Mikroplastik ist nicht nur ein Umweltproblem, das Flüsse, Seen und Weltmeere betrifft. Es ist auch ein Gesundheitsproblem, denn feinste Mikroplastik-Partikel sind auch in Mineralwasser zu finden. Das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt Münsterland-Emscher-Lippe (CVUA-MEL) hat in Kooperation mit der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster ein Untersuchungsprojekt ins Leben gerufen, das Besorgnis erregende Erkenntnisse gewonnen hat. Dazu wurde eine neue Untersuchungsmethode mit Hilfe der Berliner Firma rap.ID Particle Systems GmbH erstellt, die ein Partikelidentifizierungsgerät entwickelt hat.
Mineralwässer aus Mehrweg- und Einwegflaschen wurden untersucht
In der Studie wurden Mineralwässer in Einweg- und Mehrweg-PET-Flaschen, in Glasflaschen und in Getränkepackungen untersucht. Es wurden Mineralwässer aus 22 verschiedenen Mehrwegflaschen und Einwegflaschen aus PET untersucht, 3 Getränkekartons und 9 verschiedenen Glasflaschen. Dabei wurde in allen Verpackungsarten Mikroplastik im kleinen (50-500 µm) und sehr kleinen (1-50 µm) Größenbereich gefunden. Ca. 80 % aller identifizierten Partikel gehörten dem kleinsten untersuchten Größenbereich von 5-20 µm an (siehe Abb. 1 rechts). Dieser Größenbereich kann bisher nur mit der hier verwendeten Raman-Mikrospektroskopie abgedeckt werden.
Mikroplastik aus PET-Flaschen nachgewiesen
In allen Proben wurden Mikroplastikpartikel nachgewiesen. In Mehrwegflaschen beträgt er 118 ± 88 Mikroplastikpartikel/L (MPP/L). In Einwegflaschen wurden lediglich 14 ± 14 MPP/L und in Getränkekartons sogar nur 11 ± 8 MPP/L gefunden. Im Gegensatz zu den Mehrwegflaschen unterscheiden sich diese Gehalte damit statistisch nicht signifikant von den Blindwerten (14 ± 13 MPP/L). Überraschend war der hohe Mikroplastikgehalt einiger Glasflaschen, wobei innerhalb der Bestimmungen z.T. erhebliche Schwankungen festgestellt wurden.
Die meisten der in den PET-Mehrwegflaschen gefundenen Partikel wurden als Polyethylenterephthalat (PET, 84 %) und Polypropylen (PP; 7 %) identifiziert (siehe Abb. 2 links). Die Mehrwegflaschen sind aus PET hergestellt und die Deckel aus PP. Im Wasser der Einwegflaschen wurden nur sehr wenige PET Partikel gefunden. Im Wasser der Getränkekartons und Glasflaschen wurden weitere Polymere wie Polyethylene und Polyolefine gefunden. Getränkekartons sind mit Polyethylenfolien beschichtet und die Polypropylen-Deckel mit Lubrikanzien behandelt. Das deutet darauf hin, dass die Verpackungen selbst Polymerpartikel abgeben.
Latente Gesundheitsgefahr?
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) geht bisher von einer geringen zusätzlichen Gesamtbelastung aus, die durch das aufgenommene Mikroplastik aus Fisch, Meeresfrüchten und Meersalz entsteht. Die zusätzliche Belastung aus anderen Quellen ist noch unzureichend erforscht. Eine wissenschaftlich umfassende Risikoanalyse im Sinne des vorbeugenden gesundheitlichen Verbraucherschutzes gibt es aber bisher nicht.
Mikroplastik birgt die Gefahr für Lebewesen, mit Nahrung verwechselt zu werden. Mikroplastik wird von Vögeln, Fischen, Schildkröten, Säugetieren und Wirbellosen aufgenommen. Über Plankton absorbiert ist auch eine Anreicherung in der Nahrungskette möglich, die Gesundheit und Vitalität beeiträchtigen.
Mikroplastik ist auch ein langlebiges Transportvehikel für pathogene Mikroorganismen oder invasive Arten (z.B. Algen) und für Schadstoffe.
Aufgrund der unpolaren Eigenschaft können sich POPs (persistent organic pollutants, Schadstoffe wie PCBs oder Dioxine) an Mikroplastik anreichern und somit nach dessen Aufnahme zu einer Anreicherung im Organismus führen. Selbst wenn die Plastikteilchen wieder ausgeschieden werden, könnten die Schadstoffe im Organismus verbleiben. Mikroplastikpartikel können auch Entzündungsprozesse im Gewebe bewirken.
Weiterer Forschungsbedarf und Umweltvorsorgekonzept
Die Untersuchung des CVUA-MEL weist auf weiteren Forschungsbedarf hin, weil sich herausstellt, dass Kunststoffverpackungen ebenfalls Mikroplastikpartikel emittieren können, die direkt vom Verbraucher aufgenommen werden. Weitergehende Forschung und Analysen sollten insbesondere für in Plastik verpackte Nahrungsmittel in dem unteren Mikrometerbereich <50 µm erfolgen. Im Umweltschutz und in der Umweltvorsorge fehlt bisher ein umfassendes Konzept zum Schutz vor synthetischen Polymeren, die Wasserhaushalt und Biosphäre belasten. Das Umweltbundesamt arbeitet an einem grundlegenden Konzept: Mikroplastik: Entwicklung eines Umweltbewertungskonzept.
Vor allem Getränkehersteller müssen nach den vorliegenden Ergebnissen sensibilisiert sein, und ihre internen Produktionsketten, Verpackungsmaterialien sowie Deckelverschlüsse auf Mikroplastik-Abrieb untersuchen.
Weitere Informationen:
Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt Münsterland-Emscher-Lippe (CVUA-MEL):
Mikroplastik in Mineralwasser