Blickt man vom Arkenberge nach Westen und Südwesten, so ist viel Grün zu sehen. Schon wenige Meter von der höchsten Erhebung in Pankow beginnt der Landschaftsraum des Tegeler Fließtals, der zum Naturpark Barnim gehört. Hier werden zwei Teilbereiche des wertvollen Naturraums unter Naturschutz gestellt, die an den Nachbarbezirk Reinickendorf grenzen. Das Verfahren zur Unterschutzstellung gemäß § 27 Berliner Naturschutzgesetz sieht eine Neufassung die bereits geltender Schutzverordnungen vor.
Damit sollen künftig die nach § 32 Abs. 3 Bundesnaturschutzgesetz erforderlichen Regelungen zum Schutz des Gebietes nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie und der Vogelschutzrichtlinie der Europäischen Union (Tegeler Fließtal) erfüllt werden. Die Flächen gehören zum länderübergreifenden Naturpark Barnim und sind im europaweites Netz der Schutzgebiete NATURA 2000 aufgeführt.
Im Berliner Teil finden sich zwölf Lebensraumtypen und sechs Tierarten, die nach der FFH-Richtlinie unter Schutz stehen, außerdem neun Arten der EU-Vogelschutz-Richtlinie.
Für den Bezirk Pankow betrifft dies die Naturschutzgebiete entlang dem Tegeler Fließ. In den vergangenen Monaten hat die Behördenbeteiligung stattgefunden. Nunmehr beginnt die Phase der Bürgerbeteiligung. Zu diesem Zweck werden die Verordnungsentwürfe öffentlich ausgelegt.
Europaweites Netz der Schutzgebiete NATURA 2000
Natura 2000 ist ein zusammenhängendes Netz von Schutzgebieten innerhalb der Europäischen Union, das seit 1992 nach den Maßgaben der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (Richtlinie 92/43/EWG, kurz FFH-Richtlinie) errichtet wird. Sein Zweck ist der länderübergreifende Schutz gefährdeter wildlebender heimischer Pflanzen- und Tierarten und ihrer natürlichen Lebensräume. In das Schutzgebietsnetz werden auch die gemäß der Vogelschutzrichtlinie (Richtlinie 79/409/EWG) ausgewiesenen Gebiete integriert.
Das Natura-2000-Netzwerk der EU umfasste 2013 mehr als 18 % der Landfläche und mehr als 7 % der Meeresfläche der Europäischen Union.
Artenreiches Kalktuff-Gelände
Kalkhaltige Quellen und Kalktuffe trifft man sonst nur im Gebirge. Im Tegeler Fließtal entstanden nacheiszeitliche Kalkbinsen-Sümpfe. Kalktuff (auch Quellkalk, Quelltuff und Bachtuff genannt), ist ein noch junges, poröses, sogenanntes sekundäres Sediment, das nach chemischer Kohlensäure-Lösungsverwitterung und Ausfällung erneut sedimentiert wurde. Die Ablagerung von Kalk (CaCO3) als Kalktuff entsteht vornehmlich hinter kalten Schichtquellen, wenn kalkhaltiges Wasser über Moosteppiche, Algenteppiche oder Kolonien von Cyanobakterien fließt, und eine größere Kalkmenge ausfällent. Die Organismen entziehen für ihre Assimilation (Photosynthese) dem Wasser Kohlenstoffdioxid. Durch den Entzug von Kohlenstoffdioxid steigt der pH-Wert des Wassers und damit sinkt die Löslichkeit von Kalk, der Kalk fällt aus. Kalksedimente können mit Raten von 0,01 mm/Jahr bei anorganischer und bis zu 20 mm/Jahr bei organisch mitinduzierter Ausfällung wachsen.
Der ausgefällte Kalk legt sich zunächst als feinkristalline Kruste um alles relativ ruhende Kleinmaterial (Sand, Steinchen, Zweige, Blätter, Farne, Moose, Algenschleim, etc.). Nach und nach baut sich eine Kalktuff-Schichtung auf, die zuerst noch feucht und von bröseliger Konsistenz ist. Nach und nach wachsen mächtige Gebilden, so genannten „Kalktuffbarren“ heran, die eine durch die Geländeformation und Fließverhalten umgrenzte Lagerstätte bilden. Eine Untersuchung der Humboldt-Universität (FG Bodenkunde) vom Mai 2015 hat das Gebiet aktuell beschrieben.
Viele gefährdete Moosarten haben hier einen Lebensraum gefunden. 50 Gehäuseschneckenarten kommen vor, darunter die äußerst seltene und nur etwa zwei Millimeter große Bauchige Windelschnecke.
Außerhalb der Sümpfe gedeihen in der Niederung blütenreiche Feucht- und Frischwiesengesellschaften. In nährstoffarmen Bereichen sind zahlreiche seltene Pflanzenarten wie Pracht-Nelke oder Teufelsabbiss anzutreffen, unter nährstoffreicheren Bedingungen gedeihen Sumpf-Dotterblume, Wiesen-Knöterich aber auch einige Wiesenorchideen. Auf kleinen herausragenden Sandkuppen haben sich Sandtrockenrasen entwickelt.
Artenreiche Niedermoor-Wiesen
Die Niedermoor-Wiesen liegen am nördlichen Stadtrand zwischen Blankenfelde und Lübars.
„Die Landschaft des Tegeler Fließtales wird durch Röhrichte, Altarme, feuchte Wiesen, Erlen-Bruchwald und Gewässer geprägt. Auf den höher gelegenen Flächen sind Wiesen und Weiden sowie Hecken und sortenreiche Altobstanlagen Bestandteile des Naturschutzgebietes. Es repräsentiert einen beispielhaften Ausschnitt der regionaltypischen Kulturlandschaft.“ (SenStadtUm)
Am Köppchensee kann der Besucher Wasservögel beobachten. Auch Fischotter und Wasserspitzmaus finden geeigneten Lebensraum.
Seit 1990 unterstützen ehrenamtliche Naturschützer der NABU-Bezirksgruppe Pankow die Naturschutz- und Forstbehörden bei der Umsetzung der Pflege- und Entwicklungspläne im Naturschutzgebiet Niedermoorwiesen am Tegeler Fließ: Hecken pflanzen, Kopfweiden beschneiden, Reisighecken auffüllen, die hölzernen Wegebegrenzungen reparieren, Müll sammeln und Kleinbiotope pflegen.
Der Erhalt von Resten ehemaliger Obstplantagen der Berliner Stadtgüter aus den 1950er Jahren ist dabei eine ganz besondere Aufgabe und die Apfelernte der jährliche Höhepunkt unseres Arbeitsjahres.
Verfahren und Auslegung
Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt ist die zuständige Natuschutzbehörde. Die beiden neuen Verordnungsentwürfe werden öffentlich ausgelegt. Alle Bürger sind in der Zeit vom 18.7. – 17.8. 2016 aufgerufen, sich aktiv an diesem Prozess zu beteiligen.
Montag bis Freitag: 10:00 bis 18:00 Uhr und nach telefonischer Vereinbarung:
Tel.: 030 9025-1036
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt | Am Köllnischen Park 3 | 10179 Berlin
Weitere Informationen:
Schutzgebiete – Aktuelle Verfahren zur Unterschutzstellung
Verordnung über das Naturschutzgebiet „Kalktuffgelände am Tegeler Fließ“
im Bezirk Pankow von Berlin – Link
Schutzgebiete – Aktuelle Verfahren zur Unterschutzstellung
Verordnung über das Naturschutzgebiet „Niedermoorwiesen am Tegeler Fließ“
im Bezirk Pankow von Berlin – Link