Berlin ist eine grüne Stadt, rund 82 Straßenbäume stehen im Durchschnitt auf jedem Straßenkilometer – insgesamt über 438.000 Bäume.
Die vielen Bäume in Vorgärten, Kleingärten, auf privaten Grundstücken und begrünten Höfen sind dabei nicht mitgezählt. Doch ihre Zahl schwindet – besonders in Pankow.
Bedingt durch Straßensanierungen, Baumaßnahmen und durch eine extensive Genehmigungspraxis verschwinden in Pankow mehr Bäume von der Bildfläche, als nachgepflanzt werden.
Warum das so ist, ist vielen Bürgerinnen und Bürgen ein Rätsel – denn eigentlich wird doch Pankow von einem „grünen Stadtrat“ regiert: „Jens-Holger „Baum-ab“ Kirchner“, wie es jüngst ein Naturschützer scherzhaft monierte.
Doch ganz so einfach ist es nicht: in der Broschüre „Baumschutz in Berlin“, die gemeinsam vom Naturschutzbund Deutschland und der Stiftung Naturschutz Berlin herausgegeben wird, wird aufgezeigt, wie kompliziert die gesetzliche Lage mit Baumschutzverordnung, dem Naturschutz und der konkurrierenden „Verkehrssicherungspflicht“ aussieht:
„Die Verkehrssicherung ist im BGB § 823 – Schadensersatzpflicht – verankert und steht über anderen Rechten, also auch über dem Naturschutz. Im Konfliktfall hat der Baum deshalb erfahrungsgemäß nur selten eine Chance.“
Übrigens: ab dem 1. März gilt der Naturschutz:
„Nach dem Berliner Naturschutzgesetz (NatSchG-Bln) ist es verboten, „Bäume, Gebüsch, Ufervegetation oder ähnlichen Bewuchs in der Zeit vom 1.März bis 30. September abzuschneiden, zu fällen, zu roden oder auf andere Weise zu beseitigen“. Das gilt auch für Privatgärten und dient vor allem dem Schutz brütender Vögel und anderer Tiere“.
Pankower Baumspenden-Kampagne wenig erfolgreich
Die vom Bezirk Pankow ausgerufene Spendenkampagne für 2014 war ein Flop. Statt erhofften 100 Bäumen wurden ganze 5 Bäume neu gespendet und gepflanzt. Neupflanzungen wurden deshalb vor allem als Ersatzpflanzungen bei laufenden Straßenbaumaßnahmen durchgeführt. Allerdings sind die Baumpflanzungen auf privaten Grundstücken und Neubaugrundstücken dabei nicht mitgezählt.
Wer stellt eigentlich die Fällgenehmigungen aus?
Der Baumschutz ist übrigens ein Regelungsbereich, der in Pankow zwei verschiedenen Zuständigkeiten unterliegt: steht ein Baum auf einem Privatgrundstück, so ist das Umwelt- und Naturschutzamt unter Bezirksstadtrat Dr. Torsten Kühne (CDU) zuständig. Auf öffentlichen Straßenland ist dagegen das Straßen- und Grünflächenamt zuständig.
Eine Bilanz der Baumfällungen und Neuanpflanzungen müßte daher auch beide Zuständigkeiten im Bezirk betrachten, denn im Zuge der Fällgenehmigungen und Baugenehmigungen werden auch Ersatzpflanzungen auf privaten Grundstücken angeordnet.
Die Verteilung der Zuständigkeiten auf zwei verschiedene Stadträte ist eine Pankower Besonderheit. Eine Konzentration der Zuständigkeiten könnte sicher Reibungsverluste ersparen, denn wenn ein Baum an einer privaten Gehwegüberfahrt steht, reichen dessen Wurzel in das öffentliche Straßenland hinein – oder umgekehrt.
Anders dagegen im Bezirk Lichtenberg: hier sind Stadtentwicklungsamt, Straßen- und Grünflächenamt und Umwelt- und Naturschutzamt nur einem Stadtrat unterstellt. Hier gibt es ein eigenes Sachgebiet Baumschutz mit drei Mitarbeiterinnen.
Nur zwei Berliner Bezirke haben übrigens eine positive Baum-Bilanz: in Berlin-Mitte und Friedrichshain-Kreuzberg wurden 2012/2013 mehr Straßenbäume neu gepflanzt, als gefällt. In Pankow ist die Bilanz schon seit Jahren negativ. 2013/2013 gab es ein Defizit von 818 Bäumen. In Lichtenberg waren es dagegen nur 266 Bäume weniger.
Doch schon im Jahr 2010/2011 fehlten über 10.349 Bäume in Berlin.
Kampagne „Stadtbäume für Berlin“
Im Rahmen des laufenden Umweltentlastungsprogramms sollen bis Ende 2017 10.000 zusätzliche Straßenbäume gepflanzt werden, dazu hat die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz die Kampagne Stadtbäume für Berlin ins Leben gerufen, die auch zu Spenden aufruft.
Die Kampagne kam jedoch auf politischen Druck des BUND zustande, die ganze seltsame Geschichte ist auf FUTURZWEI nachlesbar.
Aktuell läuft die 6. Pflanzperiode, die noch bis zum 28.2.2015 dauert. Das Spendenvolumen ist jedoch spärlich und nach einem Rekordjahr 2013 mit 250.843,58 € sind aktuell nur etwa 27.875,00 € (Stand: 09.02.2015) in der Kasse.
Immerhin werden rund 1.200 Euro benötigt, damit ein Berliner Straßenbaum gepflanzt und die ersten drei Jahre besonders gepflegt werden kann. Die Kampagne stockt die privaten Spendenmittel auf: immer wenn 500 Euro erreicht sind, gibt der Senat aus Landesmitteln den Rest dazu.
Doch die vom BUND geführte Straßenbaum-Bilanz sieht katastrophal aus: 2011 fehlten bereits 10.359 Straßenbäume.
Die Berliner Stadtpolitik hat nun noch zwei weitere Pflanzperioden Zeit, im Herbst 2015 und im Frühjahr 2016, bis sie wieder vor die Wahlbürger tritt und Rechenschaft ablegt.
Pankows grüner Stadtrat muß sich nun wohl etwas mehr anstrengen. Sein für den Natur- und Umweltschutz zuständiger Amtskollege sollte dabei mehr auf die „Umweltbilanz“ des Bezirks Pankow achten.
Weitere Informationen:
Straßenbäume Berlin – Bestandsdaten – Link
Kampgagne Stadtbäume für Berlin – Link
Baumschutz in Berlin – Broschüre NABU/Stiftungs Naturschutz Berlin – Link