Auch der Europäischen Kommission ist ein Lichtlein aufgegangen, nach Glühbirnenverbot und Energiesparlampen geht es nun um Kerzen. Passend zur Adventszeit verkündete die Europäische Union, dass man an einer neuen Verordnung arbeitet, die auch die Sicherheit von Kerzen im Haushalt zum Gegenstand hat. Kerzen sind zwar ein Alltagsgegenstand, aber mit Kerzen seien auch „verschiedene Gefahren verbunden, die ein Risiko für die Sicherheit der Verbraucher darstellen können“.
Im Entwurf der neuen EU-Verordnung sind auf über vier Seiten – plus fünf Seiten Anhang – Sicherheitsanforderungen „für Kerzen, Kerzenhalter, Kerzenbehälter und Kerzenzubehör“ bis ins Detail festgelegt. Wer hat sich nicht schon geärgert, wenn eine dicke Zier- und Stumpenkerze im Adventskranz schon nach weniger als 60 Minuten völlig zerschmilzt, dabei möglicherweise sogar die Adventskranz in Brand setzt?
Die EU-Kommission nimmt sich auch dieser Fraege an, und will vorschreiben, dass Kerzen „während des Abbrennens stabil bleiben“ müssen. Weitere Kriterien: die Verbrennungsgefahr durch das Berühren der Kerze müsse „so gering wie möglich gehalten werden“. Die Flamme dürfe überdies zudem „maximal eine bestimmte Höhe erreichen“. Rußemissionen seien „so gering wie möglich zu halten“.
Nach Gurken nun Kleinscheiß?
Der Vorsitzende der CDU/CSU-Abgeordneten im EU-Parlament, Herbert Reul, kritisierte die Überregulierung durch die EU-Kommission scharf. „Während Europas Probleme brennen, regelt die Kommission weiter fröhlich jeden Kleinscheiß“, sagte er der „Bild“. „Was ist aus dem Versprechen geworden, sich nur noch um die großen Dinge zu kümmern?“
Auf den zweiten Blick doch notwendig
Auf den zweiten Blick entpuppt sich der Regulierungsansatz jedoch als nützlich für Konsumenten. So werden Blei- und Nickelverbindungen in Kerzen verboten und „es darf keine sichtbare Freisetzung von Ruß geben“ – das ist alles im Sinne der Gesundheit, denn die Schadstoffwerte der Innenraumluft steigen in der Weihnachtszeit regelmässig an. Das Bundesinstitut für Risikobewertung BfR hatte dazu bereits vor zwei Jahren eine umfangreiche Stellungnahme abgegeben ( Nr. 004/2014 des BfR vom 11. November 2013).
Begründet wird die neue EU-Verordnung auch, um Importe aus dem offenen Weltmarkt, wo der Zusatz von toxischen Inhaltsstoffen lockerer geregelt ist, einzudämmen.
Auch ein Blick in die Brandstatistiken gibt der aktuellen Diskussion über neue Sicherheitsanforderungen obendrein recht. 25.000 Tote infolge von Wohnungsbränden (2013) gibt es jährlich in der EU, mahnte etwa Jörg Wojahn, leitender Vertreter der EU-Kommission in Österreich.
Tatsächlich sind derartige Regulierungen sehr sinnvoll, denn beim Inverkehrbringen von Gebrauchgegenständen gibt es mannigfaltige Gefahren. Das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) hat etwa eine Verordnung über Gegenstände für den Schleimhaut-, Haut- und Haarkontakt sowie über Kerzen, Streichhölzer, Feuerzeuge und Scherzartikel erlassen (Verordnung über Gegenstände für den Humankontakt). In der Verordnung sind auch Tätowiermittel und Kerzen erfasst, und als gemeinsame Anforderung gilt, dass davon keinerlei Gefahren für die menschliche Gesundheit ausgehen dürfen.
Gütesicherung der deutschen Hersteller
Die „Kerzenhersteller der Gütegemeinschaft Kerzen e. V.“ haben sich in Deutschland schon seit 1996 zusammengeschlossen, und regeln die Produktqualität über Gütezeichen und Prüfanforderungen an Rohstoffe, an abbrandgetestete Kerzen sowie über eine Prüfung aller Inhaltsstoffe.
Die Europäische Gütegemeinschaft Kerzen e.V. regelt Qualität über das „Gütezeichen Kerzen“, das an seine Mitglieder vergeben wird, wenn deren Kerzen alle Anforderungen an Rohstoffe, Abmessungen, Gewicht, Farbe und Form erfüllen und einwandfrei abbrennen. Gefordert sind: eine leuchtende, ruhige Flamme, optimale Dochtkrümmung, rußarmes Brennen, kein Tropfen – und dazu auch das Einhalten der Brenndauer, bei einem minimaler Wachsrückstand.
Minimale Bürokratie – wäre das möglich?
Wenn es den Kerzenherstellern gelingt, selbst einen minimalen Wachsrückstand zu regeln – könnte man auch auf den Gedanken kommen, die EU-Kommission möge den wenigsten bürokratischen Aufwand anstreben.
Dann würde eine einzige EU-Richtlinie für „Alles“ genügen, die nur drei Paragraphen hat: §1 – Anerkennung und Anforderungen an Gütezeichen von Herstellern, §2 Prüfung und regelmässige Überwachung; §3 Gebührenordnung und Innovationsförderung.
Weitere Informationen:
Kerzen-ABC: Wissenswertes über Kerzen – Link