Dienstag, 08. Oktober 2024
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ChatGPT und redaktionelle Regulierungen zur „Künstlichen Intelligenz“

ChatGPT:

Von Michael Springer

„Künstliche Intelligenz wird die Arbeitswelt auf den Kopf stellen wie die Erfindungen des Computers oder des Smartphones. ChatGPT ist dabei der „iPhone-Moment“. Diese Revolution gefährdet viele Berufe. Nur die, die keiner mehr machen will, sind noch sicher.“ — So leitet Hannes Vogel einen Beitrag mit der spekulativen Überschrift „KI könnte 300 Millionen Jobs vernichten“ am 13.04.2023 auf n-tv.de ein.

Die Erwartungen an die neue Technologie der „Generative Pretrained Transformers (GPT) sind groß. Es gibt aber auch ernsthafte Warnungen, denn die bisherigen Versionen von ChatGPT arbeiten noch nicht fehlerfrei, vor allem wenn das „Trainingsmaterial“ Fehler, Irrtümer, falsche und mißverständliche Begriffe, Links und Kategorien enthält. Aus Sicherheitsgründen gibt es aber auch Limitierungen. So arbeiten die kostenlosen Probeversionen noch mit zwei Jahre alten Trainingsdaten, um aktive Beeinflussungen auszuschließen.

Mit der Integration von ChatGPT in die Microsoft Suchmaschine Bing und in Windows 11 wird die generative künstliche Intelligenz ChatGPT mit gewaltigen Investitionen marktreif gemacht. Schon jetzt ist nach ersten Tests und Erkenntnissen klar: die Arbeitswelt und Arbeitsprozesse, vor allem in den Redaktionen werden durcheinandergewirbelt.

Der aktuelle Hype verdeckt allerdings auch den Blick auf den Kern der Auswirkungen, denn es geht nicht nur um Computer, um das Internets und mobile Smartphones. Es geht vor allem um Köpfe, Gehirne, Kompetenzen und Verantwortung und journalistische und publizistische Verwantwortung. Die „neuronale und geistige Unversehrtheit des Menschen“ und seine Urheber- und Leistungsschutzrechte stehen plötzlich gänzlich auf dem Spiel!
Die Initiative Urheberrecht warnt daher in umfassender und detaillierter Form in einem offenen Brief: „Urheber:innen und Künstler:innen fordern Maßnahmen zum Schutz vor generativer KI in der Europäischen KI Verordnung.“

Redaktionelle Regeln für die Anwendung von KI-Sprachmodellen

In der Publizistik und Lokalpresse steht die „Autor-Person“ und ihre Verantwortung, Glaubwürdigkeit, Kreativität und die Faktizität für veröffentliche Texte, Daten und Bilder im Fokus.

Schon die Einrichtung eines digitalen Kontos auf dem PC mit einem Cloud-Betreiber von AI-Systemen berührt unmittelbar alle Autor- und Verlagsrechte.

Ist der Datenschutz und der Schutz vor dem Auslesen der Systemdaten an OpenAI-Systeme nicht gewährleistet, wird der Autor zum „kostenlosen Open-AI-Trainingspartner“ und „Personal-Trainer“ für ChatGPT. Damit werden alle eigenwirtschaftlichen, betrieblichen, arbeitsrechtlichen und presserechtlichen Interessen und Geheimhaltungspflichten verletzt.

Der Verlag und Arbeitgeber und die Autorperson wird damit in Kernprozessen der Verlagsökonomie „unkalkulierbar“ und „unprotokollierbar“ materiell und wirtschaftlich ausgebeutet, wenn Microsoft seine Pläne ohne strenge gesetzliche Regulierung und Verbotsregeln umsetzen darf.

Urheberrechtsschutz und das Leistungsrecht werden damit ggf. schon im unmittelbaren schöpferischen Entstehungsprozess dekonstruiert und obsolet.

Die direkte Echtzeit-Verbindung von AI-Systemen mit Redaktionssystemen muss daher durch „Firewalls“ und „massive Filterregeln“ geschützt werden, wenn Verlagsökonomien und der Aufbau von „Intellectual Properties“ möglich und zukunftsoffen gestaltbar bleiben sollen.

Die bereits selbst entwickelten Sicherheits- und Schutzstrategien werden hier nicht konkret benannt. In jedem Fall werden alle Redaktionsprozesse organisatorisch tief beeinflusst. Eines ist schon klar: die kreative und urheberrechtlich exklusive Texterstellung mit Unterstützung von ChatGPT muss von getrennt von schutzrechtlich relevanten Redaktions- und Publikationsprozessen erfolgen.

Für die Verlagswirtschaft und alle Pressemedien werden künftig Ende-zu-Ende-verschlüsselte Systeme zum digitalen Rechtemanagement (DRM) notwendig, die ein Auslesen von Daten aus geschützten Systemen für Open-AI-Trainingszwecke und Cloud-Dienste ausschließen.

Solange dies nicht wirtschaftlich darstellbar ist, helfen nur robuste Methoden, wie ein Umstieg auf sichere Betriebssysteme und auf isolierte Einzelplatz-Systeme mit dedizierten-eigenen oder abschaltbaren OpenAI-Zugang.

„Prinzip Zeitung“ wird durch OpenAI-Systeme in Frage gestellt

Das Prinzip Zeitung ist bisher nur denkbar mit der Verantwortung, die der klar erkennbare Absender übernimmt. Durch OpenData und BigData-Systeme treten jedoch neue Instanzen in die Publizistik ein.
Die Wetter-App windy ist z.B. so ein System, das durch die Europäische Wetterzentrale in Prag mit ihren Großrechnern und mit Echtzeit-Daten aus Wettersatelliten gefüttert wird, und von einem Startup betrieben und redaktionell übernommen und eingebunden wird.

KI-Systene ermöglichen künftig das „Publizieren auf Abfrage“, wobei die Datenausgabe auch separat per Mail auf dem Smartphone ausgegeben werden kann. Das AI-System muss dazu zuverlässig richtige, wahre und wiederholbare Anwtorten geben, die auch zeitdynamisch und lokal varierbar sein können. Das ist noch nicht gesichert, wird aber bald kommen!

Neben die SUCHE wird also künftig die ABFRAGE als vorzügliche Technik der Informationsvermittlung treten, die echzeitaktuell generierte Antworten liefert, und ohne direkte redaktionelle und journalistische Kontrolle „ausliefert.“

Dies Disruption ist längst im Gange. Für viele Standard-Nachrichtenformate wird es künftig keine Redakteure oder Journalisten mehr geben. — Stattdessen werden PROMPTS programmiert, Befehlsketten, die ChatGPT abfragen und Anworten vorprogrammieren. REQUEST-Points werden künftig ähnlich wie Chatbots zielgenaue und kategorisierbare Anworten von ChatGPT in Medien ausgeben.
Das bisherige Prinzip Zeitung mit verantwortlichen Journalisten und Redakteuren wird daher umfassend erweitert werden!

ChatGPT & OpenData: einstürzende Kultur- und Medienökonomien

Die bisher üblichen Abteitsteilungen, Redaktionsprozesse und Wertschöpfungsketten des Internets und die Google-Ökonomien im Journalismus werden disruptiv verändert werden. ChatGPT, OpenData, Data-Mining und Real-Time-Nachrichtenprozesse brechen bisherige gewohnte Kultur- und Medienökonomien auf. Die geplante Neue Rechtsrahmen für Künstliche Intelligenz der EU wird die Entwicklung zu einer qualitativ gesicherten Anwendungspraxis von OpenAI-Systemen sogar noch beschleunigen. Denn die gewaltigen Investitionen im Bereich von OpenAI-Systemen drängen hin zu gewinnbringenen Innovationen und Geschäftsmodellen. Journalisten und Urheber-Branchen dürfen dabei nicht unter die Räder kommen, denn die Demokratie und die wirtschaftlichen Entfaltungsfreiheiten hängen davon ab.


m/s