Mittwoch, 06. November 2024
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Schnee & Glätte – auf eigene Gefahr!

Schneetag in Berlin am 10.12.2012

Überraschend, wie jedes Jahr, hat es am Wochenende geschneit. Gut 10 Zentimeter sind auf die Hauptstadt herabgeschneit. Im Jahr 1 des novellierten Strassenreinigungsgesetzes mit neuen Bestimmungen zur Schnee- und Glättebeseitigung, befindet die Stadt sich nun wieder im Ausnahmezustand zwischen sicheren und unsicheren Gehwegen. Für Anwohner, Fußgänger und vor allem für Ältere und Gehbehinderte heißt es wieder „Betreten der Gehwege auf eigene Gefahr!“

Schneetag in Berlin am 10.12.2012
Schneetag in Berlin am 10.12.2012

Wohin man auch blickt – es gibt viele Gehwege und Grundstücke, auf denen unzureichend oder aber garnicht geräumt wurde. Inzwischen überfriert der tagsüber angetaute Matsch – und in der Nacht zum 11.12.2012 ist Eisbildung angesagt. Die Zustände werden sich nun insbesondere auf den mangelhaft und schlecht geräumten Gehwegflächen wieder verschärfen.
Kaum ein Schneebeseitungsunternehmen ist personell darauf eingerichtet, vereiste Gehwege nachzuräumen – und nun droht schon zu Beginn eines noch langen Winters Eisgefahr!

Schnee - einmal geräumt war nicht genug!
Schnee – einmal geräumt war nicht genug!
Baustelle - zu schnal für Schneeräummaschinen
Baustelle – zu schnal für Schneeräummaschinen

Die gesetzliche Bestimmungen sind zur Schnee- und Glättebeseitigung sind eindeutig – niedergelegt im Straßenreinigungsgesetz
(StrReinG) Vom 19. Dezember 1978 (GVBl. S. 2501) – BRV 2132-3 – Zuletzt geändert durch Art. I Siebtes ÄndG vom 18. 11. 2010 (GVBl. S. 509):

„Gehwege sind in einer für den Fußgängerverkehr erforderlichen Breite unverzüglich nach Beendigung des Schneefalls, bei länger anhaltendem Schneefall in angemessenen Zeitabständen, von Schnee zu beräumen, bei Schnee- und Eisglätte unverzüglich mit abstumpfenden Mitteln zu bestreuen, bei Bedarf auch wiederholt. Eisbildungen, denen nicht ausreichend durch Streuen entgegengewirkt werden kann, sind zu beseitigen. 3Unter Beachtung des Absatzes 3 Satz 1 ist auf Gehwegen in Straßen der Reinigungsklassen 1 und 2 der Winterdienst in einer Mindestbreite von 1,5 Metern und bei Gehwegen mit einer geringeren Breite als 1,5 Meter in der Gesamtbreite durchzuführen. In allen übrigen Straßen beträgt unter Beachtung des Absatzes 3 Satz 1 die Mindestbreite 1 Meter. Erfordert das Fußgängeraufkommen auf stärker frequentierten Gehwegen eine größere Fläche, so ist eine entsprechend breitere Bahn zu schaffen; das Nähere wird durch Rechtsverordnung der für den Umweltschutz zuständigen Senatsverwaltung geregelt. Dauert der Schneefall über 20 Uhr hinaus an oder tritt nach dieser Zeit Schneefall oder Glättebildung ein, so ist der Winterdienst bis 7 Uhr des folgenden Tages, an Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen bis 9 Uhr durchzuführen.“

Auch in diesem Jahr sind die Winterdienste nicht ausreichend vorbereitet, viele suchen per Anzeige noch nach Hilfskräften, während es draußen längst schneit. Ein Winterdienst hat am Wochenende sogar noch nach einen Touren-Leiter gesucht.
Die Beauftragung durch die nach dem Gesetz verantwortlichen Immobilieneigentümer und Hausverwaltungen klappt offensichtlich nicht durchgängig.

Nach langen Diskussionen um die Novellierung des Strassenreinigungsgesetzes wurden auch die Ordnungswidrigkeit-Tatbestände verschärft – und es werden hohe Bußgelder angedroht:

„§ 9 [1] Ordnungswidrigkeiten
(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig

1.entgegen § 4 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 oder Abs. 4 Satz 1 bis 3 Straßen, Privatstraßen des öffentlichen Verkehrs, Gehwege, Fußgängerbereiche oder Fahrbahnen nicht ordnungsmäßig reinigt,
2.entgegen § 6 Absatz 1 keine geeignete Person mit der Durchführung des Winterdienstes beauftragt oder nicht dafür sorgt, dass nach § 6 Absatz 1 Beauftragte die Reinigung ordnungsgemäß ausführen oder im Falle des vorübergehenden oder dauernden Wegfalls der Eignung der Beauftragten nicht unverzüglich eine andere Person mit der Reinigung beauftragt, …“

Die aktuelle Situation wäre eine willkommene Chance, um die bezirklichen Ordnungsämter in Gang zu setzen – und die deutlichen Verstöße einmal nachdrücklich zu ahnden.
Doch es geschieht etwas ganz Seltsames: es sind keine Ordnungsamtsmitarbeiter auf den Straßen zu sehen. Entweder wurden die Touren ausgedünnt, oder es gibt einen hohen Kranken-Stand – so könnte man denken.

Schönhauser Allee / Ecke Saarbrücker Straße: Heute glatt - morgen Eis!
Schönhauser Allee / Ecke Saarbrücker Straße: Heute glatt – morgen Eis!

Tatsächlich sind die Ordnungsämter durch einen eklatanten Mangel an Winterbekleidung in ihrer Tätigkeit eingeschränkt. Neben der normalen Allwetterjacke der Ordnungsamtsmitarbeiter sollten eigentlich Wintermäntel angeschafft werden. Doch zu der pünktlich gestarteten Aussschreibung des Landesverwaltungsamtes, das die zentrale Beschaffung organisierte, meldete sich kein einziger Anbieter.
Inzwischen haben sich Landesverwaltungsamt und die Bezirke darauf geeinigt, je nach eigenen Bedarf direkt im Bezirk geeignete Wintermäntel anzuschaffen.
Auch der Pankower Bezirksstadtrat Dr. Torsten Kühne wurde „uniformtechnisch“ zum falschen Zeitpunkt erwischt. Er bemängelt die bürokratischen Beschaffungswege – und muss nun als „Letztzuständiger“ in der Beschaffungs-Kette reagieren.

Immerhin: die Polizei scheint ihre Beschaffungsprobleme im Griff zu haben – hier wird zentral in Zusammenarbeit mit dem Land Brandenburg über den „elektronischen Einkauf“ die Kleider-Beschaffung organisiert.

Die nächsten Eistage werden nun wieder die altbekannten Schlagzeilen in den Tageszeitungen bringen – manche Probleme scheint man nicht in den Griff zu bekommen. Es liegt nun auch an den Hausbesitzern, die beauftragten Firmen in die Pflicht zu nehmen.

Es geht ganz einfach: Per Fax in Verzug setzen – und eine Ersatzvornahme durch eine andere Firma androhen! Es gibt tatsächlich in Berlin viele zuverlässige Schneebeseitigungs-Unternehmen, die einfach nur zum angemessenen Preis beauftragt werden müssen.
Auch hier gilt eine alte Grundregel vom Bau: „Billig ist teurer als Richtig!“

Weitere Information:
Straßenreinigungsgesetz

m/s