Donnerstag, 18. April 2024
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Arbeiten in der Schweiz: Tipps für Auswanderer

Schweizer Franken

von Martin Ritter

Im Ausland zu arbeiten bedeutet, den kulturellen Horizont zu erweitern und neue Arbeitsweisen zu erlernen. Wer es schafft, sich im Job im Ausland zu behaupten, gilt als mutig, flexibel und lebenserfahren. In jungen Jahren sind Saisonjobs im Ausland eine gute Möglichkeit, den eigenen Lebenslauf aufzupolieren. Eine dauerhafte Stelle im Ausland, die auf Jahre angelegt ist, erfordert allerdings noch etwas mehr Mut. Schließlich bedeutet dies, den Lebensmittelpunkt komplett zu verlagern, Familie und Freunde in der Heimat zurückzulassen und anderswo ganz neu anzufangen.

Eines der bevorzugten Länder für Auswanderer ist die Schweiz. Viele schätzen die ökonomischen Möglichkeiten in der Schweiz, denn die wirtschaftliche Lage ist stabil, der Arbeitsmarkt interessant und die Gehälter im Vergleich zu Deutschland höher. Doch bei genauerem Hinsehen wird klar, dass es auch weniger attraktive Seiten gibt. Beispielsweise sind die Lebenshaltungskosten höher und fressen einen Großteil des Gehalts auf. Außerdem müssen Arbeitnehmer die Krankenversicherung komplett aus eigener Tasche bezahlen.

Der Beitrag stellt die wichtigsten Aspekte vor, die Auswanderungswillige abwägen und durchkalkulieren sollten, bevor sie die Entscheidung treffen, in die Schweiz auszuwandern.

Arbeiten in der Schweiz
Leben und arbeiten, wo andere Urlaub machen: Die Schweiz lockt jährlich viele Touristen und Auswanderer an. – Foto: pixabay.com

Dauerjob oder Saisonarbeit: Die Bewilligungen im Überblick

Die Schweiz kennt drei verschiedene Aufenthaltsbewilligungen, die sich an der Dauer und Art des Aufenthalts orientieren.

Ausweis L – Kurzaufenthaltsbewilligung
Wer einen befristeten Arbeitsvertrag zwischen drei und zwölf Monaten in der Schweiz vorweisen kann, benötigt die Kurzaufenthaltsbewilligung. Diese ist bei Bedarf um ein Jahr verlängerbar.

Ausweis B – Aufenthaltsbewilligung
Die Aufenthaltsbewilligung ist für diejenigen interessant, die einen befristeten Arbeitsvertrag von mehr als 12 Monaten oder einen unbefristeten Arbeitsvertrag haben. Mit Ausweis B dürfen deutsche Arbeitnehmer 5 Jahre in der Schweiz bleiben. Bei Antragstellung müssen entsprechende Nachweise des Arbeitgebers wie etwa eine Arbeitsplatzgarantie vorgelegt werden. Außerdem ist eine Arbeitsgenehmigung einzuholen.

Ausweis G – Grenzgängerbewilligung
Wer in Deutschland wohnt und über die Grenze zur Arbeit täglich in die Schweiz pendelt, benötigt die Grenzgängerbewilligung. Auch hier ist der Arbeitsplatz bei einem Schweizer Arbeitgeber nachzuweisen. Steuerliche Sonderregelungen gelten für diejenigen, die während der Woche in der Schweiz bleiben und nur am Wochenende nach Deutschland zurückfahren.

Sozialversicherungen in der Schweiz: wichtige Unterschiede zu Deutschland

Wenn Arbeitnehmer in der Schweiz arbeiten, führen Arbeitgeber Abgaben für diverse Sozialversicherungen ab, unter anderem für die Arbeitslosen- und Invalidenversicherung, Alters- und Hinterlassenen-Versicherung und für die Berufsvorsorge. Damit besteht eine ähnliche Absicherung wie in Deutschland – bis auf einen entscheidenden Unterschied:

Das Krankenversicherungssystem in der Schweiz unterscheidet sich stark von dem in der Bundesrepublik. Anders als in Deutschland zahlen Arbeitgeber nicht in die Krankenversicherung ein. Stattdessen müssen sich Arbeitnehmer selbst krankenversichern und den Beitrag vollständig alleine bezahlen. Aus diesem Grund sollten sie auf der Suche nach einer Krankenversicherung vergleichen, welches Angebot am besten zum persönlichen Budget und zu den individuellen Anforderungen passt. Es gibt beispielsweise Tarife mit niedrigem oder höherem “Franchise”, was so viel wie Kostenbeteiligung bedeutet. Dabei gilt: Je höher die Franchisesumme im Vertrag vereinbart wird, desto niedriger fällt der monatliche Krankenversicherungsbeitrag aus.

Pflicht ist ein Standard-Grundkrankenversicherung, die gängige Untersuchungen und Leistungen im ambulanten wie stationären Rahmen abdeckt. Versicherte können über die Grundversicherungen Vorsorgeuntersuchungen, Medikament und ärztlich verordnete Behandlungen nutzen. Sollen über die Grundversicherung hinausgehende Leistungen abgesichert werden, zum Beispiel zahnärztliche Behandlungen, sind Zusatzversicherungen notwendig. Bei der Krankenversicherung gilt es, sich umfassend zu informieren und sich den persönlichen Schutz individuell zusammenzustellen. Mit den vielen verschiedenen Angeboten in der Schweiz lässt sich ein sehr guter und umfassender Krankenversicherungsschutz konzipieren, der im internationalen Vergleich im oberen Bereich angesiedelt ist.

Entlohnung in der Schweiz

In der Schweiz ist das Lohngefüge höher als in Deutschland. Dies ist auch einer der Hauptgründe, weshalb Deutsche in der Schweiz arbeiten wollen. Allerdings sind die Lebenshaltungskosten ebenfalls höher als in Deutschland, sodass der Unterschied am Ende gar nicht mehr so groß ist. Generell wird unter Kollegen nicht über das Gehalt gesprochen, aber wer sich im Internet umschaut und intensiv recherchiert, wird Lohnvergleichsseiten finden und auch Seiten, die einen Überblick über die Kaufkraft und den damit verbundenen Lebensstandard im Vergleich zu Deutschland liefern. Wer von Deutschland in die Schweiz pendelt, profitiert am meisten von den Gehaltsunterschieden. Dies gilt zumindest dann, wenn die Fahrkosten sich im Rahmen halten. Günstig in der Schweiz zu leben ist nicht ganz einfach, zumindest nicht in den Ballungszentren. Es besteht die Möglichkeit, sich ein WG-Zimmer zu mieten, doch auf Dauer ist dies keine echte Lösung, insbesondere dann nicht, wenn die Familie nachziehen soll. Bei einem etwas bescheidenerem Lebensstil lässt sich aber auch mit einem Durchschnittsgehalt in der Schweiz ein angenehmes Leben führen.

Arbeiten in der Schweiz
In der Gastronomie- und Tourismusbranche werden jedes Jahr Saisonarbeitskräfte gesucht. – Foto: pixabay.com

Stellensuche in der Schweiz

Diejenigen, die erst einmal ausprobieren wollen, ob die Schweiz das richtige Auswanderungsland für sie ist, bewerben sich auf eine Saisonstelle. Im Tourismusbereich werden vor allem während der Hauptsaison engagierte Mitarbeiter besucht. Wenn bereits klar ist, dass die Schweiz die neue Heimat werden soll, startet die Suche am besten online. Vor allem qualifizierte Arbeitnehmer haben gute Chancen in der Schweiz. Allerdings werden nicht alle deutschen Abschlüsse in der Schweiz anerkannt. Hier ist es unerlässlich, im Einzelnen zu klären, welche Zertifikate und Qualifikationen als gleichwertig eingestuft werden. Eine hilfreiche Übersicht liefert diese Website zur Anerkennung von ausländischen Berufsdiplomen. Bürokratische Hürden warten in fast jedem Berufszweig und es ist dringend zu empfehlen, sich zeitig im Vorfeld zu informieren.

Arbeitsbedingungen: Arbeitszeit, Urlaubsanspruch, Kündigungsfristen

Die schweizerischen Arbeitsbedingungen sind im Vergleich zu Deutschland teilweise ungünstiger. Folgende Aspekte spielen bei der Entscheidung für oder gegen einen Job in der Schweiz erfahrungsgemäß eine zentrale Rolle:

  • Die durchschnittliche Arbeitszeit liegt bei 42 Stunden. Manche Arbeitgeber erwarten sogar 45 Stunden. In höheren Positionen sind 60 Stunden Wochenarbeitszeit nicht unüblich.
  • Der jährliche Urlaubsanspruch beläuft sich auf vier Wochen. Führungskräfte über 50 können mit fünf Wochen rechnen.
  • Längere Ausfallzeiten durch Krankheit können sich auf den Urlaub auswirken. Manche Arbeitgeber kürzen die Urlaubstage entsprechend ein.
  • Die Krankenversicherung müssen die Mitarbeiter selber bezahlen.
  • Eine Unfallversicherung wird seitens des Arbeitgebers nur für acht Stunden pro Woche gewährt.
  • Die Kündigungsfrist liegt zwischen einem und drei Monaten. Wer allerdings in der Probezeit erkrankt, kann unter Umständen innerhalb von 7 Tagen gekündigt werden.

Wie in Deutschland sind Krippenplätze und Kitaplätze in der Schweiz knapp. Auch das Modell der Tagesmutter ist in der Schweiz anerkannt. Die Kosten für die Kinderbetreuung sind generell teurer als in Deutschland.

a/m