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Afrikas Hoffnung verlässt den Kontinent

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Wahrend sich aktuell in Deutschland eine neue Asyldebatte entfaltet, die sich um eine fragwürdige Begegnung in einem Bürgerdialog zwischen der Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel mit einem kleinen weinenden Mädchen entfaltet, spielt sich auf dem afrikanischen Kontinent ein ungeheures menschliches Drama ab: die Hoffnung auf bessere Zeiten wandert einfach aus.

In einem Gespräch mit Prinz Asfa-Wossen Asserate, Großneffe des letzten äthiopischen Kaisers Haile Selassie geht Jochen Hieber, Feuilleton-Redakteur der FAZ den Ursachen der Flüchtlingswelle nach Europa nach. Asserate hat heute die deutsche Staatsbürgerschaft und kümmert sich heute als Unternehmensberater um Außenwirtschaft und Entwicklungszusammenarbeit.

Prinz Asserate im Gespräch: Afrikas Hoffnung verlässt den Kontinent | FAZ 18.7.2015 | Jochen Hieber

„Wir können die Zäune noch so hoch machen, wir können uns noch so sehr um die Integration der in Europa Strandenden bemühen: Das Problem wird fortgeschrieben. Es gilt, die Ursachen zu bekämpfen.“ – „Bis zum Ende des Jahres werden eine halbe bis zu einer Dreiviertelmillion Menschen über das Mittelmeer nach Europa geflohen sein. Diese Zahl ist zum einen dem Bürgerkrieg in Syrien geschuldet, zum anderen der Migration aus Afrika.“

Asserate: „Was die afrikanischen Flüchtlinge betrifft, fürchte ich, werden wir bald nicht mehr von Migration sprechen, sondern von Völkerwanderung. Derzeit, so das UN-Flüchtlingshilfswerk, leben weltweit 59,5 Millionen Menschen außerhalb ihres Heimatlandes. 35 Millionen davon kommen aus Afrika. Die Frage, wie man damit umgeht, ist für mich die größte Herausforderung Europas im 21. Jahrhundert. Was machen wir in Europa, wenn bald nicht mehr Tausende von Afrikanern zu uns drängen, wie wir das heute sehen, sondern Millionen Menschen sich auf den Weg machen? Wenn diese Menschen sagen: „Ihr könnt euer Militär schicken oder Bomben werfen, wir gehen weiter, denn in unseren Heimatländern gibt es keine Hoffnung mehr auf ein menschenwürdiges Leben.“

„Das größte Rätsel für mich ist dabei, warum die Europäer bisher fast ausschließlich versuchen, die Symptome des Problems zu behandeln. Sie fragen: Wie hoch kann man die Zäune noch machen? Wie abschreckend wollen wir sein? Oder: Wie können wir die Menschen, die zu uns kommen, am besten integrieren und wie viele? Es gilt aber, die Ursachen der unermesslichen Menschenflucht zu begreifen, um ihr angemessen zu begegnen.“

m/s