Donnerstag, 28. März 2024
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Vorsicht Bahnstrom! Lebensgefahr!

Vorsicht Bahnstrom! Lebensgefahr!

Ein 15-jähriger Junge aus Blankenfelde, südlich von Berlin (Landkreis-Teltow-Fläming), ist am Wochenende in Rangsdorf von einem Lichtbogen schwer verletzt worden, und schwebt in Lebensgefahr. Er hatte versucht, aus einem Zugabteil heraus auf eine Lok zu klettern. Seine Kleidung wurde durch den Stromstoß in Brand gesetzt. Mitreisende löschten das Feuer. Der Junge wurde ins Unfallkrankenhaus Mahrzahn gebracht.

Aus diesem traurigen Anlaß wird eine Warnung vom Januar 2014 erneuert: „Vorsicht Bahnstrom! Lebensgefahr!“

In Deutschland sterben jährlich etwa 200 Personen an den Folgen von Elektrounfällen, wobei 20 % durch Hochspannung verursacht werden. 30% dieser Hochspannungsunfälle verlaufen tödlich! Es sind alljährlich auch viele männliche Jugendliche, meist im Teenageralter darunter, die bei Mutproben und Graffiti-Aktionen unbedacht und unwissend auf Güterwagen, Kesselwagen und Silowagen klettern.

80% aller Stromunfälle werden durch Niederspannung verursacht. Diese verlaufen zu etwa 3% tödlich.
Unter den Hochspannungsunfällen sind auch kuriose Unfälle, wie etwa der eines Anglers, der am Bahndamm seine Angelrute auswarf, dabei rückwärts über Kopf ausholte und eine Oberleitung traf.

In Berlin und Brandenburg gab es im Jahr 2013 mehrere tödliche Unfälle. Ein 12-jähriger Junge wurde im Frühjahr am ganzen Körper verbrannt und konnte nur nach aufwändiger Behandlung im Unfallkrankenhaus Mahrzahn stabilisiert und gerettet werden. Er ist für sein ganzes Leben gezeichnet, und jede Bewegung bereitet ihm Schmerz, weil die Haut verbrannt, verhärtet und vernarbt ist.
Der letzte Unfall im Dezember 2013 traf einen Jugendlichen in Prenzlauer Berg auf dem Güterbahnhof, als er einen Silowagen bestieg.

Stromüberschläge – die verkannte Gefahr

Die jugendlichen Opfer halten sich in der Regel nicht an Warnschilder, und verkennen völlig die tödliche Gefahr, die durch Stromüberschläge und Lichtbögen droht, wenn sie auf abgestellte Eisenbahnwaggons klettern.
Der tödliche Irrtum besteht in der Annahme, es müsse nur genügend darauf geachtet werden, die Oberleitung nicht zu berühren.

Oberleitung:  Stromschlaggefahr - Lebensgefahr!
Oberleitung: System der Bahnstrom-Versorgung mit 15.000 Volt - Grafik: DB AG

Aufgabe des Physik-Unterrichtes in der Schule

Die Frage, die jeder Physiklehrer und jede Physiklehrerin im Unterricht stellen sollten:

„Warum haben Personen, die unbefugt auf die Bahnwaggons geklettert sind, einen Stromschlag erlitten, obwohl sie gar keine Leitung berührt haben?“

Die Frage ist nur zu beantworten, wenn man sich das System der Bahnstromversorgung genau vor Augen führt und sich anschaut, wie der Stromfluß zwischen Oberleitung, Lokomotive, Gleis und Erdung funktioniert.

Auf einen Bahnwaggon zu klettern ist extrem gefährlich, weil die Spannung von 15.000 Volt auch zum Funkenüberschlag über die Luft führen kann!
Wird ein Sicherheitsabstand von 1,50 m zur Oberleitung nicht eingehalten, ist ein Funkenüberschlag mit uns Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten. Feuchte Luft, feuchte Kleidung und feuchte Haut begünstigen den Effekt.

Unachtsam mitgeführte Gegenstände, Werkzeuge können dabei sogar zum Auslöser des Funkenschlages werden.

Oberleitung: Stromschlaggefahr!
Vorsicht Oberleitung! Auf jedem Waggon-Dach besteht Lebensgefahr! - Grafik: nach DB AG

Sicherheitsabstände für Bahnpersonal

Die Ober- bzw. Speiseleitung und Stromschienen von U- und S-Bahnen sowie Stromabnehmer und sonstige Spannung führende Teile von Bahnen dürfen von technischen Mitarbeitern der Bahn, Wartungspersonal und Sicherheitspersonal auch nicht ohne ausreichenden Sicherheitsabstand betreten oder berührt werden.
Von allen unter Spannung stehenden Teilen der Ober- und Speiseleitung müssen generell die nach DIN VDE 0132 geforderten Schutzabstände eingehalten werden. Nicht eingewiesene Personen sollten einen Sicherheitsabstand von mindestens drei Meter einhalten.
Eingewiesenes Personal verfügt über persönliche Schutzausrüstung und darf die Abstände nur unterschreiten, wenn Leitungen abgeschaltet und geerdet sind.
Bei Unfällen müssen sich auch die Rettungskräfte zuerst um die persönliche Absicherung kümmern, bis sie zu den Verletzten und in der Gefahrenzone befindlichen Opfer vordringen können.

Stromstärken und Stromwirkungen

Stromwirkungen auf den menschlichen Organismus hängen maßgeblich davon ab, mit welcher Stromstärke und Einwirkungsdauer der Körper oder Körperteile in Berührung kommen.
Die Art des Stromes – Wechselstrom oder Gleichstrom spielt eine Rolle, dazu der Strom-Weg über den Körper (z. B. Hand – Hand; Hand – Fuß, links, rechts).

Von 230 V Haushaltsstrom, 380 V Hausverteilerkasten, Industriestrom mit 500 – 5.000 V und Bahnstrom-Ober-/Unterleitungen mit bis zu 15.000 V und 380.000V Überlandleitungen geht jeweils eine unterschiedliche Gefahr aus.

Die Stromstärkenwirkungen reichen von einem kitzelnden, fast nicht bemerkbaren Gefühl bei 1 mA (Milliampère) bis zu 16 – 20 mA Stromstärke, die ein Mensch berühren, aber noch loslassen kann.

Ab etwa 20 – 50 mA treten sogenannte „tetanische Muskelkrämpfe“ auf, die ein »Festhalten der Stromquelle« bewirken.
Bei Wechselstrom mit 50Hz sind schon ab 25 mA sind evtl. Infarktzeichen im EKG nachweisbar. Dazu kommt die sogenannte „Angina electrica“ mit Vernichtungsschmerz, Atemnot und Todesangst.

Ab 50 – 100 mA bis etwa > 2 Ampére tritt eine Lähmung der Atemmuskulatur ein. Bei 80 mA muss bereits mit Bewusstlosigkeit und Atemstillstand gerechnet werden.

Die Apnoe, der Atemstillstand ist bei Stromstärken bis > 8 Ampére regelmässige Folge. Zusätzlich treten Kammerflimmern des Herzens und die sogenannte Asystolie ein, die zum Herztod führen kann.
Schwere Verbrennungen des Körpers, Schädigung des Herzmuskels und die Veränderung der chemischen Zusammensetzung im Blut führen zu Dauerschäden und betreffen auch Leber und Nieren.

Bei noch höheren Stromstärken treten thermoelektrische Schäden auf, die bis zur blitzartigen Verkohlung des gesamten Körpers führen. m/s

Redaktioneller Hinweis:
Weiterführende Hinweise und Bilder und Unfallvideos sind im Internet zu finden. Auf die Abbildung abschreckender Bilder von Verletzungen und Unfalldarstellungen wurde an dieser Stelle verzichtet.

m/s