Die städtebauliche Voruntersuchung zum Stadtquartier Thälmannpark wurde in der vergangenen Woche am 31.10.2013 auch im BVV-Ausschuss für Stadtentwicklung und Grünanlagen behandelt.
Stadtrat Jens-Holger Kirchner wies zu Beginn darauf hin, das es sich bei der Präsentation der Ergebnisse der Voruntersuchung um ein „Zwischenergebnis“ handelt.
Gleichzeitig bedauerte er die kurzfristige Absage der Anwohnerinitiative Thälmannpark, die einen für den 30.10.2013 avisierten Vorbesprechungstermin kurzfristig abgesagt hatte.
Ursprünglich war geplant, diese Vorbesprechung zu nutzen, um die Ablauf und Terminlage des weiteren Planverfahrens und die Einberufung eines zweiten Workshops zu verabreden.
Markus Seng, Vertreter der Anwohnerinitiative sagte dazu: „Wir hatten keine Zeit!“.
Contance Constance Cremer stellte die seit dem 21.10.2013 auch im Internet veröffentlichte Präsentation der „Voruntersuchung Thälmannpark – Öffentliche Präsentation der Zwischenergebnisse“ nun auch den Aussschußmitgliedern vor.
Zentraler Punkt ist das planerisch entwickelte Leitbild für das Stadtquartier Thälmannpark, das die weitere Entwicklung bestimmen soll:
Das Leitbild sieht drei Zielaspekte vor:
– ein „Generationengerechtes Quartier“
– Zeitgemäß leben – Geschichte erfahren
– Grüne Insel im Häusermeer.
Damit sind wichtige Weichenstellungen vorgeschlagen, die die weitere Entwicklung bestimmen sollen: Grünflächen bleiben erhalten, bzw. werden sogar durch Einbeziehung der künftigen Flächen entlang des Bahngeländes ausgeweitet. Die historisch Bezugnahme auf die Baugeschichte, der Erhalt des Thälmann-Denkmals und die künftige Durchwegung des Quartiers für Radfahrer und Fußgänger wird vorstrukturiert, wobei die Detailausprägung erst im weiteren Verlauf von Planungen erfolgen soll.
Die Entwicklungsziele für das Quartier Thälmannpark wurden in 5 Punkten skizziert:
1. Stärkung der Identität des Ortes
2. Vernetzung von – Infrastruktureinrichtungen -Freiräumen innerhalb und außerhalb -Wegebeziehungen innen und nach außen
3. Weitestgehender Erhalt des städtebaulichen Ensembles
4. Qualifizierung kommunaler Aspekte und Flächen
5. Umnutzung ehemaliger Bahnflächen
6. Erschließung von mittel- und langfristigen Wohnungsbaupotenzialen im Bezirk
Überraschend stellte sich als Ergebnis der Voruntersuchung heraus, das es sich bei den Bahngelände zu einem großen Teil um „planfestgestellte Eisenbahnflächen“ handelt. Die wird für künftige Planungen und Investitionserwartungen noch ein enormes rechtliches und zeitliches Hindernis sein. Insbesondere für die beiden Investoren Willo Göpel und Christian Gérôme dürfte das eine unangenehme Überraschung sein. Beide verließen nach der Präsentation von Frau Cremer wortlos die Veranstaltung.
Frau Cremer führt noch die weiteren Detailergebnisse der Voruntersuchung aus, die in der Präsentation auch öffentlich nachlesbar sind. Wichtiger, weil strittiger Aspekt: die „Potentialflächen für Wohnungsbau“ wurden noch einmal vorgestellt. Es handelt sich dabei um landeseigene Flächen im Bereich der Lili-Lenoch-Strasse, die heute noch Parkplatzflächen sind. Für die Parkplätze soll an anderer Stelle Ersatz geschaffen werden.
Nächste Verfahrensschritte
Stadtrat Jens-Holger Kirchner bekundete die Absicht, ab 1. Dezember eine öffentliche Auslegung der Zwischenergebnisse der Voruntersuchung anzusteuern, und eine Beteiligung der “Träger öffentlicher Belange“ einleiten zu wollen.
Hintergrund: die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt stellt zu diesem Zeitpunkt ihren neuen Stadtentwicklungsplan Wohnen zusammen. Und hier ist Pankow in der Pflicht, seine mittelfristig geplanten Wohnungsbauflächen auszuweisen, um dafür auch entsprechende Programme und Mittel in Anspruch nehmen zu können.
Seitend der Anwohnerinitiative ergriffen drei Vertreter das Wort, und beklagten, das bislang noch kein Termin für einen 2. Workshop festgelegt wurde, obwohl dieser öffentlich zugesagt war.
Stadtrat Kirchner erwiderte, das er eben diese Termininierung gern auf dem Vorgesprächstermin besprochen hätte, der jedoch kurzfristig von der Anwohnerinitiative abgesagt worden war.
Für den Beobachter stellte sich das Verhalten der Anwohnerinitiative als „Spiel auf Zeit“ dar – das nun auch noch durch die weitere Entwicklung überholt wurde.
Ursprünglich war geplant, im 2. Workshop über die Erweiterungsflächen des ehemaligen Güterbahnhofs an der Greifswalder Straße mit dem Gelände des Zementwerks und dem angrenzenden Grünflächen bis hin zum Anton-Saefkow-Park zu sprechen, und auch die dortigen Anwohner einzubeziehen.
Inzwischen hat die STATTBAU Stadtentwicklungsgesellschaft mbH auch für diese Flächen einen erweiterten Untersuchungsauftrag, der die Fläche zwischen Anton-Saefkow-Straße, Bahngelände und Kniprodestrasse umfasst.
Stadtrat Kirchner bekräftigte seine Absicht, einen 2. Workshop durchzuführen und sagte eine neue Verabredung mit der Anwohnerinitiative Thälmannpark zu.
Kritik und Konfliktpunkt Wohnungsneubau
Die Kritik der Anwohner-Initiative richtet sich insbesondere gegen den geplanten Wohnungsbau. Stadtrat Kirchner hob hervor, das es in einem solchen Planverfahren immer auch Konfliktpunkte gebe. Kirchner sah auch zwischen den Wünschen der Anwohner und den Zwischenergebnissen der Voruntersuchung der Stattbau GmbH keine großen Differenzen. Kirchner weiter: „Konträre Ansichten bestünden lediglich in der Frage, ob die sogenannten “Erweiterungsflächen” für den Wohnungsbau freigegeben werden sollen.
Der Bezirksverordnete Dr. Michail Nelken (Linksfraktion) übte Kritik. Er bemängelte, es solle nur der “Stattbau”-Plan ausgelegt werden, nicht aber die Planungsvorschläge der Anwohner-Initiative. Er bekräftigte: “Ich hätte es mir gewünscht, dass beide Pläne nebeneinander gelegt werden und dann darüber diskutiert wird.”
Kommentar
Die Anwohnerinitiative Thälmannpark repräsentiert, zählt man die Teilnehmer der letzten Versammlung, rund 11% der 2.500 Anwohner im Thälmannpark. Leider haben deren Vertreter bis heute nicht verstanden, wie eine städtebauliche Voruntersuchung läuft. Statt konkrete Wünsche und Vorschläge zu unterbreiten, wird in der Art eines „Sozialplanverfahrens“ immer wieder neu „Gesprächsbedarf“ angemahnt und Zeit vergeudet.
Die Möglichkeit, in einem solchen Verfahren auch Vorschläge einzubringen wird nicht genutzt. Stattdessen schaltet man eine eigene „Wünsch-Dir-Was“ Internetseite mit unrealistischen und unfinanzierbaren Traumvorstellungen.
Für die Anwohner wird suggeriert, man erreiche etwas, tatsächlich wurde „Beteiligungs-Zeit“ verschwendet, und die Anwohner wurden abgehalten, weitere konstruktive Vorschläge und Wünsche auszudenken. Einiges ist deshalb auch unterlassen und „vergessen“ worden.
STATTBAU wurde damit beauftragt, Vorschläge zusammenzutragen, und zu einem in räumliche Dimension und in Planungsschritte übersetzbare Struktur zu verwandeln. Dabei hat STATTBAU sogar schon viel erreicht. Das Leitbild ist auf einer breiten Beteiligung und eines öffentlichen Workshops entwickelt worden.
Es ist aus einer Zusammenfassung der gesammelten Ideen und Gedanken entwickelt worden. Und noch immer ist es möglich, weitere Ideen einzubringen.
Natürlich wurden auch „Baupotentiale“ erfaßt, weil ein Eigentümer, in diesem Fall das Land Berlin, seine stadtweiten, übergeordneten wohnungspolitische Zielsetzungen verfolgt.
Auch Dr. Michail Nelken scheint nicht verstehen zu wollen: in einer „Voruntersuchung“ werden zunächst Bestandsdaten, vorhandene Planungsabsichten der im Stadtquartier vorhandenen „Rechtsträger“ und eben auch die Interessen der Anlieger und Anwohner ermittelt. All dies ist in der Voruntersuchung geschehen.
Die Vertreter der Anwohnerinitiative haben sich mit ihrer vorsätzlichen Termin-Verschiebung vor der Stadtplanungsausschuß-Sitzung und ihrem Versuch einer „politischen Aufladung“ des Planungsverfahrens keinen Gefallen getan. Wichtige Zeit wurde mit Formalien vertan. Der Versuch, den engen Terminplan bis Dezember 2013 zu torpedieren ist wohl gescheitert, auch wenn nochmals am 5.11.2013 ein neuer Versuch in der BVV unternommen wird. Wertvolle Zeit für eine Vorbereitung eines 2. Workshops wurde vertan.
Fehlende fachliche Professionalität seitens der Anwohnerinitiative Thälmannpark macht auch fraglich, ob diese überhaupt andere BürgerInnen in der Grünen Stadt und am Anton-Saefkow-Park mitvertreten kann.
Selektive Wahrnehmung und fehlende Kritikfähigkeit der Anwohnerinitiative lassen sich übrigens auch feststellen, weil sie ihren Mitgliedern nur eine geschönte Presseschau anbietet, und sich dabei wie eine alte „Kreisleitung der SED“ verhält.
Hier sollte Stadtrat Kirchner einmal deutlich machen, das es Unterschiede zwischen einer „politischen Planung“ und „politischen Majorisierung im Planverfahren“ und einer „offenen Bürgerbeteiligung“ gibt:
Es ist schon merkwürdig, wenn die Anwohnerinitiative wichtige Themen wie „Nahversorgungsqualität“ und etwa „Seniorenfreizeit“ unberücksichtigt läßt. Auch zur Verkehrsgestaltung wurde bislang so gut wie nichts gesagt, wo es doch im Stadtquartier gute Voraussetzungen gibt, um Durchgangsverkehr zu vermeiden, und auch ein Modell von „Shared-Space“ zu prüfen, in dem Fußgänger, Rad- und Autofahrer gleichberechtigt das Straßenland nutzen.
Der 2. Workshop sollte daher auch andere BürgerInnen aus Pankow und vor allem der Grünen Stadt ansprechen und einladen, damit etwas frischerer Wind in das Planverfahren kommt. m/s
Weitere Informationen:
Neue Zukunft für den Thälmannpark – 26. 02. 2013 – Pankower Allgemeine Zeitung
1. Öffentlicher Workshop “Thälmannpark” – 10. 06. 2013 – Pankower Allgemeine Zeitung
Thälmann thront gelassen am 15. Juni 2013 – 15. 06. 2013 – Pankower Allgemeine Zeitung
Bezirksamtsgelände Fröbelstraße wird Zukunftsprojekt – 5. 08. 2013 – Pankower Allgemeine Zeitung
Voruntersuchung „Thälmannpark“ am 16.10.2013 – 9. 10. 2013 – Pankower Allgemeine Zeitung
Teddyzweinull: Thälmann wird operiert – 24. 09. 2013 – Pankower Allgemeine Zeitung
Bürgerbeteiligung unterm Kranarm – 22. 10. 2013 – Pankower Allgemeine Zeitung