„Nächster Halt: Berlin-Sükreuz, Fahrgäste in Richtung Pankow und Prenzlauer Berg steigen hier in die S-Bahn um, und fahren über die Ringbahn oder über Friedrichstraße und Nordbahnhof zu ihren gewünschten Zielen!“ So oder so ähnlich klingen die Ansagen der Fahrer der ADAC-Fernbusse oder von Meinfernbus.
Der Weg über den Bahnhof-Südkreuz ist schnell und direkt, nur die Überwindung der unterschiedlichen Bahnsteighöhen kostet etwas Zeit, weil der Zugang zu den nach Norden fahrenden S-Bahnen zuerst über den oberen Bahnsteig führt. Aber es gibt Rolltreppen und große Fahrstühle – ein barrierefreier Weg, der auch mit schweren Gepäck bewältigt werden kann.
Boomender Busreisemarkt – neue Haltepunkte
Busreisen sind seit über 20 Jahren ein wichtiger Eckpfeiler des Berlin-Tourismus. Mit dem Zentralen Omnibusbahnhof ZOB und den Haltepunkten am Ostbahnhof und den Flughäfen existierte seit langer Zeit ein verläßliches Netz von Haltepunkten. Mit der Liberalisierung des Fernbusmarktes kamen eine Reihe weiterer Haltepunkte dazu. Für Touristen und Gäste in Pankow und Prenzlauer Berg ist vor allem Südkreuz interessant, weil von hier aus die meisten Bahnhöfe in Pankow ganz ohne Umsteigen erreicht werden können.
Ob man über über Borholmer Straße und S-Bhf. Pankow nach Berlin-Buch fährt, oder über Bornholmer Straße zur Wollankstraße, das entscheidet sich bei dichter Zugfolge alle 10 Minuten auf dem gleichen Bahnsteig.
Vom ZOB nach Pankow
Der zentrale Omnibusbahnhof ZOB am Funkturm ist Hauptfahrtziel der Anreise aus den westdeutschen Städten. Wer aus Hamburg, über Hannover oder über Frankfurt kommt, fährt in der Regel immer zuerst über den ZOB nach Berlin.
Als Fahrgast auf dem Weg nach Pankow oder Prenzlauer Berg benötigt man ein paar Minuten zu Fuß, um zum S-Bahnhof Messe-Nord zu kommen, von dem aus um Uhrzeigersinn mit der Ringbahn nach Gesundbrunnen, Schönhauser Allee bis zur Landsberger Allee gefahren werden kann.
Etwas versteckter liegt der U-Bahnhof-Kaiserdamm, von dem aus die U2 die gesamte Mitte Berlins quert, und bis nach Pankow fährt.
Umstieg Gesundbrunnen
Auch der Umstieg am Bahnhof Gesundbrunnen ist bequem, um über Schönhauser Allee, Prenzlauer Allee oder Greifswalder Straße nach Prenzlauer Berg zu fahren. Der Weg über S-Bhf. Friedrichstraße ist immer kürzer, als etwa der Einstieg in die Ringbahn.
Wer es ganz eilig hat, steigt hinten im Zug ein, fährt bis zum Nordbahnhof, nimmt dort Fahrstuhl oder Rolltreppe – und steigt dann in die „Party-Tram M10“ ein, die am Mauerpark vorbeiführt, die U2 an der Eberswalder Straße kreuzt, und über die Danziger Straße den Bezirk quert.
Nur wer zur Storkower Straße möchte, fährt am Besten entgegen den Uhrzeigersinn mit der Ringbahn über Ostkreuz.
Ostbahnhof und Alexanderplatz
Fernbus-Haltepunkte gibt es auch am Ostbahnhof und am Alexanderplatz. Doch diese Haltepunkte müssen von den Bussen zum Teil im Berufsverkehr angefahren werden, und lohnen nur, wenn die Fernbuslinie direkt über diesen Haltepunkt führt. Die Internet-Recherche lohnt sich also, genaue Streckenführung und Abfahrtzeiten müssen bei den Fernbusunternehmen nachrecherchiert werden, am Besten weit vor dem eigentlichen Abfahrttermin, weil Frübbucher erheblichen Rabatt bekommen können.
Starke Zunahme des Fernbusverkehrs
Seit der Liberalisierung des Fernbusverkehrs ab Anfang 2013 hat sich die Zahl der Passagiere auf innerdeutschen Strecken innerhalb eines Jahres auf 6,7 Millionen mehr als verdreifacht. So berichtete es inzwischen das Statistische Bundesamt. Zusammen mit den 1,5 Millionen Fahrgästen im grenzüberschreitenden Verkehr haben damit 8,2 Millionen Menschen im Jahr 2013 den Linienfernbus als Verkehrsmittel gewählt.
Der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer rechnet mit einem weiteren starken Anstieg in diesem Jahr. „Die Nutzungszahlen von Fernbussen im Startjahr 2013 in Relation zu der Linienentwicklung in Deutschland weisen darauf hin, dass in diesem Jahr doppelt so viele Passagiere gezählt werden können“, sagte Hauptgeschäftsführerin Christiane Leonard im Oktober in Berlin. Die von der Statistik ermittelte Auslastung von 55 Prozent der Fahrzeuge werde noch ansteigen und habe sicher bereits zum Jahresende 2013 höher gelegen. Inzwischen haben sich die Zahlen durch den vergangenen Bahntreik noch ganz erheblich verbessert.
Zunahme der Fernbuslinien
Im Jahr 2012 waren es laut Statitischen Bundesamt nur rund 3 Millionen Fernbus-Passagiere, wovon 900 000 den Auslandsfahrten zuzurechnen waren. Im vergangenen Jahr erhöhte sich die Zahl der Fernbuslinien von 86 auf 221. Aktuell gibt es mehr als 250 Linien, die vielfach von neu in den Markt gestarteten Anbietern gefahren werden. Diese Unternehmen mussten erstmals ihre Zahlen an das Statistische Bundesamt berichten. Doch im harten Wettbewerb haben bereits zwei Fernbusunternehmen aufgeben müssen. Die Marktführer ADAC/POst und Meinfernbus sowie Berlininenbus im Berlinverkehr haben mit ihren dichten Streckennetzen einen großen Marktvorteil.
Marktführer DB AG
Für die Deutsche Bahn ist die neue Konkurrenz auf den Autobahnen ein Problem: der Preiswettbewerb setzt auch die Fahrtpreise der Bahn unter Druck. Doch insgesamt befördert die Bahn jährlich rund 131,4 Millionen Fernreisende (2013). Damit kommen auf einen einen Fernbuskunden rund 16 Bahnfahrer.
Berlin ist auch „Fernbushauptstadt Deutschlands“, meinte im Oktober das Internetvergleichsportal „Fahrtenfuchs„. Rund 2076 Busse fahren pro Woche aus Berlin ab. Frankfurt am Main und Hamburg folgen mit jeweils rund 1000 Abfahrten. Aber auch mittelgroße Städte und ländliche Regionen profitierten von dem Netzausbau, erklärte das Portal: Nach Nürnberg und Karlsruhe würden fast so viele Fernbusse fahren wie nach Köln oder München. Außerdem führen in der Reisesaison viele Anbieter auch kleinere Orte an der Nordsee oder im Alpenvorland an.
Wettbewerb Schiene Straße aus dem Lot
Bahnchef Rüdiger Grube hat inzwischen selbst den Fernbus getestet und kommt zu einem einschlägigen Urteil: „„Das ist Wahnsinn“, sagt der Bahn-Chef nach der Fahrt. ´Grube hat sich die Kosten näher angeschaut, denn er möchte einen Weg finden, damit die Bahn wettbewerbsfähig bleibt.
Grube sieht einen ruinösen Preiswettbewerb im Fernbus-Markt: „Jeder Kilometer Fahrt kostet einen Fernbusanbieter im Schnitt 1,50 Euro“, sagt er im Gespräch mit der „Süddeutschen Zeitung“.
„Auf den knapp 300 Kilometern von Hamburg nach Berlin entstehen als Kosten von 450 Euro. Wenn aber zwölf Personen jeweils zwölf Euro für ein Ticket zahlen, macht der Bus nur 144 Euro Umsatz. Das heißt: Er schreibt mit dieser Fahrt rund 300 Euro Verlust“, so Grube, der so eine Zwölf-Personen-Test-Fahrt selbst erlebt hat.
Was Grube allerdings übersehen hat: derartige Fahrten bilden im Berlin-Verkehr die Ausnahme. Schon bei 38 Fahrgästen kommt der Bus auf der Strecke Berlin-Hamburg in die Gewinnzone. Zudem: ein Bus ist sogar bei hoher Auslastung umweltfreundlicher als die Bahn. Bei 60% Auslastung produziert ein Fernbus ca. 3 kg CO2 pro 100 km. Die Bahn benötigt bei 48% Auslastung rund 4,5 kg/100 km.
Wettbewerb Straße/Schiene wieder ins Lot bringen!
Mit der Deregulierung des Fernbus-Geschäftes wurde etwas in Gang gesetzt, das langfristig betrachtet zum „Tod der Schiene“ führen wird. Die Bahn muß zwangsläufig je Streckenkilometer mehr Kapital einsetzen und binden, als etwa ein Fernbusbetreiber, der obendrein Straßen nutzt, die aus Steuergeldern gebaut wurden.
Sowohl Schiene als auch für Straße verursachen hohe Infrastrukturkosten. Überalterte und zum Teil hundertjährige Bahn-Brücken und marode Autobahnen und Spannbeton-Brücken benötigen Ersatz. Kosten in Milliardenhöhe müssen aufgewendet werden, Investitionen, die keinen Aufschub mehr dulden.
Während noch die Debatte um die Auto-Maut tobt, baut sich ein ganz anderer Reform-Bedarf auf: der Wettbewerb zwischen Straße und Schiene muß wieder ins Lot gebacht werden, damit sich Brückensanierungen und Straßenreparaturen lohnen und bezahlen lassen.
Radikale Mobilitätsreform
Neue Ideen sind gefragt, die Zeit drängt, weil der Sanierungsstau gleichermaßen Straße und Schiene betrifft. Richtig wäre es, wenn die Investitionen je gefahrenen Personenkilometer in gleicher Höhe auf alle Fahrgäste umgelegt werden können, egal ob Straße und Autobahn oder die Schiene genutzt wird.
Deshalb hilft nur eine radikale „Mobilitätsreform-Reform“, die nachhaltig und zukunftssicher ist:
Straßen- und Schienennetz sollten in ein „Mobilitätsnetz-Gesellschaft“ eingebracht werden, die danach mit „Maut- und „Tacho-Abgaben“ für eine gerechte Kostenverteilung sorgt.
Was Ökologie und Energieeffizienz angeht: wir brauchen die Bahn. Der Fernbus hat vor allem Vorteile in der Fläche, wo keine Schienen verlegt sind. Regionalbusse können auch für ein feinverteiltes Netz sorgen.
Eine faire Arbeitsteilung zwischen Bahn, Fernbus, Regionalbus und Taxi wäre die beste Lösung, um z.B. auch ältere Menschen sicher an ihre Reise-Ziele zu bringen.
Die Revolution im Mobilitätsmarkt ist machbar. Statt tödlichen Preiswettbewerb arbeiten alle an Synergien, Effizienz und Komfort. Der Staat sorgt dafür, dass kein „Mobilitätsunternehmen“ unfaire Wettbewerbsvorteile zu Lasten des „Mobilitätswohlstands“, der Umwelt und der Nachhaltigkeit erzielt!