Am Tag der Arbeit ruhte der Bagger, das Bierfaß wurde um 15 Uhr angestochen – die Willner-Brauerei öffnete erstmals ihren rostigen Zaun für ein buntes Publikum. Die alten Gemäuder der ehemaligen Brauerei und der Hof verbreiten eine provisorisch-staubige Atmosphäre – noch befindet man sich inmitten einer Baustelle. Die Biertheke im künftgen Biergartenrestaurant war gut besucht – und vor dem Neuland-Grillkiosk bildete sich eine lange Schlange.
Eröffnung der Willner Brauerei Berlin am 1.Mai 2013
Die Eröffnung scheint geglückt: Pankow-Süd bekommt einen neuen Publikumsmagnet und eine eigene lokale Kulturszene. Erste Künstler haben bereits ihre Werkstattateliers bezogen. Eine Holzwerkstatt, Keramik und Gold- und Schmuckdesign lockten erste Interessenten und sogar Käufer. Die Initiatoren haben vor allem lokale Künstler und Aktive angesprochen – und so ist hier mehr „Pankow“ als „Prenzlauer Berg“ zu finden.
Die angebotenen Führungen durch die alte Brauerei und ihre Keller waren schnell überbucht – viele neugierige Besucher mußten auf das kommende Wochenende vertröstet werden.
Biergarten in der Willner Brauerei
Das Leitthema „WBB Inside – Zwischennutzung als kreativer Prozess“ wurde bewußt sparsam inszeniert. Die Initiatoren machen den kreativen Bauprozeß zur „Schaustelle“ und zum Objekt kultureller Auseinandersetzung mit der alten Substanz des Ortes.
Ateliers, Eventlocation, Ausstellungsflächen, Büros, Biergarten und Klubs – so wird die künftige Mischung den alten Brauerei-Standort kreativ neu beleben.
Geschichte:
Die Weißbierbrauerei Willner war von 1882 bis 1990 eine Berliner Bierbrauerei und hat bis heute eine sehr wechselvolle Geschichte.
1882 von Emil Willner gegründet, wurde 1935 die Berliner Brauerei eine Offene Handelsgesellschaft, weshalb sich der Namen in Berliner Weissbierbrauerei E. Willner OHG änderte. 1948 entstand eine Aktiengesellschaft, weshalb der Brauereiname in Willner Brauerei AG geändert wurde. 1949 erfolgte die Enteignung und die Eingliederung in die Berliner Brauereien GmbH als Treuhandbetrieb Willner Brauerei. Im selben Jahr jedoch konnte wieder ein eigener Betrieb entstehen.
In der DDR-Zeit wurde der Betrieb zum VEB bzw. VVB.
1959 wurde die Brauerei Willner dem VEB Schultheiß Brauerei Schönhauser Allee als Abteilung Willner unterstellt. Zehn Jahre später, 1969, wurde die Brauerei dem VEB der Berliner Brauereien unter dem Betrieb VI Schultheiß Schönhauser Allee als Abteilung Weißbier geführt. Im selben Jahr gründete sich der VEB Getränkekombinat Berlin, dem sich die Brauerei erst 1990 anschloss. Nachdem das Getränkekombinat auf Grund der Wiedervereinigung 1990 aufgelöst wurde, gliederte es sich in die Brau- und Erfrischungsgetränke AG Berlin (BEAG) als Weißbier Brauerei ein. Die BEAG war ein Gemeinschaftsunternehmen der zur Oetker-Gruppe gehörenden Brau und Brunnen-Gruppe (BBAG). 1990 wurde die Brauerei geschlossen.
Neuanfang als kreatives Zentrum
Nachdem das Gelände lange Zeit als Altwarenhandel und Flohmarkt genutzt wurde, hat eine Künstler-Gruppe das Gelände von der Nicolas Berggruen-Holdings GmbH als Zwischennutzer gepachtet. Das WBB-Team besteht aus Dominique Zuschlag (Klub der Republik), Tine Linder und Robert Schmidt, die das kreative Konzept der Zwischennutzung erarbeitet haben, und Christian Zeller.
Die bestehenden Gebäude sollen zuerst gesichert und nutzbar gemacht werden, ohne aufwendige Sanierungen durchzuführen. Viel Kapital haben die neuen Nutzer nicht, aber jede Menge Ideen, Kreatitivät und Tatkraft. Jeder Euro muß zuerst durch die neue Zwischennutzung verdient werden.
Die alte Willner-Brauerein wird zur neuen Behausung, zum Spielort und zur Szenerie für Performance, Theater, Installation und Kunst – sowie für die kreative Auseinandersetzung mit alter Architektur.
Auch Musik wird nicht fehlen: der Klub der Republik zieht ins Trafohäuschen und wird schon bald seine Türen öffnen.
Zuerst ist eine Ausstellung zur Geschichte und Zukunft des Geländes geplant – die Mitarbeit des Museum Pankow zeigt auch, wie bedeutsam dieses alte Industriedenkmal für den Bezirk Pankow ist. Neben historischen Exponaten aus dem Bestand des Museums werden auch Modelle und Entwürfe von Architekturstudenten der Beuth-Hochschule gezeigt, sowie eine Fotoausstellung mit Aufnahme des Geländes und der alten Keller und Räume. Zusehen ist die Schau zunächst vom 1. bis 5. Mai auf dem Gelände.
Was ist geplant?
Nach der Eröffnungswoche wird der Biergarten bis Oktober ständig geöffnet bleiben. Ein Projektraum für zeitgenössische Kunst soll ebenfalls dauerhaft geöffnet werden. Daneben zeigen die Künster und Kreativen ihre Ateliers und Werkstätten Zollhauses und einigen Remisen ihre Arbeit. Mit der Eröffnung des Klubs der Republik wird auch ein reges Nachleben in des Gelände einkehren.
Die ca. 3000 qm umfassenden Flächen des ehemaligen Brauhauses sollen zu einem frei gestaltbaren Kunst-Labor umgebaut werden.
1000 qm Außenfläche soll teils gemeinschaftlich, z.B. durch einen Urban Gardening Space und ein Freiluftkino genutzt werden, oder teilweise für Kunstprojekte temporär zur Verfügung stehen.
Die Zwischennutzung ist zunächst für fünf Jahre gesichert. Eine Option auf Vertragsverlängerung um weitere fünf Jahre steht im Vertrag. Ob die Nicolas Berggruen-Holdings GmbH hier jemals einen ursprünglich geplanten Supermarkt errichten wird, bleibt bis dahin offen.
Weitere Informationen:
WILLNER BRAUEREI BERLIN
Berliner Strasse 80-82
13189 Berlin-Pankow