Die 2. Beteiligungswerkstatt zum Integrierten Stadtentwicklungskonzept Elisabeth-Aue und Unfeld war von der verfahrensleitenden Stelle rechtzeitig angekündigt worden ( SenStadtUm ). Auch die SPD-Französisch-Buchholz hatte die Veranstaltung am 1.10.2016 für den 08.10.2016 in der Evangelischen Kirchengemeinde Nordend auf ihrer Internetseite angekündigt.
Obwohl ein großer Teil des Planungsgebietes im Abteilungsgebiet der SPD-Niederschönhausen-Blankenfelde liegt, hat man dort das wichtige Thema nicht auf dem „Radar“. Auch auf den Internetseiten den Bezirksamtes Pankow war kein Hinweis zu finden. Offentsichtlich hat man in Pankow nicht nur die „Planungshoheit“, sondern auch die „Informationshoheit“ etwas ungeordnet an die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz „abgetreten“. Der Saal in der Evangelischen Kirchengemeinde Nordend war dennoch am 8.10.2016 gut besucht.
Städtebauliche Ziele
In einer umfangreichen Dia-Show wurden die städtebaulichen Ziele der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt vorgestellt und Ergebnisse des ersten Treffens der Beteiligungswerkstatt vorgestellt.
Wesentliche Ziele: von 2017 – 2020 sollen ca. 60.000 Wohnungen in den „Innenstadt“ gebaut werden. Der Bereich Blankenfelde-Französisch Buchholz wird in der neuen Terminologie als „Außenstadt“ bezeichnet. In der Außenstand und sollen einschließlich der Elisabeth-Aue ab 2020 mehreren Großprojekte realisiert werden, wobei ca. 5.000 Wohneinheiten für die Elisabethaue geplant werden.
Die Bürgeranregungen betreffen derzeit vor allen die Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur, Gehwege, Radwege und kulturelle Infrastruktur – wobei die bestehenden Mängel und Fehlbedarfe noch mittelfristig fortbestehen.
Die Stärkung der historischen Ortskerne wird ebenfalls gefordert, ein wichtiger Aspekt, der die kulturelle Identität und den Zusammenhalt der Ortsteile in der Außenstadt betrifft.
Es wurde jedoch klargestellt, dass eine Bebauung der Elisabeth-Aue erst nach genehmigten Planverfahren und Zustimmung des Berliner Abgeordnetenhauses bebaut werden kann.
Schutz von Natur und Landschaft und Landwirtschaft
Die Bürgeranregungen zum Schutz von Natur und Landschaft spielen eine zentrale Rolle, weil sich hier Interessen des Allgemeinwohls zum Klimaschutz, Naturausgleich und wohnungspolitische und wirtschaftliche Interesse zum Teil diametral gegenüber stehen.
Im Kampf um den Erhalt der Elisabeth-Aue als Landwirtschafts- und Naturraum hat sich unter den aktiven Bürgerinnen und Bürgern eine Arbeitsteilung herauskristalliert. Die Bürgerinitiative Elisabethaue versucht, mit landschaftsplanerischen und naturschutzrechtlichen Themen, Einwänden und sogar Gutachten die Wertigkeit der Elisabeth-Aue als Bestandteil des Naturpark Barnim zu unterstreichen – und bereitet entsprechende Einwendungen in den formellen Planverfahren vor.
Der neu gegründete Verein „Elisabeth-Aue e.V. – Rettet die Felder der Elisabeth-Aue“ verfolgt ähnliche Ziele, möchte jedoch die Elisabeth-Aue im Wege eines ganzheitlichen Nutzungskonzeptes erhalten:
„Primärziel ist die größtmögliche Erhaltung der Fläche der Elisabeth-Aue.
– für die angrenzenden Landschafts- und Vogelschutzgebiete
– als teilweise landwirtschaftliche Fläche
– für das ökologische Gleichgewicht – Mensch/Flora/Fauna
– als Kaltluftschneise für die sich mehr verdichtende Innenstadt
– zur Naherholung
– zum urbanen Gartenbau
– für Streuobstwiesen
Das Ziel des Vereins ist die Erstellung eines ganzheitlichen Nutzungskonzeptes zum Erhalt der Flächen der Elisabeth-Aue.“
Verkehrssituation
Mit dem Ausbau des Rosenthaler Weges wird sich die bereits bestehene Tendenz zu dichten Verkehrbeziehungen mit dem Nachbarbezirk Reinickendorf weiter verstärken. Die Verkehrsanbindung für die Elisabeth-Aue mit geplanten 10.000 Einwohnern soll künftig über Straßenbahn und/oder BUS 124 erfolgen. Dabei wird sowohl eine Verlängerung der TRAM 50 als auch der M1 geprüft.
Auf den gezeigten Folien war ein wichtiges Detail zu sehen: nördlich des Rosenthaler Weges sollen zwei Erschließungsstraßen an die B96 a – gegenüber dem Volkspark Blankenfelde anschließen.
Laut bisheriger Verkehrsplanungen soll der Schillingweg zu einer übergeordneten Hauptverkehrsstraße ausgebaut werden um die Elisabeth-Aue östlich mit der Schönerlinderstraße und der BAB 114 zu verbinden.
Die Verkehrsuntersuchungen sind noch im Gange und werden erst im Zeitraum November bis Anfang 2017 vorliegen.
Einwendungen der Bürger
Der Elisabeth-Aue e.V. hat inzwischen eine umfangreiche Stellungnahme auf seiner Internet-Seite veröffentlicht und fühlt sich bei den Bedenken übergangen: „Trotz der geäußerten Bedenken der Bürger hält der Senat an seinem Vorhaben fest, eine Satellitenstadt auf der Elisabeth-Aue zu errichten.“
Kritisiert wird auch die Berichterstattung des RBB.
Zum Naturschutz wird angeführt, dass im Umfeld der Elisabeth-Aue eine hohe Artenvielfalt und eines der „artenreichsten Vogelhabitate Europas“ existiert.
Den Dresdener Verkehrsplanern werden Mängel in den bisherigen Gutachten bei seinen Ausgangsdaten vorgeworfen:
„Das Ingenieurbüro ging von 39.500 mehr Wegen pro Tag aus, die die jetzige Verkehrsinfrastruktur bewältigen müsste. Dabei legten die Ingenieure zugrunde, dass 46% der Wege nicht motorisiert, 28 % per KFZ und 26 % per ÖPNV bewältigt werden. Dies lässt jedoch einige wichtige Sachverhalte außer Acht: Die Werte sind ein Schnitt aus Gesamt-Pankow und aus einer Zeit, in der man von einer sinkenden Einwohnerzahl Berlins ausging. Die Werte sind also irreführend. In Französisch Buchholz zeichnet sich ein anderes Bild und damit ein zukünftiges, durchaus dramatisch zu nennendes Verkehrsproblem: Viele Haushalte verfügen über zwei Fahrzeuge und der ÖPVN ist unattraktiv für Querverbindungen innerhalb der Stadt und stößt schon jetzt in der Rush Hour an seine Grenzen.“
Auch eine Radverbindung zum S-Bahnhof Blankenburg wurde bisher völlig außer Acht gelassen.
Bemängelt wird insgesamt, das „dieses Bauvorhaben unsere Natur zerstören wird.“
Städtebauliche Bodenordnung und Stadtreparatur in der Außenstadt?
Das bisher wohnungspolitisch begründete Vorhaben zur Bebauung Elisabeth-Aue ist bisher „alternativlos“ vorgeplant worden. Dabei wurde noch nicht erkannt, dass es aufgrund der wachsenden baulichen Verdichtung in Pankow keine ausreichenden Naturschutz-und Klima-Ausgleichsflächen mehr gibt.
Insofern stellt sich die Frage, ob ein Erhalt und maßvolle Randbebauung nicht zu einer intelligenten städtebaulichen Boden-Neuordnung und Stadtreparatur in der Außenstadt genutzt werden kann. Durch Flächentausch könnten z.B. landwirtschaftlich genutzte Flächen mit aufgelassenen Gebäuden entlang der Schönerlinder Straße bebaut werden. Haupthindernis für ein derartiges Grundstücksgeschäft ist der auf 16 Einzeleigentümer verteilte Grundbesitz. Ferner gibt es bauliche Potentiale entlang der südlichen Straßenseite des Rosenthaler Weges, der durch Ankauf und Flächentausch entwickelt werden könnte, um die Zentralität des Quartiers am Hugenottenplatz und Nahversorgungsqualität, Handel und kulturelle Infrastruktur zu stärken.
Die bisherige „alternativlose Planungspraxis“ sollte überprüft werden, damit nicht die bekannter Bau-Fehler von Satelliten-Vierteln auf der Elisabeth-Aue wiederholt werden.