Wohnen wird immer teurer in Berlin – das Bauen auch? Dieser interessanten Frage wird in einer Reihe von Beiträgen in der Pankower Allgemeine Zeitung nachgespürt, die bis zum 11. November 2015 hinter die Kulissen der Bau- und Wohnungswirtschaft blicken. Hintergrund: an diesem Tag trifft sich in Berlin die deutsche Bauwirtschaft zum 4. Bauwirtschaftstag 2015.
Es ist ein guter Anlaß, um den wahren Kostentreibern in der Bau- und Wohnungswirtschaft auf die Spur zu kommen.
Bundesvereinigung Bauwirtschaft – der leistungsfähige Mittelstand
Die Bundesvereinigung Bauwirtschaft wird von den zwölf Spitzenverbänden des Deutschen Bau- und Ausbauhandwerks getragen. Sie repräsentiert damit den größten Wirtschaftsbereich in Deutschland, der übrigens weitgehend mittelständisch geprägt ist. Dazu gehören etwa rund 300.000 von Inhabern geführte, mittelständischen Unternehmen mit ihren 2,5 Mio. Beschäftigten. Die Mitgliedsbetriebe erbringen mit ihren hunderttausenden Arbeits- und Ausbildungsplätzen fast 80 % der Leistung der gesamten bauausführenden Wirtschaft in Deutschland.
Der Bundesinnungsverband des Gebäudereiniger-Handwerks e.V. und der Bundesverband Gerüstbau e.V. zählen zu den Mitgliedern, dazu der Bundesinnungsverband Tischler Schreiner Deutschland, der Bundesverband Metall – Vereinigung Deutscher Metallhandwerke und der Bundesverband Rollladen + Sonnenschutz e.V. – sowie die große Gemeinschaft des Deutscher Holzfertigbau-Verband e.V..,
Daneben sind der Bundesverband Farbe Gestaltung Bautenschutz, der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes e.V. , der Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks e.V. und der Zentralverband Raum und Ausstattung und der Zentralverband Sanitär Heizung Klima tragende Mitglieder der Bundesvereinigung Bauwirtschaft.
Diese Bundesvereinigung Bauwirtschaft ist damit eine kompetente und starke bundesweite Vertretung bauwirtschaftlicher Gesamtinteressen, die auch sozialversicherungspflichtige Beschäftigung und Bautariflöhne sichern.
Leistungsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit als Preisfaktoren
Die mittelständische Bauwirtschaft ist durch scharfen Wettbewerb geprägt, deshalb setzen die Erkenntnisse auch scharfe Standards bei der Preisfindung. In Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen e.V. aus Kiel hat die Bundesvereinigung Bauwirtschaft eine aktuelle Baukosten-Übersicht zusammengestellt. Die Baukosten-Übersicht vergleicht die Kosten für Rohbau und Ausbau, sowie die Gesamtkosten, einschließlich Baunebenkosten.
Preistreiber Klimaschutz
Diese Baukosten-Übersicht basiert auf einer Modellrechnung für einen „Optimierten Wohnungsbau“, die 2014 erstellt wurde, und auf Basis bekannter Preisniveaus den Standard EnEV 2014 für einen Neubau ab 2016 berechnet.
Zum Vergleich wurden Baukosten für einen Standard EnEV 2009 gegengerechnet. Ziel war es, die abehbaren Kostensteigerungen durch die Verschärfung der Energieeinsparungsverordnung abzubilden.
Das interessante Ergebnis sei vorweg genommen: die Realisierung der EnEV 2014 lässt die Baukosten für ein Haus mit 12 Wohnungen in innerstädtischer Lage auf 1.400 € pro Quadratmeter steigen. Im Gegensatz dazu stehen zu Kosten für Rohbau und Ausbau in Höhe von 1.334 €/m² für einen Standard nach EnEV 2009, wenn dieser alternativ im Jahr 2016 realisiert wird.
Hohe Baunebenkosten
Interessant wird es, wenn man die nicht unmittelbar notwendigen Kosten für Baustellenlogistik, Außenanlage, Aufzug, Tiefgarage
Keller und Baunebenkosten ergänzt: die Baukosten steigen dann auf 2.400 € pro Quadratmeter Wohnfläche.
Die Zahlen aus der Studie „Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen e.V., Optimierter Wohnungsbau, Untersuchung und Umsetzungsbetrachtung zum bautechnisch und kostenoptimerten Mietwohnungsbau in Deutschland 2014“ stellen derzeit so etwas wie eine gültige bauwoirtschaftliche Meßlatte dar.
Die hohen Baunebenkosten von 400 € betreffen vor allem Grundstückskosten und Grunderwerbskosten.
Verschobenes Verhältnis von Rohbau- zu Ausbaukosten
Besonders interessant: im Preisvergleich zwischen den Jahren 2000 und 2014 hat sich der Wert von Rohbaukosten zu Ausbaukosten erheblich verändert. Hatte der Rohbau im Jahr 2000 noch etwa 53,7% Anteil an den Baukosten (Ausbau 46,3%), so liegen 2014 die Kosten des Ausbaus mit 54,1 % (Rohbau 45,9%) vorn. Der Grund liegt in der veränderten Aussstattung der Häuser, die aufgrund veränderter EnEV-Anforderungen und Anforderungen an die Energieeffizienz gestellt werden.
Die von der Bundesvereinigung Bauwirtschaft veröffentlichten Zahlen sind jedoch „bauwirtschaftliche Gestehungskosten“, quasi der Einkaufspreis für Bauträger, Wohnungsbauinvestoren und Wohnungsunternehmen. Die tatsächliche Lage bei den „wohnungswirtschaftlichen Kosten“ und „Immobilienpreisen“ ist jedoch viel dramatischer, weil es seit dem Jahr 2000 eine regelrechte Preisexplosion gegeben hat.
Höhepunkt der Kostendiskussion im Wohnungsbau in Berlin erwartet
Der 4. Deutsche Bauwirtschaftstag findet in Verbindung mit dem 8. Deutschen Obermeistertag am 10. und 11. November 2015 in Berlin statt. Die Tagung findet zu einem wichtigen Zeitpunkt statt, denn Wohnungswirtschaft und Mieterverbände machen gemeinsam eine ganze Reihe von kostensteigernden Faktoren aus, die das Wohnen in Deutschland zu teuer machen. Vor allem im überhitzten Berliner Immobilienmarkt wird der Kongreß schon mit Spannung erwartet.
In der Berliner Politik und in der Immobilien- und Wohnungswirtschaft mehren sich die Anzeichen, dass man sich dem Thema „Kosten“ und „Kosten des Wohnens“ noch intensiver als bisher beschäftigt.
Fortsetzung folgt:
Baukosten / Wohnkosten
– die nackte Wahrheit #2:
Die Wohnungswirtschaft schlägt Alarm – wie Baupreise explodieren
Weitere Informationen:
Bundesvereinigung Bauwirtschaft: Baukosten – Link