„Ein arrivierter Zoologe entdeckt bei Experimenten zufällig einen eigenartigen „Lebensstrahl“, der stark wachstumsbeschleunigend wirkt. Der rote Strahl sorgt zunächst für katzengroße Frösche im Labor, dann soll er eingesetzt werden, um den Hunger auf Moskaus Straßen zu bekämpfen.“
Doch statt zu Massenspeisungen mit riesigen, leckeren Hühnereiern kommt es zu alptraumhaften Szenen, als auf einmal eine Armee mutierter Riesenechsen vor den Toren der Stadt steht … .
Michail Bulgakow entwirft in „Die verfluchten Eier“ eine bizarre Zukunftsvision (die Erzählung spielt im Jahr 1928) und lässt Riesenechsen vor Moskau erscheinen!
Die absurde Geschichte – verboten!
Professor Pfirsichow, an der Moskauer Universität eine echte Institution auf dem Gebiet der Zoologie, macht bei seinen Forschungen eine zufällige Entdeckung: einen »roten Strahl«, der auf alles, was von ihm bestrahlt wird, eine enorm wachstumsbeschleunigende Wirkung zu haben scheint.
Angesichts katzengroßer Frösche im Labor bleibt der bahnbrechende Fund nicht lange im Verborgenen: Schon bald entwendet man Pfirsichow seine Gerätschaften und der noch unerprobte Strahl wird fahrlässig eingesetzt: Denn statt der eigentlich vorgesehenen Hühnereier, die mit seiner Hilfe vergrößert und gegen den Hunger auf Moskaus Straßen verwendet werden sollen, lässt ein ebenso skrupel- wie ahnungsloser Funktionär große Mengen Reptilieneier bestrahlen …
Während Stalin im Machtgefüge der Sowjetunion unaufhaltsam aufstieg, entwarf der dem späteren Diktator verhasste Schriftsteller eine bizarre Zukunftsvision (die Erzählung spielt im Jahr 1928), in der ein vermeintlicher »Lebensstrahl« schauderhafte Folgen hat und eine Armee riesenhaft mutierter Schlangen und Echsen Moskau bedroht.
Das Urteil des einflussreichen ZK-Mitglieds Leo Kamenew dazu: »Es handelt sich um eine ätzende Attacke auf unsere gegenwärtigen Verhältnisse und kommt auf keinen Fall für eine Veröffentlichung in Betracht.«
Über den Autor Michail Bulgakow
Michail Afanassjewitsch Bulgakow wurde in Kiew geboren (1891–1940) und wurde erst lange nach seinem Tod berühmt. Er gilt als einer der großen Satiriker der russischen Literatur. Seine Spezialität: groteske Darstellungen des Alltagslebens in der jungen Sowjetunion, mit oftmals fantastischen oder absurden Zügen. Seit Gogol war dies in der russischsprachigen Literatur eine typische Art, um Gesellschaftskritik zu üben.
Seine wichtigsten Werke durften zu seinen Lebzeiten nicht erscheinen. Sein Weltklassiker „Der Meister und Margarita“, an dem er die letzten zwölf Jahre vor seinem Tod geschrieben hatte, erschien in zensierter Fassung – in der UdSSR erst 1966/67.
Es ist das bekannteste Werk Bulgakows, eine satirisch-groteske Aufnahme des Faustmotivs, eine Reise durch die Zeiten – das als einer der besten Romane des 20. Jahrhunderts gilt.
„Das hündische Herz“ stellte Bulgakow schon 1925 fertig, erscheinen konnte der Roman in Moskau erst 1987. Noch zu seinen Lebzeiten erschienen 1925 „Die verfluchten Eier“, das erst 1987 vollständig veröffentlicht wurde.
Alexander Nitzberg – der große Übersetzer
Die Neuübersetzung des Autors wurde durch den Galiani Verlag ermöglicht, der am 4. September 2014 den dritten Band von Bulgakows Werken veröffentlicht hat. Zu verdanken ist die neue Übersetzung Alexander Nitzberg, dem es gelingt, den gesamten Reichtum der Sprache des russischen Jahrhundertautors Bulgakow zur Geltung zu bringen.
Alexander Nitzberg gehört zu den wichtigsten Übersetzern u. a. aus dem Russischen. Er hat mit seinen Gedichten und Übertragungen russischer und englischer Klassiker wie Daniil Charms und Edmund Spenser auf sich aufmerksam gemacht und sorgte zuletzt mit seinen Bulgakow-Neuübersetzungen für Furore. 2013 erhielt er den Jane-Scatcherd-Übersetzerpreis. Alexander Nitzberg lebt in Wien.
Die Literaturkritik lobt seine Arbeit geradezu überschwänglich, etwa zum Roman „Meister und Margarita“:
»Sensationell! Kongenial!« Felicitas von Lovenberg – »Umwerfend komisch!« Ijoma Mangold
»Ein großer und wichtiger Übersetzer!« Denis Scheck – »Auf hochpoetische Weise neu übersetzt.« FAZ
»Nitzbergs Übersetzung ist mehr als ein neues sprachliches Kleid. Hier liegt die Revision eines Klassikers vor.« NDR
Schon die Pressestimmen zu „Das hündische Herz“, übersetzt von Alexander Nitzberg, waren begeistert:
»Binnenreime, herrlich rhythmisierte Sätze, Alliterationen und Assonanzen, der Reichtum dieser polyphonen Prosa wird erst in dieser Übersetzung zum Erlebnis. Sie verlangt geradezu danach, laut gelesen zu werden.« Süddeutsche Zeitung
»Die Konsonanten knirschen, die Vokale folgen in den Sätzen ausgeklügelten Reihen, als hätte man es mit einem Prosagedicht zu tun. Dieser Schlüsseltext ist, Nitzberg sei Dank, endlich in seiner ganzen, skandalösen Modernität ungeschmälert genießbar.« Der Standard
Zum dritten Mal hat sich Alexander Nitzberg nun einen Bulgakow vorgenommen und ihn spektakulär neu übersetzt, ein beinahe vergessenes kleines Meisterwerk präsentiert:
„Die verfluchten Eier“ – eine skurrile und bitterböse Satire aus dem Jahr 1925, ein Buch, das Witz und Galle spuckt. Auch hier ist die Kritik begeistert:
»Diese neue Übersetzung ist viel besser! Ich fand die Dialoge viel lustiger, wirklich sehr witzig.« Elke Heidenreich
»Ich bin vom Stuhl gefallen. Ein Buch, das auf diese Weise das Bild des Neuen Menschen so vernichtend darstellt – das ist ungeheuerlich.« Rüdiger Safranski
Großer Bulgakow-Abend in der Volksbühne
In dieser Woche werden die neuen Bulgakow-Übersetzungen mit „regelrechten Bulgakow-Festspielen in Berlin“ gefeiert. Spielorte sind der BOOKS-Pavillon und die Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz.
Heute steht der große Bulgakow-Abend im großen Saal der Volksbühne Berlin auf dem Programm: am Freitag, den 26. September lesen fünf Berliner Autorinnen Bulgakow.
Marion Brasch, Alina Bronsky, Jenny Erpenbeck, Felicitas Hoppe und Katja Lange-Müller. Lesend und im Gespräch sind zudem zu Gast: Alexander Nitzberg. Die Moderation übernimmt: Jürgen Kuttner. Musik kommt passend zum Abend von der Bolschewistischen Kurkapelle Schwarz-Rot.
Großer Bulgakow-Abend in der Volksbühne
Freitag, 26. September 2014, 20 Uhr
Tickets: 12, ermäßigt 8 €
Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, Großes Haus | Linienstraße 227 | 10178 Berlin-Mitte | www.volksbuehne-berlin.de
Literaturhinweis:
Michail Bulgakow: Die verfluchten Eier
Verlag Galiani Berlin
Aus dem Russischen neu übersetzt und kommentiert von Alexander Nitzberg
144 Seiten, Halbleinen; 16,99 € | ISBN 978-3-86971-092-1
Weitere Veranstaltung:
BOOKS: 24. – 30.9. Bulgakow-Pavillon an der Volksbühne Berlin mit Veranstaltungen und Ausstellung