Thomsen und die Verlagerung der Planungshoheit in den „immobilienwirtschaftlichen Raum“ stellen das politische System der Stadtentwicklungsplanung in Berlin und die fachliche Eignung von politischen Verantwortungsträgern grundlegend in Frage.

Die unter dem Schutz des Grundgesetzes (Artikel 28 Absatz 2) stehende Selbstverwaltungsgarantie der Stadt Berlin wurde durch den organisierten Planungsablauf umgangen und ausgehebelt.

Überdies: Der verantwortliche ehemalige Stadtentwicklungssenator Michael Müller hat dem heute Regierenden Bürgermeister Michael Müller ein gravierendes Planungshindernis für alle nächstfolgenden Olympiabewerbungen geschaffen – obwohl schon seine Amtsvorgänger bei der früheren Olympiabewerbung Berlins in der Flächennutzungsplanung Langfrist-Vorsorge getroffen haben.

Die Frage steht im Raum:
Hat der neue Regierende Bürgermeister das „Standing“ eine stadtentwicklungspolitische Fehlentscheidung selbst zu korrigieren, oder muß das im kommunalaufsichtlichen Verfahren erfolgen?

Hinweis:
Die förmliche Fachaufsichtsbeschwerde FAB #1 wird in juristisch kurzer Anschreiben-Form verfaßt und benennt die wichtigen Punkte mit den rechtswidrigen Teilaspekten zum Koppelungsverbot und zur verbotswidrigen Schadensersatzandrohung.
Aufgrund des öffentlichen Interesses und der grundlegenden Rechtsverstösse wird eine Einschaltung der Bezirksaufsicht Senatsverwaltung für Inneres und Sport im Eilfall beantragt, damit diese dringend gebotene Aufsichtsmaßnahmen nach § 13a Abs. 2 AZG vornehmen kann.

Adressaten sind:
– Senatsverwaltung für Inneres und Sport, Bezirksaufsicht
– Bundesminister für Justiz (Kenntnisnahme=
– Bundesminister für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit – BMUB (Kenntnisnahme)
– Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur, Bundesrechnungshof (Kenntnisnahme)
– Landesrechnungshof Berlin (Kenntnisnahme)

Weitere Fachaufsichtsbeschwerde FAB #2 (Planungsrechtliche Beanstandungen) und FAB 3 (Bau- und Erschließungsrechtliche Beanstandungen) folgen noch vor dem im Amtsblatt von Berlin angekündigten Auslegungstermin am 16.2.2015.

Weitere Informationen:

Olympiabahnhof Gesundbrunnen | 18.1.2015 | Pankower Allgemeine Zeitung

2 thoughts on “Mauerpark: Der Rubikon wurde überschritten!

  1. Groth will ja den Spielplatz hinter der Ramlerstrasse 20 erweitern.jertzt
    ackert das Grünfächenamt sämtliche Büsche und auch dicke Bäume ab.
    Denke sie leisten die Vorarbeit für die Bebauung.
    Marion

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