Die „energetische Sanierung“ des Berliner Mietshauses in der Kopenhagener Straße 46 in Prenzlauer Berg ist seit dem Jahr 2011 hoch umstritten. Nachdem die aus 56 Personen bestehende Mietergemeinschaft zum größten Teil entnervt aufgegeben hat, und verdrängt wurde, harren noch einige wenige Mieter aus. Heute kämpft noch die WG 1 im 1OG Vorderhaus mit 3 Erwachsenen und 2 Kindern um ihre wenigen Rechte. Eine der kleinen Wohnungen im 4.OG Gartenhaus ist noch bewohnt, wird jedoch gerade saniert und der Mieter muß unterdes sehen wo er solange unterkommt. Der Mieter im 4.OG Vorderhaus wird seine Wohnung kaufen. Alle anderen BewohnerInnen sind ausgezogen.
Energetische Modernisierung mit 11% auf Miete umgelegt
Die energetische Sanierung in der Kopenhagener Straße 46 hat eine unternehmerische Besonderheit: die Christmann-Gruppe hat im Zuge eine geschäftsmodellübergreifenden Gewinnoptimierung faktisch auch die Bauausführung in Regie durchgeführt, indem abhängige oder verbundene Tochterunternehmen mit der Bauausführung beauftragt wurden. Die Kosten der Wärmedämmung wurden dabei um bis zu 100% gegenüber vergleichbaren Baumaßnahmen verteuert, obwohl dort auch stichprobenweise weißrusssische Bauhelfer mit Niedrigstundensatz tätig waren (O-Ton aus Befragung vor Ort 2012) und Firmenlogos mit Handwerkskammer-Zulassung nicht gesichtet wurden.
Maximale Sanierung – maximale Baukosten – maximale Miete
Inzwischen sind schon ungezählte Rechtsstreite verhandelt wurden, Räumungsklagen wurden abgewiesen, und die aktuelle Lage spitzt sich nun konkret auf die Frage zu, ob für die Wohnung im Millieuschutzgebiet die Preisforderung des Vermieters und Investors, oder aber „Verordnungsmieten“ entsprechend dem Berliner Mietspiegel zu zahlen sind.
– Nettokaltmiete 644,23 €
– Betriebskosten 184,07 E
– Zuschlag fur Einbau einer zentralen 322,11 €
– Gasheizungsanlage Heizkosten 215,80 €
– Zuschlag:Einbau einer zentralen Warmwasserbereitungsanlage mit Solarvakuumanlage 119,98 €
– Zuschlag für Außenwanddammung 245,41 €
– Zuschlag für Dammung der Kellerdecke und der obersten Geschossdecke 51,13 €
– Zuschlag für Einbau von 3-fach-Holz-Isolierglasfenstern und -fensterturen Drehkipp 287.79 €
– Zuschlag für Einbau einer dezentral geregelten Wohnraumlüftungsanlage mit Warmerückgewinnung 263,75 €
– zuzüglich Kosten für Wohnraumbelüftung 10.42 €
– Zuschlag für Einbau neuer Elektrosteigeleitungen und Zentralisierung der Zähler 136.34
– Zuschlag für Einbau einer Videogegensprechanlage 28,96 €
– Zuschlag für Anbau von Balkonständeranlagen in den Höfen 102,67
– Anbau von Aufzugsanlagen am Vorderhaus 258,21
– zuzüglich Kosten für Aufzugsanlagen 58,79
Neue Gesamtmiete 2.927,88 €/Monat
Energetische Sanierung bringt Mieter in Zwanglage
Die KFW-kreditfinanzierte energetische ist eine Lizenz, um Mieter ad Infinitum als „Zinshaus-Bewohner“ zu schröpfen. Weder Einschränkungen zum Milieuschutzgebiet noch Mietpreisbremse noch Mietpreisspiegel haben hier im vorliegenden Fall wirksame Regeln zum Mieterschutz gebracht.
Die Eigentümer-Gruppe zieht eine brutale Sanierungspraxis durch, die weder Politik noch Justiz in den Griff bekommen haben. Fragwürdige Baugenehmigungspraktiken sind zu beklagen. Über ein Jahr war das gesamte Miethaus mit Vorderhaus, Seitenflügeln und Gartenhaus von einer dichten Bauplane eingehüllt worden. Die Mieter wohnten zwangsweise im Folienhaus mit mangelnden Luftaustausch und fehlender sommerlicher Kühlung.
Zahllose fristlose Kündigungen und Räumungsklagen konnten bisher erfolgreich abgewehrt worden. Ein lebensgefährdender Schornsteinabriss, fragwürdige Sanierungs- und Baumaßnahmen und exorbitante Mieterhöhungsforderungen werfen viele Grundsatzfragen des Mietrechts auf.
Verhältnismäßigkeit und Wirtschaftlichkeit
Die energetische Sanieurung hat im konkreten Fall eine kalkulatorische Einsparung von ca 25,-€ Heizkosten pro Monat ergeben. Dem stehen über 1300,- € Mieterhöhung/Monat alleine für umlagefähige „energetische Modernisierungsmassnahmen“ entgegen. Die Umlage von 11% wird dabei auch nach Amortisation der Sanierungskosten weiter zu zahlen sein. Die Mieter werden damit zum Mitinvestor ohne Erwerbsrechte – eine systemwidrige Enteignungspraxis ist die Folge.
Entscheidung der Berufungsinstanz steht bevor
Der Fall ist nun beim Landgericht Berlin gelanet, das entscheidet in der Berufungsinstanz über die zu duldenden Modernisierungsmassnahmen der letzten Mieter in der Kopenhagener Straße 46.
Am Montag den 10.04.2017 ist es um 10 Uhr im des Amtsgerichts Berlin Mitte, Littenstrasse folgt den bisher schon unzähligen Prozessenein weiterer, entscheidender Gerichtsprozess.
Ist eine neue Gesamtmiete 2.927,66 € pro Monat angemssen und durchsetzbar? – Wobei noch weitere ca. 600,-€ Modernisierungskosten für Fahrstuhl und die Zweit-und Drittbalkone dazu kommen!
Der Fall wird nun grundätzlich zwischen Sozialpflichtigkeit des Eigentums, dem Anspruch der Mieter auf Wirtschaftlichkeit und Verhältnismäßigkeit und Mieterschutz auf der einen Seite – und den Eigentumsrechten und Gewinnerzielungsabsichten des Investors eine Lösung finden müssen.
Auch die Bundesgesetzt stehen mit zur Debatte: Mieterrechte und Mietrechtsanpassunsggesetz, Mietpreisbremse und die jeweils geltende ENEV-Gesetzgebung, die faktisch den Mieterschutz aushebelt.
Die von Bundesjustizminister Heiko Maaß (SPD) konzipierte Mietpreisbremse greift offenbar nicht, denn unterliegen die Mieter in dieser Instanz, so werden sie bis zum Auszug aus der Wohnung zahlungspflichtig.
Eine Widerklage würde bis zu drei Jahre bis zu einer Entscheidung dauern – die Mieter wären daher schon vor Beginn eines Verfahrens pleite.
Nächster Gerichtstermin 10.04.2017 um 10 Uhr Raum 3807
Landgericht Berlin | Littenstr. 12 – 16 | 10179 Berlin
Weitere Informationen:
Mieter-Blog: http://kopenhagener.wordpress.com