Am 6. März 2015 soll das geplante Gesetz zur Einführung einer Frauenquote im Deutschen Bundestag verabschiedet werden. Der neue Gesetzentwurfe wurde von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) und der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Manuela Schwesig (SPD) erarbeitet.
Vorstellung im Bundesrat
Am 6. Februar 2015 stellte Familienministerin Schwesig den Gesetzentwurf im Bundesrat den Länderministerpräsidenten vor. Das Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst soll nach einer über 30 Jahre währenden Debatte noch im Frühjahr beraten und umgesetzt werden.
Heftige Kritik am Gesetzentwurf zur Frauenquote
Doch der neue Gesetzentwurf wird von Gutachtern, die den Entwurf im Auftrag des Bundestages untersucht haben heftig kritisiert, je sogar regelrecht verrissen, wie es hinter den Kulissen heisst.
„Technisch schlecht“ und „verfassungswidrig“ – so lautet das Urteil gleich mehrerer Experten. Im Fall des Inkraftrtetens werden in der Praxis Rechtsstreitigkeiten befürchtet. Auch drohen aufgrund des Verfahrens Verzögerungen bei der Stellenbesetzung. Eine neu eingeführte „Männerquote“ ereckt auch zusätzliche Zweifel. Hintergrund: u.a bei Grundschullehrern gibt es heute fast kaum männliche Lehrerkollegen.
Überdies: in Teilen steht der Gesetzentwurf auch im Widerspruch zum Europarecht, das besonders auf den Aspekt der Chancengleichheit ausgerichtet ist.
Gleich mehrere Gutachter vertraten dies in ihren Stellungnahmen für die Fachausschüsse des Bundestags, die heute zur Anhörung der Sachverständigen eingeladen hatten. Der bisherige Zeitplan für die Verabschiedung des Gesetzes gerät damit ins Wanken.
Kritik auch aus den großen DAX-Konzernen
Ziel des Gleichstellungsgesetzes ist es, besonders in großen Konzernunternehmen Aufsichtsräte und Führungspositionen mit mehr Frauen zu besetzen. Der Entwurf sieht vor, ab 2016 bei jeder Neuwahl zum Aufsichtsrat sicherstellen, dass mindestens 30 Prozent der Mandate an Frauen gehen.
Rund 3500 mittelgroße Unternehmen sollen sich künftig verbindliche Pläne zur Steigerung des Frauenanteils in Vorständen und Aufsichtsräten verordnen.
Überrall wo Ministerien oder Behörden für die Besetzung von Gremien zuständig sind, sollen von 2016 an mindestens 30 Prozent Frauen entsendet werden. Dieser Anteil soll von 2018 an auf eine den Anteil von 50 Prozent gesteigert werden.
Und bei Stellenbesetzungen in der Verwaltung selbst soll die Mitsprache der Gleichstellungsbeauftragten gestärkt werden. Zudem sollen, je nach Umständen, zum Teil zwingend gleich viele Frauen und Männer zu Vorstellungsgesprächen eingeladen werden. Das alles betrifft nicht nur Führungspositionen, sondern alle Personalentscheidungen im Bundesdienst.
Härtefallklausel für Familienunternehmen
Der Gutacher Torsten von Roetteken, Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht Frankfurt, sieht im Gesetzentwurf auch „rechtlich und politisch falsche Annahme“ verwirklicht. Er sieht es nicht als zwingend an, im öffentliche Sektor geschlechterparitätische Besetzungen von Stellen und Ämtern erreichen zu müssen. Er befürchtet es werde mehr rechtlich fehlerhafte Personalentscheidungen geben und mehr Rechtsstreitigkeiten. Eine Neubesetzung offener Stellen werde so verzögert und erschwert.
Ein Gutachter der Universität München wendete sich gegen die im Entwurf zum Gleichstellungsgesetz vorgesehene neue Männerquote im öffentlichen Dienst, die angewendet werden soll, wenn Männer im jeweiligen Bereich unterrepräsentiert sind. Martin Heidebach nannte diese Form der Männerförderung ist „verfassungswidrig“
Viele rechtliche Einwände aus der Privatwirtschaft
So wird etwa eine Härtefallklausel für Familienunternehmen für zwingend gehalten, damit Familiengesellschafter ihr bestehendes Letztentscheidungsrecht im Aufsichtsrat nicht durch eine Quotenregelung verlieren.
Außerdem werden Ausnahmen für den Fall benötigt, wenn nicht genügend qualifizierte Frauen für freie Positionen zur Verfügung stünden, was in besonderen Industriebereichen zu erwarten ist, etwa Bau- und Schwerindustrie.
Auch die geplante Sanktion des „leeren Stuhls“, wird kritisiert – das ist eine „unzumutbare Aushöhlung der eigentumsrechtlichen Befugnisse der Aktionäre bei der Besetzung der Anteilseignerbank“.
Praxisbezogene Bedenken wurden auch bei fehlender Parität angemerkt: bei drittelparitätischer Mitbestimmung funktioniert eine Frauenquote nicht. Bei Unternehmen mit nur zwei Vorständen können Frauen zudem nur auf nachgeordneten Ebenen ein Amt besetzen.
Schwierigkeiten bei persönlich haftenden Gesellschaftern
Bei gesellschaftsrechtlichen Konstruktionen wie Kommanditgesellschaften auf Aktien (KGaA) kommt eine besondere Problematik zum Tragen. Die Geschäftsführung liegt hier bei den persönlich haftenden Gesellschaftern – nicht beim Vorstand. Ein Eingriff des neuen Quotengesetz in die Eigentümerstruktur ist aber nicht verfassungskonform.
Verlagerung in ausländische Gesellschaftsformen befürchtet
Einer der bedeutsamsten Einwände kam vom Rechtswissenschaftler Marc-Philippe Weller aus Heidelberg. Er unterstützt zwar die Idee, die Quote auch für die Europa AG (SE) mit zu regeln.
Aber basierend auf norwegischer Erfahrungen befürchtet er die „Flucht vor der Mitbestimmung“ durch Umwandlung in eine britische Public Limited Company (PLC), für die das Gleichstellungsgesetz nicht gilt.
Kosten von Gleichbehandlung bei Stellen-Neubesetzungen
Die Quotenregelung führt natürlich zu einem höheren Aufwand bei Stellenbesetzungen. In den Beratungen wurde auch deutlich, dass die Kosten in der Höhe umstritten sind, die bei größeren Gremien auch leicht sechsstellige Beträge erreichen können. Doch hier war keine einheitliche Meinung zu finden. Auf Seiten des Justizministeriums wurden die Zahlen eher heruntergerechnet, während Vertreter von Aktiengesellschaften einen hohen Aufwand beimessen.
30 Jahre Debatte um die Gleichstellung – und nun ein schlechtes Gesetz?
Die Frauenministerin strebt offensichtlich nur eine „Quotenverbesserung“ an, 30% oder 50% – das wird sich nicht so schnell als „Ergebnisgerechtigkeit“ in der Realität der Unternehmen umsetzen. Stattdessen: es wird einen generativen Prozeß geben, bei dem sich in allen Firmen die „Kulturen“ und die „Besetzungspolitik“ ändern müssen.
Der politische Wille sozialdemokratischer Prägung setzt dabei an klassischen Politikmustern an, und steht nun in Gefahr, eine bürokratisches Gesetzes-Monstrum zu schaffen, mit vielen Vorschriften und hunderten Seiten Ausführungsvorschriften auf Dünndruck-Papier. Das Ergebis: Büorkratie – und wenig Effektivität, ein „teurer und schwerfälliger Sozial-Demokratismus“, der obendrein noch Flexibilität in Führungsetagen lähmt.
Gibt es auch eine „sozial-liberale Alternative der Gleichstellungspolitik?
Lehnen wir uns doch einmal zurück! Was soll das Streben nach einer „fiktiven Quotengerechtigkeit?“ Wie wäre es, wenn man das vergebliche Streben nach statistischen „Ergebnis- und Quotengerechtigkeit“ aufgibt, und stattdessen auf eine „transparente Verfahrensgerechtigkeit“ bei allen Neubesetzungen setzt?
Ist es nicht so: die „Biologie“ arbeitet an der Frauenquote mit – denn Unternehmen mit vielen Männern in Führungsetagen geben beim Erreichen der Altersgrenze auch besonders viele mit Männern besetzte Positionen auf.
So wäre doch die moderne sozialliberale und schlanke Form der Gleichberechtigung ab sofort ganz einfach umzusetzen:
„Die Entscheidungsgremien für Stellenneubesetzungen müssen paritätisch zwischen Mann und Frau besetzt werden!“
Juristisch ist die „transparente Verfahrensgerechtigkeit“ der Stellenbesetzung eine elegante und schlanke, verfassungs- und europarechtskonforme Gesetzesformel.
Dazu die einfache Regel: immer wenn es nacheinander zwei Neubesetzungen eines Geschlechts gibt, müssen die nächsten zwei Neubesetzungen komplementär besetzt werden. Auch Ausnahmen sind dann ganz einfach: wenn sich niemand bewirbt – entscheidet trotzdem immer die Mehrheit!