„Advent*, Advent, ein Lichtlein brennt …“ – Der Adventskalender wird seit seiner Erfindung jedes Jahr in der Vorweihnachtszeit immer populärer. Im Museum Europäischer Kulturen in Berlin-Dahlem ist noch bis zum 17. Januar 2016 die wohl größte Sammlung von Adventskalendern zu sehen.
Tina Peschel, Kuratorin der Ausstellung, erzählt spannende Geschichten zur Entstehung: »Als sich im 19. Jahrhundert das Weihnachtsfest zur großen Familienfeier mit Bescherung entwickelte, suchte man nach Wegen, die Vorfreude der Kinder auf den Heiligen Abend zu unterstützen und die Frage ‘Wie viele Tage sind es noch?’ zu veranschaulichen. Dafür gab es individuelle
Zählbräuche, wie Klausenhölzer, Kreidestriche an Schranktüren, Strohhalme in der Krippe oder an der Tapete befestigte Bildchen.
Der erste gedruckte Zeitmesser erschien 1902 in Hamburg: Eine ‘Weihnachtsuhr für Kinder’, die im Verlag der Evangelischen Buchhandlung von Friedrich Trümpler herauskam. Die Uhr mit ihren zwölf Feldern konnte vom 13. Dezember an genutzt werden.
Der Begriff ‘Adventskalender’ wurde erstmals 1903 in Berlin für einen Klappkalender mit Adventssprüchen benutzt, den der Evangelische Frauenverein ‘Edelweiß’ herausgab.
Zum Begriff Advent
‚Advent’ kommt vom Lateinischen ‘Adventus Domini’ und bedeutet Ankunft des Herrn. Die Christenheit bereitet
sich auf Weihnachten vor. Sie feiert die Geburt Jesus Christus als Menschwerdung Gottes. Ursprünglich scheint der
Begriff ‘Advent’ dem griechischen Begriff epiphàneia = Erscheinung entlehnt und wurde im Römischen Reich bei der
Ankunft von Königen oder Kaisern gebraucht. Die Kalendertage und Kalenderreformen der Kirchen an den Jahresübergängen
bräuchten eine eigene Darstellung, so ereignisreich und vielfältig sind Geschichte und Inhalte dazu.
Ein schwäbischer Erfinder
Als eigentlicher ‘Erfinder’ der Adventskalender gilt Gerhard Lang, ein Pfarrerssohn aus Maulbronn. Er ersann 1903 den ersten Weihnachtskalender ‘Im Lande des Christkinds’. Als Teilhaber des Verlages Reichhold & Lang in München gab er zwischen 1908 und 1938 jedes Jahr einen aufwändig gestalteten Adventskalender heraus.«
Die Geschichte des Adventskalenders scheint eine Geschichte Europas zur Weihnachtszeit zu sein: Seit den 1920er Jahren verbreiteten sich Adventskalender in vielen Ländern Europas und mit nationale Besonderheiten. Es begann in deutschsprachigen Ländern und in evangelisch geprägten Ländern Skandinaviens. In der Schweiz seit 1930 gedruckt, in Österreich und in der Schweiz jedoch erst in den 1950er Jahren populär, begann in Dänemark der I. Christian Olsens Kunstforlag (ICO) bereits in den 1920er Jahren mit der Produktion von Julkalendern.
ICO und der Verlag Georg Moldow (GEMO) in Ishøj wurden später führend in der Herstellung dreidimensionaler, beweglicher Kalender, während in Schweden Aina Stenberg-MasOlle 1934 den ersten Adventskalender für den Mädchen-Pfadfinderverband schuf. Heute sind dort besonders die Kalender des schwedischen Radios und Fernsehens beliebt.
In England gab es Adventskalender als deutsche Importe, jedoch seit den 1950er Jahren werden sie von britischen Firmen verlegt.
Kalendermotive waren in Schweden der Julbock und die Tomten (Weihnachtswichtel), in Österreich die Barbarazweige und der Krampus ein typisches Fensterbild, in England finden sich meist Ilex-Zweige und Robin – ein Rotkehlchen.
Heute sprechen wir immer öfter von digitalen oder ‚lebendigen’ Adventskalendern, aber das Papier-Format hat nichts an Anziehungskraft eingebüßt.
Vorfreude. Adventskalender in Europa
Die unendliche Adventskalendergeschichte im Museum Europäischer Kulturen in Berlin-Dahlem
Vom 01. November 2015 bis 17. Januar 2016
Öffnungszeiten Di – Fr 10–17 Uhr | Sa + So 11–18 Uhr, Montag geschlossen – Eingang auch über Lansstr. 8
Museum Europäischer Kulturen | Arnimallee 25 | 14195 Berlin | Link
Weitere Informationen:
Digitaler Kalender zum Mitmachen:
www.pinterest.com/mekberlin/vorfreude-adventskalender-in-europa/
Katalog „Adventskalender“
Geschichte und Geschichten aus 100 Jahren.
Schriftenreihe Museum Europäischer Kulturen. 24,95 €. Hrsg. Tina Peschel.