Von Michael Springer
Emmanuel Jean-Michel Frédéric Macron, Staatspräsident der Französischen Republik und in diesem Amt zugleich auch Kofürst von Andorra, ist für drei Tage zu Besuch in Berlin.
Zum Auftakt wird er auch das Demokratiefest zum 75. Jahrestag des Grundgesetzes in Berlin besuchen. Es folgen politische Gespräche und ein Staatsbankett im Schloss Bellevue mit Bundespräsident Frank Walter Steinmeier.
Der französische Präsident wird heute mit militärischen Ehren begrüßt. — Am kommenden Dienstag beginnen dann die deutsch-französischen Regierungsgespräche auf Schloss Meseberg.
Der Ukrainekrieg und die Stärkung der europäischen militärischen Sicherheit stehen ganz oben auf der Tagesordnung.
Angesichts der ausufernden russischen hybriden Operationen gegen Europa und angesichts einer zum Völkermordkrieg ausgeuferten „Spezialoperation“ des russischen Präsidenten Wladimir Putin, muss eine nachdrückliche und wirksame Antwort gefunden werden.
Abschreckung: neue Bedingungen für Verhandlungen schaffen
Die nukleare Abschreckung muss vor allen anderen militärischen und diplomatischen Schritten erneuert, und in einer erweiterten NATO neu institutionalisiert werden.
Durch die NATO-Westintegration der ehemaligen Staaten des Warschauer Paktes, und durch den Beitritt von Schweden und Finnland, muss der sogenannte Bündnisfall nach Artikel 5 des Nordatlantikvertrags heute erweitert und modernisiert werden.
Da es eine große Einigkeit gibt, keine neue europäische Atommacht aufzubauen, müssen bisherige militärische Fähigkeiten der Atomstreitkräfte und der sogenannten Nuklearen Teilhabe besser genutzt, und nachdrücklicher organisiert werden.
- auf französischer Seite sind dies die Atom-U-Boote der Triomphant-Klasse (SNLE-NG (Sous-Marin Nucléaire Lanceur d’Engins de Nouvelle Génération).
- dazu sind überschallschnelle ASMPA-Mittelstrecken-Luft-Boden-Lenkwaffen von Kampfflugzeugen Dassault Rafale einsetzbar.
- die Bundesrepublik Deutschland verfügt über das „Taktische Luftwaffengeschwader 33“ in Büchel, das mit Tornado-Kampfflugzeugen insgesamt 20 US-Atombomben vom Typ B61-12 mit je 50.000 Tonnen Sprengkraft einsetzen kann.
- weitere etwa 130 Atombomben sind in Italien, die Türkei, Belgien, die Niederlande stationiert.
Frankreich verfolgt bisher eine Politik der Minimalabschreckung, die bei einem gegnerischen Staat »inakzeptablen Schaden« zufügen kann. Frankreichs Kernwaffen richten sich daher nicht gegen die zahlreichen Nuklearstreitkräfte eines potentiellen Kontrahenten wie Russland, sondern gegen dessen »politische, wirtschaftliche und militärische Nervenzentren«. Auch die Atombomben aus dem Paket der nuklearen Teilhabe eignen sich nur bedingt für Angriffe auf gegnerische Zentren.
Sie sind aber eine „Zweitschlags-Garantie“ und können „vernichtende Zweitschläge“ gegen St. Petersburg und Moskau führen, die letztlich die wichtigen Zentren der russischen Welt auslöschen.
Putins Russland — ein „Ober-Wolga“ im Weltmacht-Wahn
Der frühere Bundeskanzler Helmut Schmidt nannte die UdSSR einst „Obervolta mit Atomraketen.“ Heute ist Putins Russland militärisch in seinen Kapazitäten geschwächt, und politisch in Teil-Republiken und Regionen zersplittert. — Das vom Weltmacht-Wahn getriebene Kernland ist heute — nach über 501.190 toten Soldaten und Söldnern — und nach Auslöschung fast der ganzen alten Generalität — nur noch ein „Ober-Wolga“ mit Atomraketen.
Putin ist kein legitimer Präsident mehr, sondern ein Völkermörder und Kriegsverbrecher, der durch eine Scheinwahl erneut an die Staatsspitze gelangt ist. Die Oligarchie ist durch mindestens 12 überraschende Tode von Konzernchefs gelähmt. Lediglich Angst, die verbleibenden „Silowiki“, die dem Innenministerium und dem FSB unterstehen, und das Militär halten noch das imperiale Machtgefüge zusammen. — Eine für die Welt positive Staaten-Vision existiert nicht.
Putins Bild von der „russischen Welt“ ist eine ideologische und rassistische Fieberwahn-Vision, die das Vielvölker-Imperium Russische Föderation politisch und ethnisch zerreißt — und zivilisatorisch zerstört.
Nukleare Abschreckung wirkt nach Außen und nach Innen
Die nukleare Abschreckung der NATO insgesamt steht, und bleibt mit der US-Strategie des „Prompt Global Strike“ auch sehr glaubwürdig und wirksam — in Militärkreisen und vor allem beim Gegner Russland und seiner Führung. Patrouillierende Atombomber vom Typ B-52 und in Großbritannien stationierte B1 Bomber sind dabei schon mehrfach in den nun 823 Tagen des Ukraine-Krieges aktiv geworden, und haben „wirksame Show-of Force“ gezeigt! — Nur wurde dies nicht in den europäischen Abendnachrichten gezeigt und verbreitet.
Putins Desinformationskampagnen und seine vom Geheimdienst-Denken gestriebenen hybriden Angriffe können so ihre Wirkung entfalten, und die europäische Bevölkerung, Amtsträger und ganze Regierungen psychologisch in „Angst und vermeintlichen Zugzwang“ versetzen.
Putins Strategie der Eskalation und Eskalations-Dominanz beruht aber allein auf der Annahme, die NATO und Europa wären nicht genügend handlungsfähig – und hätten keinen Willen zur Abschreckung.
Und so können Putins hybride Angriffe und Desinformationskampagnen ihre beabsichtigte Wirkung zum Teil entfalten: europäischen Regierungen und den Bürgerinnen und Bürgern Angst zu machen, und nach und nach eine andere Willensbildung bei der Verteidigung der Ukraine unterschieben.
Genau diese „Innenwirkung“ der hybriden Kriegsführung muss durch eine erneuerte und reorganisierte Abschreckung erschwert und unmöglich gemacht werden! — Wer keine Angst bekommt, und abschreckt, lädt Gegner auch nicht zu Angriffsversuchen und hybriden Angriffsmethoden ein!
Strategie: direkte Vergeltung und vernichtender Zweitschlag
Die moderne und zeitgemäße Form der Abschreckung muss auch mit automatischen Echtzeit-Systemen funktionieren können. Der Einsatz taktischer Atomwaffen muss daher direkt mit dem Einsatz taktischer Atomwaffen beantwortet werden können!
Primäre Ziele in Russland sind St. Peterburg und Moskau, und einige wichtige militärische Zentren.
Einer Bedrohung einzelner EU-Hauptstädte durch hybriden und tatsächliche Angriffe, muss durch eine veränderte und modernisierte NATO-Kommandostruktur begegnet werden. Auch die sog. „nukleare Teilhabe“ muss auf eine breitere Basis gestellt werden.
Die seit 1949 bestehende NATO-Bündnisgarantie muss glaubwürdig auf die neuen NATO-Partner ausgeweitet werden. Dazu reicht es aus, auf U-Booten Waffensystem-Offiziere aus Schweden, Finnland, Polen und Rumänien und Bulgarien auszubilden, und im Krisenfall (im Rotationsverfahren) zu stationieren.
Im Ernstfall kann der Befehl zum Waffeneinsatz für einen Zweitschlag an die jeweiligen Waffensystem-Offiziere delegiert werden. Die Kommandohoheit des U-Boot-Kapitäns bleibt unberührt und muss nur eine Einsatzregeln für den Zweitschlag erneuern.
NATO-Pilotenausbildung und „Doomsday-Kommandos“
Deutschland und Frankreich sollten sofort und zeitnah mit der Pilotenausbildung beginnen, und auch Piloten aus Schweden, Finnland, Polen und den baltischen Staaten für die „nukleare Teilhabe“ fit machen.
Deutschland könnte dabei sein Arsenal mit Polen teilen, und zugleich mit dem Beginn einer Ausbildung für ukrainische Kampfpiloten ein ernstes Signal an Moskau senden, wie zum Sicherheitsregime des Budapester Memorandums zurück gekehrt werden kann.
NATO-Doomsday-Kommandos wären ein ernsthaftes Stopp-Signal für die russische Führung, und ein wichtiges Signal für die europäische Bevölkerung, sich gegen Angst und Schrecken zu wappnen.
Der politische Willen zur Abschreckung ist unabdingbar, um Frieden als Option zu erhalten!
Tatsächlich kann eine erneuerte und modernisierte nukleare Abschreckung ein wichtiger neuer Schritt werden, um einen lang andauernden Krieg zu beenden, und Russland zum Abzug aus der Ukraine zu bewegen.