Der Schutz der europäischen Außengrenzen zur See und die maritime Sicherheit ist ein riesengroßes Aufgabenfeld. Rund 117.000 km Küstenlinie müssen überwacht und geschützt werden. Schutz und Überwachung obliegen den einzelnen Staaten, die hierfür eigene Küstenwachen (Coast Guards) unterhalten. In Deutschland teilen sich die Bundespolizei und der Zoll die Aufgaben. Im Rahmen der europäischen Zusammenarbeit koordinieren die Staaten die Zusammenarbeit im „European Coast Guard Functions Forum“ (www.ecgff.eu).
Im September 2017 übernimmt Deutschland von Portugal den Vorsitz des European Coast Guard Functions Forum (ECGFF). Dieser wird dann gemeinsam von der Bundespolizei See und der Generalzolldirektion verantwortet.
Das European Coast Guard Functions Forum (ECGFF) wurde 2009 gegründet und ist ein selbstverwaltetes, freiwilliges und nicht politisches Forum. Ständige Mitglieder sind die mit Küstenwach- und -schutzaufgaben betrauten Behörden und Organisationen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union und assoziierten Schengenstaaten. Europäische Agenturen mit Zuständigkeiten im Bereich der Küstenwache sind als Beobachter ebenfalls involviert.
Hauptziel des ECGFF ist die Förderung europäischer maritimer Strukturen und die Weiterentwicklung der behördenübergreifenden Zusammenarbeit.
Jährlich übernimmt ein anderes Mitgliedsland den Vorsitz des ECGFF und ist neben der Durchführung ausgewählter, international bedeutender Projekte für die Ausrichtung dreier Sekretariatssitzungen und einer Plenarsitzung verantwortlich.
Aufgaben und Zwecke des European Coast Guard Functions Forum
Die umfassenden und hoch komplexen Aufgaben der Küstenwachen werden als funktionelle Tätigkeiten und Zwecke definiert.
– Maritime Sicherheit, einschließlich Schiffsverkehrsmanagement
– See-, Schiffs- und Hafensicherheit
– Maritime Zolltätigkeiten
– Die Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und des Schmuggels
– maritime Strafverfolgung
– Maritime Grenzkontrolle
– Maritimes Monitoring und Überwachung
– Maritimer Umweltschutz und Reaktion
– Maritime Suche und Rettung
– Schiffsunfall und Seeverkehrsservice
– Seeunfall und Katastrophenreaktion
– Fischerei Inspektion und Kontrolle und alle Aktivitäten im Zusammenhang mit den oben genannten Küstenwache-Funktionen.
In Deutschland sind die Aufgaben gesetzlich durch das Bundeswasserstraßengesetz und das Gesetz über die Aufgaben des Bundes auf dem Gebiet der Seeschifffahrt (Seeaufgabengesetz) vorgegeben. Das Sicherheitskonzept Deutsche Küste wird ständig den aktuellen Entwicklungen in der Seeschifffahrt und den Bedürfnissen der maritimen Umwelt angepasst und fortgeschrieben. Es verzahnt auch die Aufgaben von Strompolizei und Schiffahrtspolizei.
Projektbüro bei der Bundespolizeidirektion in Bad Bramstedt
Ein Projektbüro ECGFF, angesiedelt bei der Bundespolizeidirektion Bad Bramstedt, Bundespolizei See in Neustadt in Holstein, hat die Arbeit aufgenommen und mit den Vorbereitungen begonnen. Das Bundespolizeipräsidium hat zur Unterstützung der Vorbereitungs- und Durchführungsphase des ECGFF-Vorsitzes eine Koordinierungsstelle eingerichtet.
Forderung nach einer einheitlichen deutschen Küstenwache
Mit einem »Positionspapier zur Schaffung einer Deutschen Küstenwache« haben sich die Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste, die Insel- und Halligkonferenz und sechs Nautische Vereine an die Europa- und Bundestagsabgeordneten sowie die Parlamente der norddeutschen Küstenländer und Hansestädte gewandt und eine einheitliche »Deutsche Küstenwache« gefordert.
Im Falle einer herausragenden Gefahrenlage vor Deutschlands Küsten mache die Vielzahl der vorhandenen Behörden und Organisationen mit teilweise überlappenden Zuständigkeiten ein koordiniertes Handeln schwierig und kostspielig. Darauf wiesen Vertreter der Verbände am 27. Februar 2017 in einer Pressekonferenz in Hamburg hin.
Erforderlich sei die Zusammenlegung und Straffung der vorhandenen Führungsstrukturen, um bei der täglichen Aufgabenwahrnehmung, aber auch in besonderen Einsatzlagen schnell und kompetent reagieren zu können.
Die im Maritimen Sicherheitszentrum in Cuxhaven angesiedelten Kräfte der Bundespolizei See, des Havariekommandos, des Zolls und der Fischereiaufsicht müssten als »Deutsche Küstenwache« zusammengefasst und dem Geschäftsbereich des Bundesinnenministeriums zugeordnet werden.
Die Schnittstellen zur Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes sowie zur Deutschen Marine und zur Leitstelle der Wasserschutzpolizeien der Küstenländer sollten zunächst unberührt bleiben. Ziel sei es, in einem zweiten Schritt alle Vollzugsorgane See auf Bundes- und Landesebene in einer einheitlich geführten »Deutschen Küstenwache« zusammenzufassen.
Wandel der Aufgaben des Küstenschutz und Wandel der Schiffstypen
Die bisher im Einsatz befindlichen Küstenwacnboote der Bundespolizei waren für den Einsatz in den küstennahen Gewässern von Nord- und Ostsee konzipiert.
Aufgrund neuer Bedrohungen durch schwer bewaffnete Piraten und Terroristen werden weltweit alle Küstenwachen aufgerüstet. Schon auf hoher See müssen Gefahren erkannt und ggf. abgewehrt werden können. Dazu zählt etwa die Erkennung von Waffen und Sprengköpfen an Bord von Schiffen und in Seecontainern und das Absetzen von Absetzen von „Boarding-Teams“ und SEK-Einheiten aus der Luft.
Als neuer Schiffstyp setzen sich dabei sogenannte Offshore Patrol Vessels (OPV) durch, die bei kleineren Marinen küstenwachaufgaben, aber auch für klassische Marineaufgaben (Littoral Warfare) eingesetzt werden. Typische OPVs sind in der Regel leicht bewaffnete, robuste, hochseefähige Patrouillenboote ohne U-Jagdfähigkeit in Korvettengröße (zwischen ca. 500 t bis ca. 2.500 t), die als Schiffstyp die Lücke zwischen nicht hochseefähigen Schnellbooten und großen aufwendigen Fregatten abdecken. Neben dem Selbstschutz sind in der Bewaffnung der OPVs überwiegend Aktionen von niedriger militärischer Intensität gefordert. Dazu reicht meist ein Geschütz mittleren Kalibers für den berühmten »Schuss vor den Bug«. Die größeren Einheiten sind auch mit einem Bordhubschrauber ausgerüstet und besitzen zudem Aufwuchspotenzial zur Kampfkraftsteigerung.
Auch sind medizinische Behandlungskapazitäten und Operationsräume gefordert, um bei Seeunfällen schnelle Behandlung zu sichern. Mehrzweckschiffe für Umweltschutzaufgaben und Zoll müssen auch Laborgerät zur Probennahme und Schnellanalyse mit an Bord führen, um etwa Beweise zu sichern, und Verschmutzungen zu erkennen.
Die Bundespolizei erhält für diese Aufgaben ab 2019 drei neue 86 Meter lange Schiffe mit 1.980t Wasserverdrängung, die mit einem Landedeck für den größten Hubschrauber der Bundespolizei „Super Puma“ ausgerüstet sind.
Neue Mehrzweckschiffe für maritime Sicherheit und Havariefälle
Die in Wilhelmshaven und Cuxhaven stationierten Mehrzweckschiffe »Scharhörn« und »Mellum« der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung werden durch Neubauten ersetzt. Mit den neuen Schiffen soll die Sicherheit in Nordsee verstärkt werden. So werden die Neubauten für einen Havariefall sowie für die Öl-, Schadstoff- und Brandbekämpfung und als Notschlepper bestens ausgerüstet. Die beiden zukünftigen Mehrzweckschiffe »Scharhörn« und »Mellum« werden mit Dual-Fuel-Motoren (LNG/Diesel) gebaut, um Umweltanforderungen einhalten zu können.
Zollkreuzer des Grenzaufsichtsdienstes der Bundeszollverwaltung
Die deutschen Kontrolleinheiten See sind Mitglied der Küstenwache des Bundes und nehmen im Auftrag der Wasser- und Schifffahrtsdirektionen schifffahrtspolizeiliche Aufgaben wahr. Die zehn seegängigen Zollboote werden sukzessive durch moderne Doppelrumpf-Zollkreuzer ersetzt, die eine außerordentlich ruhige und stabile Seelage haben. Vorbild sind die beiden modernen Zollkreuzer „Helgoland“ und „Borkum.“
Weitere Informationen:
Deutsches Maritimes Kompetenznetz – Postionspapier: Nautiker und Nordseeschützer fordern Deutsche Küstenwache