Donnerstag, 28. März 2024
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in Gefahr?

Bibliothek Wilhelmsruh
in Gefahr?

Bibliothek Wilhelmruh

Der Verein Leben in Wilhelmsruh e.V. betreibt seit 2006 auf dem Gelände des PankowParks seine Bibliothek. In dem ehemaligen Pförtnerhaus des über hundert Jahre alten Industriegebiet hat der Verein eine funktionierende Bibliothek aufgebaut, die heute als sogenannte Ehrenamtsbibliothek geführt wird.

Bibliothek Wilhelmruh
Bibliothek Wilhelmruh in der Hertzstr. 61 – Foto: Marion Kuhnert

Doch der Fortbestand der Bibliothek ist bedroht. Mit dem Rückzug von ABB aus Berlin beabsichtigt die ABB Grundbesitz GmbH & Co.KG nunmehr, ihren Grundbesitz auf dem Gelände des PankowParks möglichts kurzfristig zu veräußern. Damit sind auch Liegenschaft und Gebäude betroffen, in denen der Verein beheimatet ist.

Mit Ablauf des Mietvertrages droht die Schließung der Bibliothek. Doch das Aus für den beliebten und gewachsenen Mittelpunkt deskulturellen Lebens in Wilhelmsruh wäre ein herber Verlust für den Ortsteil, der eine wachsende Einwohnerzahl verzeichnet.

Ehrenamtliche Aufbauarbeit und Fördermittel

Das Gebäude 19 des PankowParks, in dem der Verein sein Zuhause gefunden hat, wurde nach der Übernahme erst instand gesetzt und musstemit hohem personellen Aufwand von Grund auf saniert werden. Mehr als 100.000 freiwillige Arbeitsstunden wurden geleistet.
Dies gelang mit Unterstützung von mehr als 150 Freiwilligen von THW, Feuerwehr, ganzen Sportvereinen und vielen Wilhelmsruher Bürgerinnen und Bürgern.

Dazu kamen auch erhebliche Sachspenden in Höhe von 278.000 €, die teilweise ortsansässigen von Firmen wie PI-Informatik, Stadler, KST, Alstom, ABB, Berliner Wasserbetriebe und Vattenfall gestiftet wurden.

Die Bibliothek ist so ein echtes Gemeinsschaftswerk geworden, das auch dem Gewerbepark ein Stück neue Identität verleiht.

Verhandlungen aufgenommen mit dem Ziel „Erwerb“

Um dem Fortbestand der Bibliothek zu sichern, hat der Vorstand des Vereins „Leben in Wilhelmsruh e.V.“ mit der Verkäuferin ABB Grundbesitz GmbH & Co.KG bereits Verhandlungen zum Erwerb der Immobilie aufgenommen. Es Kaufpreis steht noch nicht fest, weil auch der Bezirk Pankow noch erheblichen Einfluß auf die Gestaltung von Wege- und Baurechten hat.

Für dieses ehrgeizige Projekt wird nun dringend nach Unterstützern aus Politik, Wirtschaft und Kultur gesucht.

Die ABB Grundbesitz GmbH & Co.KG hat in der Vergangenheit durchaus auch vernünftige Grundstücksübertragungen „nicht betriebsnotwendiger Gebäude und Flächen betrieben. So wurde etwa der Bunker günstig veräußert, in dem heute Black Box Music den wohl spannendsten „Probenraum“ östlich von Los Angeles und London betreibt: hier können schallgeschützt große Live-Konzerte geprobt werden.
Ob das Gebäude nebst Grundstück für einen günstigen Preis zu bekommen ist, wird letztlich über den Erhalt entscheiden.

Erfolgreiches bürgerschaftliches Engagement

Der Verein Leben in Wilhelmsruh e.V. hat viel dazu beigetragen, und die Bibliothek in der Hertzstraße zu einem Erfolgsprojekt gemacht. Die Tatkraft vieler ehrenamtlich tätiger Wilhelmsruher Bürgerinnen und Bürger ermöglicht einen Bibliotheksbetrieb mit mehr als 20 Öffnungsstunden wöchentlich.

Daneben hat sich der Verein der Leseförderung verschrieben und führt in Zusammenarbeit mit umliegenden Schulen und Kindergärten regelmäßig Veranstaltungen durch. Außerdem gibt es regelmäßig Ausstellungen, Konzerte, Lesungen und Events.

Die Bibliothek ist damit zum festen Bestandteil des kulturellen Lebens in Wilhelmsruh geworden. Für sein bürgerschaftliches Engagement wurde der Verein auch schon mit dem „Ehrenpreis für ehrenamtliche Tätigkeit im Bezirk Pankow“ ausgezeichnet.

Der vor mehr vor zehn Jahren gegründete Verein „Leben in Wilhelmsruh e.V.“ nahm sich damals der öffentlichen Bibliothek an, die geschlossen werden sollte. Auf diese Weise wurde das kulturelle Leben im Ortsteil Wilhelmsruh gesichert. Heute hat der aktive Verein mehr als 120 Mitglieder.

Die SPD-Wilhelmsruh hat auch bereits im Juni in der BVV-Pankow reagiert, und einen Antrag gestellt: „Kulturelles Leben in Wilhelmsruh sicher und ausbauen“ (Drucksache VII – 07067).

Darin wird das Bezirksamt gebeten, eine Lösung zu finden:

„Das Bezirksamt wird ersucht, gemeinsam mit dem Verein „Leben in Wilhelmsruh“ Gespräche mit dem Grundstückseigentümer über eine langfristige Sicherung der Bibliothek – möglichst Kauf durch den Verein – sowie die Einrichtung einer Dauerausstellung über die Geschichte des Industriestandortes in Kooperation zwischen dem Bezirksamt und dem Verein „Leben in Wilhelmsruh“ zu führen.“

Kreative Lösung mit Hilfe der KLR?

Für den Erwerb spricht: Wilhelmsruh wächst und bekommt mehr Einwohner. Eine gerechte Beteiligung an den Mitteln der Kulturförderung und kulturellen Bildung muß auch der Bürgermeister im Auge behalten.

Bei der Bibliothek in Wilhelmsruh kommt aber noch ein Zukunftsaspekt zum Tragen:

Es gibt Pläne, die hochinteressante Industriegeschichte und Geschichte von Wilhelmsruh in einer Daueraustellung zu zeigen. Der Verein „Leben in Wilhelmsruh“ ist grundsätzlich bereit, diese geplante Dauerausstellung räumlich abzusichern und personell zu betreuen.
Hier könnte eine ähnliche Lösung zum Tragen kommen, wie schon in Prenzlauer Berg zwischen dem Seniorentreff „Herbstlaube e.V.“ und der Dauerausstellung „Zimmermeister Brunzel baut sich ein Mietshaus“ vereinbart wurde. Die Dauerausstellung wurde in das bezirkliche Fachvermögen des Museumsverbundes übernommen.
Aufgrund der konsequenten Anwendung der Kosten-Leistungsrechnung (KLR) konnten hier viele zusätzliche „Angebotsstunden“ errechnet werden, die dem Bezirk Pankow jährlich ab 2015 in der KLR mehr Geld belassen: rund 110-130.000 €.

Durch Anwendung der „kreativen Kosten-Leistungsrechnung“ (scherzhaft „kKLR“) kann der Bezirk Pankow so trotz Sparzwängen seine Mittel im Kulturbereich aufstocken, denn die Überweisungen an das Land Berlin verringern sich in entsprechender Höhe.

Wenn es gelingt, wäre der Fortbestand der Bibliothek gesichert. Ein Abschluss eines Kooperations- und Mietvertrages zwischen dem Bezirksamt und dem Verein nach dem Vorbild der Ausstellung „der Dauerausstellung „Zimmermeister Brunzel baut sich ein Mietshaus“ wäre nach den bisherigen Erfahrungen geeignet für einen kostendeckenden Betrieb. m/s

Weitere Informationen:

www.leben-in-wilhelmsruh.de

m/s