Donnerstag, 03. Oktober 2024
Home > Kultur > bbk berlin: VIELE BLÜTEN WENIG FRÜCHTE

bbk berlin: VIELE BLÜTEN WENIG FRÜCHTE

Herbert Mondry

Rund 10.000 Künstler sind in Berlin, der „berufsverband bildender künstler berlin e.V. (bbk berlin) vertritt die Interessen von rund 1.700 Mitgliedern und organisiert stellvertretend die Interessen vieler weitere bildender Künstler. In die harten Verhandlungen zum Entwurf des neuen Doppelhaushaltes 2016/2017 hat der bbk berlin viel beigetragen – übrigens in engen Abstimmungen auch mit anderen Initiativen und Verbänden der aus der Kunst und der freien Theaterszene.

Herbert Mondry
Herbert Mondry, 1.Vorsitzender des bbk Berlin e.V. – Foto: BBK

Herbert Monry, langjähriger Vorsitzender des bbk berlin meldete sich gestern gemeinsam mit dem Geschäftsführer des Berufsverbandes per Newsletter zu Wort. Die Stellungnahme wird hier im Wortlaut veröffentlicht.

VIELE BLÜTEN WENIG FRÜCHTE
Der bbk berlin zum gerade veröffentlichten Entwurf des Kulturhaushaltes 2016/2017 | 14.8.2015

„Am Baum der guten Vorsätze“, so Konfuzius,“ wachsen viele Blüten, aber nur wenige Früchte.“

Von guten Vorsätzen, endlich mehr für die Freie Kunstszene und für Künstlerinnen und Künstler selbst tun zu wollen, war aus der Berliner Kulturverwaltung zuletzt einiges zu hören. Jetzt liegt der Haushaltsentwurf des Senates für die Jahre 2016 und 2017 in verbindlicher Form vor. Für die knapp zehntausend professionellen Bildenden Künstlerinnen und Künstler in Berlin sieht dieser Entwurf vor:

Ateliers und Atelierförderung

Die Atelierförderung für Bildende Künstlerinnen und Künstler wird nach Intervention des bbk berlin von der Verwaltung zwar nicht mehr grundsätzlich in Frage gestellt, aber auch nicht erweitert oder verbessert. Zwar sieht der Senat die erhebliche Summe von insgesamt 3,5 Millionen Euro zusätzlich für eine verbesserte Förderung von Arbeitsräumen für „Kreative“ und die „Freie Szene“ vor, lässt aber ihre Zweckbestimmung unbestimmt und schließt mit diesen Begriffen selbst eine künftige Förderung von Kreativ- und Kulturwirtschaft – die nicht Aufgabe des Kulturhaushaltes sein kann! – nicht aus. Ob und welche spartenspezifischen künstlerischen Bedarfe – wie etwa der Atelierbedarf Bildender Künstlerinnen und Künstler – zusätzlich gedeckt werden soll, will der Senat „prüfen“.

Zur Erinnerung: allein im Atelierbüro des Kulturwerkes des bbk berlin liegen 7.000 (!) Atelierbedarfsanmeldungen von Bildenden Künstlerinnen und Künstlern vor. Auf die aktuelle Ausschreibung des Atelierbüros für 4 freiwerdende öffentlich geförderte Ateliers haben sich jetzt 142 (!) Künstlerinnen und Künstler beworben. Auf 1 frei werdendes Atelier kommen also 35 Bewerber. Im übrigen ist der größte Teil der neu geplanten Mittel für Investitionen in landeseigene Liegenschaften vorgesehen – hier liegen zwischen Planungsbeginn und Projektrealisierung erfahrungsgemäß jedoch regelmäßig mehrere Jahre. Der aktuellen Verdrängung von Kunst und ihren Orten lässt sich damit nicht begegnen.

Stipendien- und Projektförderung

– Eine neue Stipendien- und Projektförderung für Bildende Künstlerinnen und Künstler mit Tiefen- und Breitenwirkung, wie vom bbk berlin mit dem Projekt „Zeitstipendien“ und einen Volumen von 2,5 Millionen Euro für 350 Zeitstipendien jährlich vorgeschlagen, sieht der Entwurf nicht vor. Auch die Zahl und das Volumen der traditionellen Arbeitsstipendien für Bildende Künstlerinnen und Künstler bleibt unverändert. Für alle künstlerischen Sparten zusammengenommen sind zusätzlich 1,5 Millionen Euro für „spartenübergreifende Arbeits- und Recherchestipendien“ in den Entwurf eingestellt. Auch hier sind Förderzwecke und -ziele nicht näher bestimmt.

Allein für 43 im Juni spontan ausgeschriebenen Stipendien, die die Kulturverwaltung aus ersten city – tax – Einnahmen finanzieren konnte, gab es jedoch in nur vier Wochen über 1300 Bewerbungen Bildender Künstlerinnen und Künstler! Angesichts der Tatsache, dass es für die nahezu 10.000 Bildenden Künstlerinnen und Künstler so gut wie keine Projektförderung und ansonsten nur 15 unter prohibitiven Bedingungen ausgeschriebene Arbeitsstipendien im Jahr gibt, bleibt hier nur das Resumee von Klaus Staeck: „Nichts ist erledigt…“.

Atelierhaus Prrenzlauer Promenade 149-152 in Pankow
Atelierhaus Prrenzlauer Promenade 149-152 in Pankow wird durch Berlinovo saniert

Projekträume

– 445.000 Euro sind zusätzlich für Preisvergaben an Veranstaltungs- und Produktionsorte vorgesehen. Die Verwaltung lässt dabei jedoch die bisherige Bindung der Preise an künstlerische Projekträume mit Schwerpunkt Bildende Kunst und die Kooperation mit dem Netzwerk der Projekträume fallen und will diese Preise wiederum ohne klare Definition von Förderzielen und -Zwecken oder Auswahlverfahren „spartenübergreifend“ vergeben.

Ausstellungshonorare

– Ein Betrag von 300.000 Euro ist für die Zahlung von Ausstellungshonoraren durch die Berliner Kommunalen Galerien und Kunstvereine vorgesehen – die Summe dürfte nicht ausreichen, grundsätzlich aber ist damit ein erster wichtiger Schritt zur angemessenen Honorierung künstlerischer Leistungen getan. Es ist also noch viel zu tun.

Die Atelierförderung muss schnell und wirksam verbessert werden. Die dafür nötigen Mittel sind da; sie reichen auch aus, um auf Raumbedarfe anderer Kunstsparten zu reagieren. Sie müssen dafür aber umgeschichtet, ihre Verwendungszwecke müssen klar definiert werden. Eine neue Künstlereinzelförderung – die Zeitstipendien – muss aufgebaut und finanziert werden – falls nicht anders möglich, dann außerhalb des „Regelhaushaltes“ durch zusätzliche Einnahmen aus der city tax. Das ist nun Sache des Berliner Abgeordnetenhauses – denn das Parlament bestimmt den Haushalt, nicht die Verwaltung.

Herbert Mondry
1. Vorsitzender bbk berlin e.V.

Bernhard Kotowski
Geschäftsführer des bbk berlin e.V.

berufsverband bildender künstler berlin e.V. (bbk berlin) | Köthener Str. 44 | 10963 Berlin | www.bbk-berlin.de

Weitere Stellungnahmen der Interessenverbände aus Kunst & Kultur und der freien Szene werden hier noch vor der Sitzung des Kulturausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses Ende August veröffentlicht. Eingeladen sind u.a. Koalition der Freien Szene, Rat für die Künste, LAFT e.V., Verein Berliner Künstler e.V. und Kulturpolitiker aus den Berliner Parteien.

m/s