Freitag, 29. März 2024
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haben fertig!

Tsipras & Varoufakis
haben fertig!

Griechischer Ministerpräsident Alexis Tsipras

Ministerpräsident Alexis Tsipras und sein Finanzminister Yanis Varoufakis haben sich nicht nur verzockt, nun haben sie auch fertig! Statt einer auf Problemlösung angelegten Strategie wurden akute politisch-ideologische Bedürfnisse befriedigt und Symbolpolitik gemacht. Jetzt steht die festen Front von 18 EU-Finanzministern gegen den einen griechischen Amtskollegen.

Griechischer Ministerpräsident Alexis Tsipras
Griechischer Ministerpräsident Alexis Tsipras schwer unter Druck

Verwechslung von Spieltheorie, Finanz- und Wirtschaftspolitik

Tsipras und Varoufakis haben sich völlig falsch aufgestellt, weder ihrem Land, noch den Landsleuten, noch Europa noch einer europäischen Linken einen Dienst erwiesen. Statt einen vorsichtigen Start zu planen, mit Maßnahmen zur Eindämmung der Kapitalflucht und mit vertrauensbildenden Maßnahmen für das Investitionsklima, haben beide eine von pubertären Energien, Rachegefühlen und ideologischen Taschenspielertricks geleitete Politik gestartet.

Schon Tsipras Rhetorik war verdreht: „Höchste Priorität habe für seine Regierung aber die Heilung jener Wunden, die die Hilfspakete und die damit verbundene Sparpolitik den Griechen zugefügt hätten.“ Die Mischung aus Ideologie, Egomanie und versuchter „Schuldlastumkehr“ wurde in Europa aber nicht als Beleidigung aufgefasst, stattdessen wurden ernste Zweifel geweckt, ob die griechische Führung noch bei klaren Verstand ist.

Auch die Dreistigkeit, ohne Zahlen und Konzept zu einer EU-Finanzministerkonferenz zu reisen, und in letzter Minute eine bereits abgestimmte Schlußerklärung platzen zu lassen, weckt Zweifel, ob die „Spieler aus Athen“ noch zurechnungsfähig sind.

Verschärfte Griechenland-Krise

Inzwischen ist klar, die Griechenland-Krise hat sich nach dem Amtsantritt der neuen linken Regierung noch verschärft. Die schlechte Zahlungsmoral der griechischen Steuerzahler reißt zu Jahresbeginn ein Milliarden-Loch in die Staatskasse. Mit 3,49 Milliarden Euro blieben die Steuereinnahmen im Januar rund eine Milliarde hinter den Vorgaben der Regierung zurück, wie aus veröffentlichten Daten des Finanzministeriums hervorgeht. Offenbar hatten viele Griechen in Erwartung eines linken Wahlsieges am 25. Januar Steuerzahlungen zurückgehalten. Es zeigt: in Griechenland stehen Politik, Moral und Realität auf dem Kopf!

Insbesondere die neue Immobiliensteuer ist vielen Einwohnern ein Dorn im Auge. Die neue Regierung des linken Ministerpräsidenten Alexis Tsipras hatte angekündigt, diese durch eine Abgabe auf Luxuswohnungen und Villen zu ersetzen. Aber vorerst muß noch die unter der Vorgänger-Regierung beschlossene alte Steuer eingezogen werden.

Steuermoral nach politischer Wetterlage – das ist auch eine Besonderheit der griechischen Krisen-Folklore, die nun auch noch die linke Regierung an den Rand des Scheitern führen wird.

Griechenlands Finanzminister Yanis Varoufakis
Griechenlands Finanzminister Yanis Varoufakis – Artist in der Zirkuskuppel ratlos?

Ablehnung der Verlängerung der Griechenland-Hilfen ist Wahnsinn

Der gestrige gesichtswahrende Kompromißvorschlag der EU-Finanzministerkonferenz, eine „Brückenfinanzierung für Griechenland“ zu verhandeln, wobei das laufende Hilfsprogramm möglichst verlängert werden sollte, war schon ein Signal des Entgegenkommens.
Auch war vereinbart worden, „sich das bestehende Hilfsprogramm noch mal anzuschauen, Veränderungen zu vereinbaren und auf dieser Basis einen Verlängerungsantrag der griechischen Regierung zu ermöglichen“.

Doch Tsipras wies Varoufakis an, die Vereinbarung platzen zu lassen. Dazu wurde heute auch den EU-Experten verweigert, in Athen an diesem Donnerstag und Freitag die aktuellen Defizit- und Wachstumszahlen unter die Lupe nehmen.

Damit wird auch das nächste geplanten Treffen der Euro-Gruppe am kommenden Montag belastet, und vermutlich wieder ohne eine konkret belastbare Bilanz verhandelt werden müssen.

Bedrohliche Nachrichten aus Bankenkreisen

Mit den neuen Einnahmeausfällen wird die Finanzlage der griechischen Regierung noch viel prekärer. Es sind nur noch wenige Tage bis Monatsende, um sich bis zum 28. februar mit den internationalen Geldgebern über die Modalitäten weiterer Rettungshilfen zu einigen. Danach droht dem seit Jahren von EU und Internationalem Währungsfonds (IWF) finanziell über Wasser gehaltenen Land die Staatspleite.

Die griechischen Sparer ziehen inzwischen weiter Geld von den Konten ab, und in der griechischen Presse ist die Rede davon, dass nun wöchentlich 5 Milliarden Euro abgezogen werden.
Die griechischen Banken geraten nun in extreme Liquiditätsnot – und die bereits vor einer Woche von der EZB auf 60 Milliarden €
EZB erhöhte ELA-Notkredit-Rahmen für griechische Banken musste nun akut auf 65 Milliarden Euro aufgestockt werden. Das bringt aber praktisch nur noch eine Woche zusätzlichen Zeitgewinn.

Der Rat der Europäischen Zentralbank hat diese Maßnahme am Donnerstag in einer Telefonkonferenz beschlossen, es zeigt, wie kritsch inzwischen die Lage ist.

Da sich die greichischen Banken auf dem Interbankenmarkt kaum noch frisches Geld beschaffen können, sind sie auf die Ela-Hilfen der Athener Zentralbank angewiesen, die vom EZB-Rat genehmigt werden müssen.

Am kommenden Montag wird es nun zum Showdown kommen, und alle Karten müssen auf den Tisch gelegt werden. Angela Merkel hat bereits ihren für die beiden griechischen Machos schwer zu verdauenden Schachzug getan. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat im Schuldenstreit mit Griechenland Kompromissbereitschaft signalisiert:

„Europa ist darauf ausgerichtet, und das ist auch der Erfolg Europas, einen Kompromiss zu finden“, sagte sie.

Bundesbankpräsident bleibt hart

Bundesbank-Präsident Jens Weidmann lehnt dagegen die von der griechischen Regierung geforderten Lockerungen des Rettungsprogramms ab. „Griechenland wird weiter Hilfe brauchen, aber Hilfe kann es nur geben, wenn die Vereinbarungen eingehalten werden“, sagte Weidmann laut vorab verteiltem Redetext in London. Ohnehin würden weitere Erleichterungen beim Schuldendienst die Liquidität im Land kaum erhöhen, weil die Zinsen bereits sehr niedrig und die Laufzeiten sehr lang seien.

Streitpunkt bleibt auch die Höhe des Primärüberschuß, der im griechischen Schuldendrama eine wichtige Rolle spielt, weil er als Bedingung für mögliche weitere Hilfen der internationalen Geldgeber gilt. 2013 hatte Athen erstmals seit zehn Jahren wieder einen Primärüberschuss erreicht. Einschließlich der Zinsen, die auf die aufgenommenen Schulden zu zahlen sind, klafft aber weiter ein enormes Loch im Etat. Der Primärüberschuss ist dennoch wichtig, weil er auch anzeigt, wie Griechenland zum Beispiel bei der Kontrolle der Kosten für den Staatsapparat vorankommt.

Blendet man die riesigen Zinszahlungen aus, sprang unter dem Strich zwar ein kleiner Überschuss von 443 Millionen Euro heraus, geplant war aber ein so genannter Primärüberschuss von 1,366 Milliarden Euro für 2014.

Der griechische Schuldenstand und die in 2015 fälligen Rückzahlungen und Zinszahlen haben ein erdrückendes Niveau erreicht. Die Grafik der Frankfurter Allgemeine Zeitung zeigt die Aufteilung der in diesem Jahr fälligen 21 Mrd. Euro, für die am kommenden Montag eine Lösung gefunden werden muß.

Griechenlands Schulden 2015
Griechenlands Schulden 2015 – Quelle: Commerzbank nach PDMA, Europäische Kommission, IWF, Eurobank / FAZ-Grafik Brocker

Griechenlands Griechischer Ministerpräsident Alexis Tsipras und sein Finanzminister Yanis Varoufakis haben bislang kein Konzept vorlegen können, und nun wird die verbleibende Zeit äußerst knapp. Die Putzfrauen und armen Rentner sind es sicher nicht, die ihre Gelder abheben – und außer Landes bringen. Die Not verschäft sich von Tag zu Tag.

Tsipras und Varoufakis haben fertig, ihr gesamtes Pulver ist schon verschossen. Rettung kann nur noch von Europa kommen. Das Geld ist schon da – und wenn die Bürger sich steuerehrlich machen wollen, dann sollten sie auch nach Europa auswandern, dort wo jedes Land ein funktionierendes Regierungs- und Steuersystem hat.

Die griechische Linke kann dann ungestört nach den Ursachen in Griechenland suchen, weshalb ein weltweiter Finanzkapitalsmus entstehen konnte. Kleiner Tip: es hat mit Verschwendung, Korruption, Staatsschulden, Steueroasen und Staatsanleihen zu tun.

Weitere Informationen:

Die geschätzte Redaktion des Bürgerverein Gleimviertel e.V. hat den letzten Beitrag „Verzockt! Ideologieproduktion am Ende!“ vom
6.2.2015 kommentiert. „Verzockt“ 7.2.2015.

Das ist für sich schon interessant, und erfreulich, weil Meinungsunterschiede fruchtbar sein können.

Nun wurde jedoch ein Kommentar eingestellt, der auf Basis der Erkenntnisse „politischer Spieltheorie“ am 6.2.2015 so etwas wie einen „Weissagungscharakter“ aufweist, aber leider noch nicht freigeschaltet wurde.

Im Interesse des wichtigen „Griechenland-Themas“ möchte ich den Text hier gern dokumentieren (siehe Screenshot).

Kommentar www.gleimviertel.de
Kommentar www.gleimviertel.de – noch nicht freigeschaltet am 12.2.2015 – 20:33

Natürlich wird das nicht ohne Hintergedanken getan, denn die Suche nach ökonomischen Lösungsmustern und -ideen geht uns alle in Europa an. Die Diskussion sollte deshalb belebt werden, und nicht mit Folklore, Ideologie und Liebhaberei bemäntelt werden.

Außerdem soll eine Debatte in Gang kommen! Spätestens bei diesem geplanten Beitrag:

Verdammte Europäer! – “Unboxing Europa!” – mögliche Auswege aus der Krise

m/s

One thought on “Tsipras & Varoufakis<br> haben fertig!

  1. Hallo Herr Springer

    Die Wertschätzung für Ihr Online-Zeitung gilt auch meinerseits. Deshalb bin ich schon verwundert, dass Sie sich in der Argumentation hinsichtlich der Griechenland-Krise sehr dem allgemeinen Nachrichtenmainstream angenähert haben. Auch über Ihre Wortwahl wie:“pubertäre(n) Energien, Rachegefühle(n) und ideologische(n) Taschenspielertricks bin ich nicht besonders glücklich. Man könnte das auch auf die Überschrift:…“haben fertig“ beziehen, fehlt nur noch „Flaschen leer“.
    Die Zahlen und Fakten, die sie anführen, kenne ich größtenteils und die sind ja auch Second Hand.
    Diskussion, gerne – ich bin da völlig unbedarft.
    Warten wir doch erst mal den nächsten Montag ab.

    Beste Grüße
    Hartmut Dold

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