Die Straßenbahngleise in der Pappelallee werden ausgebessert. Rechtzeitig vor dem Winter werden die Gleise befestigt, Asphaltdecke und Fugen werden neu hergestellt, das Eindringen von Regenwasser in den Gleiskörper wird so verhindert. Keine Chance für Frostangriff und Schlaglochbildung. Wieder einmal ist die Tram nach Wei0ensee unterbrochen – es fährt ein Ersatzbus.
Baumpflegearbeiten und Baumschnitt
Im Bezirksamt hat sich Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung Jens-Holger Kirchner kurzfristig entschlossen, auch Baumschnitt- und Baumpflegearbeiten zu beauftragen, die ab der 40. Kalenderwoche ausgeführt werden.
Der Zeitpunkt wurde wegen der ohnehin erfolgten Tramstilllegung gewählt – die Oberleitung ist stromlos – und für die Baumkletterer besteht keine Stromschlaggefahr.
An 15 Eschen (Fraxinus) und Pappeln (Populus) müssen tote Äste im Schwach- bis Grobastbereich entfernt werden. Zudem ist an zwei Bäumen eine leichte Kronenreduzierung bis etwa 10 Prozent erforderlich.
Diese Maßnahmen dienen der Aufrechterhaltung der Stand- und Bruchsicherheit und wurden im Rahmen der jährlichen visuellen Baumkontrolle festgelegt.
„Diese notwendigen Arbeiten können und müssen wegen der derzeit gegebenen Abschaltung der Oberleitung der Straßenbahn jetzt ausgeführt werden und stehen nicht im Zusammenhang mit der bevorstehenden Baumaßnahme in 2014“, erklärte Jens-Holger Kirchner (Bü90/Grüne), Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung.
Bürgerbeteiligung zum Umbau der Pappelallee
Die Bürgerbeteligung in der Pappelallee begann am 7. März 2013 mit der Auftaktveranstaltung. Die S.T.E.R.N. GmbH ist als Projektsteuerer eingesetzt und betreut das Verfahren.
Zu der Info-Veranstaltung, die den geplanten Umbau der Pappelallee und der Stahlheimer Straße, zwischen Schönhauser Allee und Erich-Weinert-Straße vorbereiteten sollte, gab es regen Zuspruch.
Auf der Info-Veranstaltung in der Aula des Oberstufenzentrums für Bürowirtschaft und Dienstleistungen in der Pappelalleeam fanden sich am 7.3.2013 mehr als 120 interessierte BürgerInnen ein.
Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung, Jens-Holger Kirchner (Grüne) hatte dazu eingeladen. Neben vielen Anwohnern und Gewerbetreibenden waren auch der Leiter des Pankower Tiefbauamts Peter Lexen sowie Vertreter der S.T.E.R.N. GmbH und des beauftragten Planungsbüros Zech-Con anwesend und stellten ihre ersten Pläne und Ideen vor.
Die bisherigen Planungen sehen einen „separaten Angebotsstreifen für Radfahrer“ vor, wie es im feinsten Verkehrsplanungs-Bürokraten-Deutsch heißt und auf der Strasse markiert wird. RadfahrerInnen sind so für den nachfolgenden Verkehr besser sichtbar und fahren sicherer.
Die Tramhaltestellen sind bereits barrierefrei gebaut – und sollen im vorhandenen Zustand bleiben. Nur an der Schönhauser Allee wird eine Haltestelle baulich verändert.
Für parkende Autos soll es Parkbuchten geben. Die neue Pappelallee soll auch eine moderne, einheitliche Straßenbeleuchtung bekommen.
Die Planung ist noch nicht abgeschlossen, nur die wichtigsten Maßnahmen stehen schon fest.
Insgesamt sollen rund 3,5 Mio. € in einem durchgehenden Bauablauf verbaut werden. Nach den Erfahrungen aus der Kastanienallee will man so Kosten sparen und zügiger ablaufen.
Bürgerbeteiligung auch im Netz
Die Planung wird im Rahmen der Bürgerbeteiligung auf der Internetseite des Bezirksamtes Pankow erläutert und in den wichtigen Planungsschritten und Gutachten dargestellt.
Am 18.März 2013 gab es auch ein Novum: eine „Berollung unter dem Gesichtspunkt der Barrierefreiheit.“
Die stellvertretende Vorsitzende der BVV, Ute Schnur, Vertreter von Behindertenverbänden und der Seniorenvertretung sowie Mitarbeiter des Bezirksamtes und Bezirksstadtrat Jens-Holger Kirchner informierten sich dabei über den Zustand der Straße im Bezug auf die Barrierefreiheit. Mögliche Gestaltungsvarianten und die die bauliche Ausführung der Gehwegüberfahrten und Hofeinfahrten wurden erörtert.
Die erste Entwurfsplanung für den Straßenumbau wurde am 29.April ebenfalls in der Aula des Oberstufenzentrums für Bürowirtschaft und Dienstleistungen vorgestellt und ist auf der Internetseite des Bezirksamtes als Datei anzusehen (Pappelallee 130429_Präsentation.pdf ).
Baumbestand zwischen Erhalt und Erneuerung
In der Pappelallee stehen viele Altbäume, vorwiegend Pappeln und Eschen, die in einem unterschiedlichen Zustand sind.
Manche Bäume stehen offensichtlich „zu hoch“ – hier sind vor vielen, vielen Jahren „Pflanzfehler“ passiert, weil die früheren Gärtner den Wurzelansatz der Bäume zu hoch gesetzt hatten.
Aber auch bei späteren Straßenbau-Maßnahmen gab es Fehler: es wurden Bordsteine bis an den Wurzelteller heran verlegt, zudem wurden viel zu kleine Baumscheiben belassen.
Aus der Sicht der Straßenbau-Ingenieure stören die Bäume bei der Trassierung und bei der Herstellung von Regelquerschnitten, die Ideallinien verfolgen müssen. So mancher Baum wird daher einfach „im Weg“ stehen.
Viele Anwohner wünschten sich jedoch schon im Frühjahr einen Erhalt des Baumbestandes, um dem Namen Pappelallee auch in Zukunft gerecht zu werden.
Stadtrat Jens-Holger Kirchner betonte im Frühjahr, das es noch keinen fertigen Entwurf gebe. „Das Jahr 2013 soll für die Planung genutzt werden, und „alle Bürger können ihre Ideen einbringen!“.
Die ins Netz gestellte Entwurfsplanung von Zech-Con Beratende Ingenieure ist jedoch bereits seit April 2013 durchgeplant, und sieht wie eine bereits vollendete Planung aus.
Designstudenten und ihre Ideen
Im Wintersemester 2012/2013 erarbeiteten Designstudenten der Kunsthochschule Weißensee und Studenten der Kulturwissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin gemeinsam mit Planern des Tiefbauamtes Pankow und „S.T.E.R.N. an der Straßenplanung der Pappelallee.
Das Ergebnis und die Erfahrungen im Planungsprozess wurden in einer Dokumentation veröffentlicht, die in einer Auflage von 1.500 Exemplaren als Buch erschienen ist. Auf der Internet-Seite des Projekts sind einige der Gedankengänge, Ideen und Entwürfe nachzulesen: www.stadt-raum-gestaltung.de .
Die Desgnstudenten haben versucht, die als „einförmig, seelenlos und langweilig“ empfundenen „Tiefbauamtsplanungen“ kritisch zu hnterfragen, und haben nach modernen Antworten gesucht.
Die zentrale Idee: „frühzeitige Beteiligung von Designern, Künstlern, Kulturwissenschaftlern und Anwohnern bei der städtischen Straßenbauplanung auf möglichst niedrigschwelliger Ebene.“
Stadtrat Jens-Holger Kirchner griff das Projekt auf, und schrieb ein begeistertes Vorwort: „Lassen Sie sich anstecken, von der Lust an der Gestaltung, lassen Sie sich beeindrucken von den Ideen und inspirieren von den Möglichkeiten.“
In der Dokumentation gibt es eine ganze Reihe guter Ideen und Produktideen, wie der Straßenraum kreativ verändert werden kann: ein neues Design für Ampeln, ein Fahrrad-Service-System, neue Sitzmöglichkeiten und „Instant-Beete“ und Hochbeete als modernen Designmaterialien.
Schwächen des Projektes
Die Designer und Künstler haben sich unter dem Motto „Stadt, Raum, Gestaltung“ dem Thema genähert, und dabei einen berufsfeldbezogenen Ansatz gewählt: Stadtraum mittels designerischen Mitteln neu zu defnieren.
Doch wichtige Aspekte wurden völlig außer Acht gelassen:
– der Stadtbaum als natürliches Element, das auch einen Wurzelraum braucht.
– der Stadtbaum als stadtbildprägendes Element
– der gealterte Baum als lebendiges Wesen, das einem Ort Geschichte und Jahreszeiten schenkt.
Der Straßenraum wird als „Raum für Design“ begriffen, mit neuen ästhetischen Begriffen wie „Schwarmraum“ belegt. Die Veränderung wird selbst zum Ziel. Es entsteht eine Theorie, die Veränderung als neue „Designarbeit“ entstehen lässt.
Die ästhetisch durchaus schön anzusehenden Hochbeete sind jedoch „ahistorisch“ und repräsentieren einen neuen „grünen Utilitarismus“ um Umgang mit Pflanzen. Das künstliche Beet wird zum „urbanen Gärtnern“ stilisiert.
Designstudenten und Kulturwissenschaftler haben sich dabei dem Thema „Stadtraum“ mit ästhetischen und designerischen Mitteln genähert.
Bedeutsame Kritik der Stadtgestaltung wurde allerdings übersehen, etwa eine Auseinandersetzung mit Wolf Jobst Siedlers „gemordeter Stadt“ und der „verordneten Gemütlichkeit“ – die in den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts den Möblierungswahn im öffentlichen Raum kritisierte.
Auch die Auseinandersetzung mit naturnaher Grünflächen-Entwicklung wurde nicht geführt. So wurde der Umstand völlig übersehen: künstliche Beete sind schon in den 80er Jahren als zu teuer und anfällig in der Unterhaltung eingestuft worden, und sind deshalb weitgehend aus dem Berliner Stadtbild verschwunden.
Baumschutz und Tiefbau in einer Zuständigkeit
Die Berliner Baumschutzverordnung soll eigentlich Bäume schützen:
„Wegen der Bedeutung für die Sicherstellung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts, insbesondere zur Erhaltung der Lebensgrundlagen wildlebender Tiere sowie zur Belebung, Gliederung und Pflege des Orts- und Landschaftsbildes, Verbesserung des Stadtklimas und zur Abwehr schädlicher Einwirkungen wird der Baumbestand in Berlin als geschützter Landschaftsbestandteil nach Maßgabe dieser Verordnung geschützt.“
Doch Verwaltungsreformen und Einsparungen beim Personal in den zuständigen Fachämtern haben zu einer Konzentration von Zuständigkeiten geführt. Die Abteilung Stadtentwicklung vertritt heute Tiefbau- und Grün- und Landschaftsplanung – und muss zugleich „kostensparende Strategien“ für den Straßenumbau entwickeln.
Schnellwüchsige Bäume, die einen tendenziell höheren Aufwand bei Baumpflege und Rückschnitt verursachen, werden da leicht gegen pflegeleichte Neupflanzungen aufgerechnet.
Auch einzelne Baumarten geraten schnell in Verruf, obwohl sie auf der neuesten Straßenbaumliste der Gartenamtsleiterkonferenz als geeignet oder „geeignet m.E.“ geführt werden.
Populus berolinensis, die klassische Berliner Lorbeerpyramidenpappel, sollte nicht zur Disposition gestellt werden, nur weil sie im Alter Wurzelausläufer bildet. Bei ausreichender Wasserversorgung bleibt dieser Baum im geplanten Wurzelraum.
Überdies hat der „Vorhabenträger“ durch die Vergabe des Baumgutachtens „Gutachterliche Stellungnahme zur Erhaltenswürdigkeit von Straßenbäumen durch S.T.E.R.N. seinen gestalterischen Veränderungsanspruch indirekt implementiert. Es wird allein nach „technisch-utilitaristischen Gesichtspunkten“ begutachtet. Das „Visual Tree Assessment“ (VTA-Methode) ist zudem an Sicherheits- und Haftungsvorsorge_Kriterien ausgerichtet: nicht der Baum, sondern Fußgänger sollen vor herabfallenden Ästen und umstürzenden Bäumen geschützt werden.
Mit Baumschutz im ureigenen Sinn hat diese Begutachtung nichts im Sinn – das wird bei einer Bürgerbeteiligung aus Laiensicht leicht übersehen.
Der Vorhabenträger übergeht dabei die Berliner Baumschutzverordnung, eine Stellungnahme zu den Auswirkungen auf das Stadtbild fehlt – und bislang ist das niemanden sonderlich aufgefallen.
Der für den Baumschutz zuständige Stadtat Dr. Torsten Kühne hat sich bislang bei der bevorstehenden Umplanung der Pappelallee noch nicht zu Wort gemeldet.
Im Planungsverfahren fehlt daher bislang ein zuständiger Akteur, der das „Bewahren“ und den den Wert alter Bäume fachlich vertritt.
Öffentliche Baumbegutachtung am 19.10.2013
Am 19. Oktober 2013 gibt es eine öffentliche Straßenbaumbegutachtung, zu der Baustadtrat Jens-Holger Kirchnern noch öffentlich einladen wird.
Als erster Treffpunkt ist die Kita in der Stahlheimer Straße vorgesehen, um den den nördlichen Teil der Pappelallee ab 10 Uhr zu begehen.
Der südliche Teil der Pappelallee soll gegen 13 Uhr beäugt und begutachtet werden. Zweiter Treffpunkt ist das Oberstufenzentrum für Bürowirtschaft und Dienstleistungen.
Stadtrat Jens-Holger Kirchner (Bündnis 90/ Grüne) möchte 51 der 61 bis zu 50 Jahre alten Straßenbäume beseitigen lassen, zum Großteil Eschen und Pappeln.
Seine Präferenzen hat Kirchner auch schon öffentlich gemacht: erhält viele Bäume für „stark geschädigt, zum Teil nicht mehr standsicher. „Und sie haben mit ihren Wurzeln die Straße und Bürgersteige beschädigt“.
Die Berliner Zeitung hat Kirchners Voreingenommenheit dokumentiert:
Vor allem auf die Pappel ist der Grünen-Stadtrat schlecht zu sprechen. „Die ist als Straßenbaum wegen ihres aggressiven Wurzelwerks völlig ungeeignet.“ Blieben die Bäume stehen, werde es in ein, zwei Jahren wieder Probleme mit den Bürgersteigen geben. „Dafür gebe ich nicht drei Millionen Euro für den Straßenumbau aus.“
Weitere Informationen:
Umgestaltung Pappelallee – Bürgerbeteiligung