Das Insolvenzverfahren der airberlin in Eigenverwaltung, das von dem ehemaligen „Lufthanseaten“ und airberlin Vorstand Thomas Winkelmann gemanagt wird, gerät immer mehr ins Zwielicht. Nachdem Hans Rudolf Wöhrl mit seiner INTRO-Gruppe ein Interesse an einer vollständigen Übernahme von airberlin bekundet hatte, ist sein Schreiben bis heute formell unbeantwortet geblieben.
Stattdessen gibt es Presseverlautbarungen von Herrn Winkelmann, wie zu letzt im General-Anzeiger vom 23. August 2017, indem Wöhrl unseriöse Absichten unterstellt werden.
Winkelmann äußerte sich demnnach wie wie folgt:
„Herr Wöhrl (INTRO Gruppe) hat bis heute kein substanzielles Angebot abgegeben. Er hat sich auch nicht gemeldet, als wir (seit Februar 2017) auf Partnersuche gingen!“
Hans Rudolf Wöhrl stellt als Geschäftsführer der INTRO-Gruppe dazu heute klar:
„Mit dieser Aussage, versucht Herr Winkelmann seine Vorgehensweise recht zu fertigen. Wir müssen deswegen an dieser Stelle festhalten, dass Herr Winkelmann zwei vollkommen unterschiedliche Sachverhalte vermischt! Es ist bedeutungslos, ob Air Berlin seit geraumer Zeit auf Partnersuche war, denn mit Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung liegt ein vollkommen neuer Sachverhalt vor!“
Wöhrl ist offensichtlich inzwischen über das Vorgehen von Winkelmann höchst verärgert, und kritisiert Winkelmann persönlich:
„Wenn Air Berlin tatsächlich bereits ab Februar ernsthaft auf Partnersuche war, dann hätte man dazu, einen in der Wirtschaft üblichen Weg, über einen strukturierten Prozess mittels geeigneter M & A Spezialisten wählen müssen und nicht nur die Interessenslage bei ein paar befreundeten Unternehmen abzufragen. Wir wurden jedenfalls zu keinem Zeitpunkt angesprochen.
Niemand kann erwarten, dass ein Investor ohne entsprechende Informationen anfragt, ob ein Unternehmen zu verkaufen sei.
Gleichwohl hat Herr Hans Rudolf Wöhrl in persönlichen Gesprächen mit Aufsichtsräten und Führungskräften der Air Berlin immer wieder erwähnt, dass seine INTRO Gruppe unverändert an einer Beteiligung oder an der Übernahme von Fluggesellschaften interessiert sei. Es wäre also naheliegend gewesen, dass Herr Winkelmann von sich aus, bei INTRO schon im Februar nachgefragt hätte, ob dieses Interesse weiterhin besteht.“
Wöhrl verweist auch auf faktische Hindernisse:
„Da die INTRO also nicht wissen konnte, dass Air Berlin zum Verkauf steht, war es gar nicht möglich, in ein Prüfungsverfahren im Datenraum einzusteigen!“
Insolvenzverfahren schafft Voraussetzungen für eine Rettung von airberlin
Wöhrl verweist darauf, dass das Insolvenzverfahren völlig neue Voraussetzungen schafft:
„AIR BERLIN ZU RETTEN, IST ÜBERHAUPT ERST DURCH DEN INSOLVENZANTRAG MÖGLICH GEWORDEN! – Nach dem Antrag auf Insolvenz, könnte ein neues Bieterverfahren beginnen!!“
Im Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung ist der Vorstand in der Pflicht, die beste Lösung für die Gesellschaft zu erarbeiten. Zwar bleibt dabei die Finanzhoheit beim Vorstand, aber ein vom Insolvenzgericht bestellter Sachwalter hat über das Verfahren zu wachen und die Einhaltung gesetzlicher Pflichten zu überwachen.
Es gibt dafür drei Monate Zeit, um Regelungen mit den Gläubigern, Gewerkschaften, Kunden etc. zu verhandeln und erneut auf Investorensuche gehen. Um nicht in den Verdacht der Gläubigerbenachteiligung zu kommen, wählt man dafür üblicherweise ein transparentes Bieterverfahren.
Angesichts der Umstände einer monatelangen Vorbereitung von Verkäufen an die Lufthansa und der früheren Verbindung von Vorstand Winkelmann zur Lufthansa stellen sich inzwischen auch insolvenzrechtliche Fragen, ob airberlin in jetziger personeller Konstellation noch einer „Eigenverwaltung würdig“ ist. Sollte sich herausstellen, dass Winkelmann das Insolvenzverfahren nicht in gebotener Form durchführt, gerät er in Rechtsunsicherheit und mögliche persönliche Haftungsansprüche.
Wöhrl sieht inzwischen handfesten Skandal im Verhalten von Winkelmann
Wöhrl verweist ausdrücklich auf seine qualifizierte Interessenanmeldung und greift Winkelmann persönlich an:
„INTRO hat unmittelbar nach Bekanntgabe der Insolvenz ALS EINZIGER INTERESSENT sofort mitgeteilt, dass man an einer Übernahme der gesamten Air Berlin Gruppe interessiert sei! Schneller und detaillierter kann man ohne fundierte Kenntnisse über das Unternehmen nicht reagieren! Die Behauptung, INTRO hätte kein plausibles Angebot abgegeben, bezeichnen wir als Nebelkerze, um vom eigenen, sehr ungewöhnlichen, Verhalten abzulenken.
Das richtige Verfahren wäre gewesen, der INTRO den Zugang zum Datenraum zu gewähren. Das hätte uns dann erst, anhand der Fakten, in die Lage versetzt, ein konkretes mit dem entsprechenden Kapitalnachweis unterlegtes Angebot vorzulegen! Bis heute ist unsere Interessensbekundung seitens Air Berlin unbeantwortet. Uns vorzuhalten, dass wir bis heute kein fundiertes Angebot abgegeben haben, ist ein PR-GAG von Herrn Winkelmann.“
Kritik auch an der Bundesregierung
Wöhrl verweist auf seine umfassende Erfahrung und meldet an der einseitigen Bevorzugung der Lufthansa Bedenken an:
„Aus Erfahrung gehen wir davon aus, dass es möglich wäre, in 4-6 Wochen diese Arbeit zu bewältigen. Lufthansa hatte im Gegensatz zu uns alle Vorkenntnisse und konnte, scheinbar glaubwürdig, sehr schnell behaupten, dass eine Fortführung der Air Berlin Gruppe nicht darstellbar sei. Deswegen hat man auch ein Schreckens-Szenario für die Passagiere an die Wand gemalt und auf rasches Handeln gedrängt. Praktischerweise zog Lufthansa sofort das Konzept einer Zerschlagung als einzige Lösung aus dem Zylinder!
Es wurden Fakten geschaffen, die eine Rettung des Unternehmens verhindern sollten.“
Scharf kritisiert Wöhrl auch:
„Die Bundesregierung hat sich scheinbar kritiklos dieser Meinung angeschlossen, und ohne weiteres Nachfragen spontan erklärt, die Vernichtung tausender Arbeitsplätze und die Schaffung eines Monopols mit 150 Mio. € sogar finanzieren zu wollen!
Es ist naheliegend, dass niemand damit gerechnet hat, INTRO würde in Anbetracht dieser, schon im Vorfeld geschaffenen Fakten, auf den Plan treten. Doch manchmal macht man die Rechnung ohne den Wirt!“
Wöhrl deutet auch indirekt auf juristischen Konsequenzen hin:
„In Anbetracht der Tragweite dieses Verfahrens, verzichten wir an dieser Stelle darauf auf mögliche juristische und andere Folgen hinzuweisen. – Herr Winkelmann spricht von mir als Trittbrettfahrer, ich spreche von einem handfesten Skandal!“
Wird die airberlin künstlich schlechtgeredet?
Die hohen aufgelaufenen Verluste und Betriebverluste von airberlin resultieren interessanterweise aus schweren Managementfehlern, sodass die Fluggesellschaft im Kerngeschäft und in den betrieblichen Kennzahlen besser da steht, als die hohen Verluste nahelegen.
Wenigstens 400 Mio. Verlust sind aus zu teuren Treibstoffeinkäufen entstanden, weil man sich aufgrund zu geringer Liquidität nicht gegen Marktschwankungen der Kerosinpreise absichern konnte. Mangelnde Auslastung durch zu schnelle Geschäftsausweitung ist eine weitere Ursache, die schnell behebbar ist. Der Wechsel des Bodendienstleisters in Tegel war schließlich die teuerste Sparmaßnahme, die unmittelbar zu Verlust von Zuverlässigkeit und Vertrauensverlust der Fluggäste geführt hat.
Das von Wöhrl und der INTRO im Rahmen der Interessenanmeldung angedeutete Betriebskonzept hat angesichts der weiter vorhandenen Wachstumsraten im Berlin-Flugverkehr eine genauere Prüfung verdient.
Eines darf jedenfalls in das Reich der Fabel verwiesen werden: es gibt keine Überkapazitäten im Luftverkehr, sondern höchstens falsch geplante Sitzplatzkapazitäten bei airberlin auf einzelnen Verbindungen.
Für die deutsche Politik und den Luftverkehrsstandort droht im laufenden Insolvenzverfahren nicht nur wirtschaftlicher Schaden, sondern auch auf Jahre hinaus ein schwerer Imageschaden, geht es doch bei airberlin auch um die „Hauptstadt-Fluglinie“!.