Kinder in armen Familien haben es oft besonders schwer, mit ihren Altersgenossen in Kita, Schule Hort und Freizeit mitzuhalten. Doch es kann etwas unternommen werden, damit es weniger schwer wird, an Kultur- und Sportveranstaltungen teilzunehmen und gemeinsame Aktivitäten, Erlebnisse und Abenteuer zu gestalten.
Armut ist leider traurige Realität
Kinderarmut betrifft rund ein Fünftel aller Kinder, zuviel, um die damit entstehenden Probleme einfach zu ignorieren. Vor allem die Kleinsten aus kinderreichen Familien, Kinder von allein erziehenden Eltern, und aus Familien mit Migrationshintergrund und Kinder von Arbeitslosen sind betroffen.
Armut beginnt dort, wo Weniger als die Hälfte des durchschnittlichen Nettoeinkommens monatlich zur Verfügung stehen, und dazu Hilfen zum Lebensunterhalt benötigt werden. Diese „Armuts-Definition“ ist auf politischen Beschluß getroffen worden, und mit Beschluss der Europäischen Union verbindlich erklärt worden.
Für Deutschland heißt das konkret: arm ist eine Familie mit zwei Kindern unter 15 Jahren, die von monatlich weniger als 1.499,- Euro leben muss. Arm sind auch Alleinerziehende mit zwei Kindern mit weniger als 1.110,- Euro im Monat. Bei Alleinerziehenden mit einem Kind liegt die Grenze bei 833 Euro im Monat.
Das verfügbare Netto-Einkommen geht in den Familien schmilzt ganz schnell zusammen, wenn Miete, Strom, Telefon, Lebensmittel, Kita- und Hortbeiträge sowie sämtliche andere anfallenden Kosten überwiesen sind.
Nach Abzug der Miete und aller Nebenkosten bleiben pro Kind und Tag nur etwa drei bis fünf Euro übrig.
Zu wenig Geld für Kinder
Doch Eltern müssen auch Kleidung, Spielsachen, Schulmaterialien, Ausflüge, Sportverein, Monatskarten, sowie Geburtstagsgeschenke und vieles mehr bezahlen. Für Kultur, für Theater, Musik und Bücherausleihe und für Museumsbesuche und Kino bleibt praktisch oft gar kein Geld übrig.
Kinderarmut in Berlin
Allein in Berlin leben rund 136.000 Kinder unterhalb der Armutsgrenze. Das ist jedes dritte Berliner Kind!
Die Auswirkungen sind schlimm: arme Kinder haben geringere Bildungschancen, können an kulturellen und sozialen Veranstaltungen kaum teilnehmen und sind zugleich auch stärkeren gesundheitlichen Risiken ausgesetzt. Arme Familien leben oft aus Scham isoliert für sich.
Für betroffene Kinder entsteht so ein Teufelskreis: eine schlechte Bildung verschlechtert auch die Aussicht auf einen Ausbildungs- und Arbeitsplatz. Zu viele Kinder und Jugendlichen haben auf Dauer fast keine Möglichkeit in unserer Gesellschaft Fuß zu fassen. Die Chancen aus der Armutsspirale herauszukommen sind gering. Auch für die Gesellschaft wird es teuer: Arbeitslosigkeit, Hartz4 und Hilfen zum Lebensunterhalt kosten sehr viel Geld, das an anderer Stelle dringend fehlt.
Was tun gegen Armut und Armutsfolgen?
In Berlin gibt es einige Möglichkeiten, den Folgen der Armut zu trotzen. Der wichtigste Schritt ist leider ein bürokratischer Schritt: Hilfe und finanzielle Unterstützung kann beantragt werden.
In Berlin heißt das Programm „Leistungen für Bildung und Teilhabe nach § 28 SGB II“ – zuständig ist das jeweilige Jobcenter des Wohnbezirks.
Im besten Bürokratendeutsch heißt es:
„Bedarfe für Bildung und Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft werden bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen neben dem Regelbedarf gesondert berücksichtigt für:
1. tatsächliche Aufwendungen für mehrtägige Klassenfahrten und mehrtägige Kitafahrten,
2. Ausstattung von Schülerinnen und Schülern mit persönlichem Schulbedarf,
3. erforderliche tatsächliche Aufwendungen für die Schülerbeförderung,
4. Bedarfe zur Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft.
Zuständig für die
• die Entgegennahme der Anträge,
• die Feststellung der Leistungsberechtigung,
• die Leistungserbringung selbst,
• die Bescheiderteilung und
• die Durchführung des Widerspruchs- und Klageverfahrens
der obenstehend genannten Leistungen ist für den Personenkreis nach dem SGB II das jeweils im Einzelfall örtlich zuständige Jobcenter.
Die Leistungen sind durchaus in beachtlicher Höhe: es gibt Zuschüsse für das Essensgeld, 100 € für Schulbedarf (70 € im ersten, 30 € im zweiten Schuljahr). Ferner werden der Schülerticket-Eigenanteil aus der Regelleistung in Höhe von 12,08 € monatlich bei einem Jahresabo erstattet. Für das Mitmachen in Kultur, Sport und Freizeit (z. B. Sportverein, Musikschule) gibt es 10 € monatlich.
Auch 120 € für die „Anschaffung“ von erforderlichen Ausrüstungsgegenständen oder Leihgebühren können übernommen werden (bei 30 € Eigenanteil).
Das „Bildungspaket“ wurde noch von der schwarz-gelben Koalition von der damaligen Arbeitsministerin Ursula von der Leyen auf den Weg gebracht.
Doch viele Eltern drücken sich um die Anträge herum – und die Jobcenter legen die Anträge leider oft nur auf direkte Nachfrage vor.
Die Antragslücke
Neben den antragsberechtigten Eltern, die das Geld über das Jobcenter beantragen müssen, gibt es aber auch noch eine andere große Gruppe: Eltern, die zu wenig Geld verdienen und eine verhältnismäßig hohe Miete zahlen müssen. Sie haben Anspruch auf Wohngeld und hier ist das Wohngeldamt die zuständige Antragsstelle.
Aber wer klärt diese Eltern über den Anspruch auf Geld aus dem Bildungspaket auf? Also auch das Wohngeldamt sollte Eltern mit Kindern entsprechend informieren! Anspruchsberechtigt sind auch Asylbewerber nach dem Asylbewerberleistungsgesetz für ihre Kinder. Sie müssen sich beim zuständigen Sozialamt melden.
Doch wie sieht es mit den tatsächlich gestellten Anträgen aus? Wird das Recht wahrgenommen? Oder auch einfach übersehen, vergessen?
Abhilfe könnten Bezirksbürgermeister und das Bezirksamt schaffen, indem sie einen Beschluß durchsetzen, bei Haushalten mit Kindern die Anträge grundsätzlich von Amts wegen allen Eltern vorzulegen.
Das Geld könnte nicht nur Bildung und Teilhabe fördern, sondern würde auch örtliche Beschäftigung und Steuereinnahmen sichern. Eigentlich eine Win-Win-Situation für Viele.
Immerhin: es gibt einen umfangreichen Beschluß der SPD aus dem Jahr 2010 – und vielleicht erinnert man sich daran.
Es gäbe viel zu tun, denn rund 17,5% aller Pankower Kinder leben in armen Familien (Zahl 2012).
Berlin-Pass
Die wichtigste Eintrittskarte für soziale und kulturelle Teilhabe ist der „berlin-pass“. Ihn gibt es seit 2009, er wurde von der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales auf den Weg gebracht.
Mit dem Pass bekommen alle, die Hartz IV, Sozialhilfe, Grundsicherung oder Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten, vergünstigten Eintritt bei Kultur, Sport und Freizeit. Der Pass im Scheckkartenformat ist wie ein Schlüssel: Er öffnet den Zugang zu zahlreichen öffentlichen sowie privaten Veranstaltungen oder Einrichtungen – kostenfrei oder reduziert.
Den „berlinpass“ bekommen auf Antrag alle Personen, die in Berlin ihren Hauptwohnsitz haben und folgende Leistungen erhalten:
– Arbeitslosengeld II bzw. Sozialgeld (Hartz IV) nach dem SGB II,
– Sozialhilfe oder die Grundsicherung im Alter,
– Grundsicherung bei voller Erwerbsminderung nach dem SGB XII
– Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz
– sowie die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft eines Leistungsempfängers (Familienangehörige)
Der Weg zum Berlin-Pass ist also auch an bürokratische Antragswege gebunden. Die Ausgabe des berlin-pass erfolgt beim Bürgeramt (siehe unter Weitere Informationen) nachdem entweder Jobcenter, Wohngeldamt oder Sozialamt die Bedürfigkeit festgestellt haben.
Berliner FamilienPass 2014
Unter dem Motto „BERLIN entdecken, KULTUR erleben, FREIZEIT gewinnen!“ gibt es jedes Jahr den Familienpass vom Jugendkulturservice, der über 300 Preisvorteile beim Eintritt in Zoo, Museen und Kindermuseen und viele Kultureinrichtungen gibt. Daneben gibt es 190 Verlosungen.
Der Familienpass kostet nur 6 € und schafft für Familien mit mehreren Kindern viele spürbare Preisvorteile.
12 € können beim großen Familientagesticket beim Besuch in Zoo und Tierpark gespart werden, und 6 € pro Familie beim Besuch in einem der zahlreichen Kinder- und Jugendtheater.
Den Familienpass gibt es für alle Familien in unserer Stadt, mit Wohnsitz in Berlin und mit Kindern bis einschließlich 17 Jahre. Dabei kann der Pass völlig unabhängig vom Einkommen genutzt werden. Auch Patchwork-Familien, Partnerin oder Partner können den Pass nutzen, sogar Großeltern können ihren Pass zusammen mit ihren Enkeln nutzen.
Wo gibt es den Familienpass?
Der Berliner FamilienPass kann im Online-Shop bestellt werden (zzgl. 0,60 € Versandkosten bei Versendung mit der Post, Selbstabholung ist möglich). Außerdem gibt es Pass in allen Berliner Filialen von Getränke Hoffmann, in Bibliotheken und Bürgerämtern, beim JugendKulturService und vielen weiteren Verkaufsstellen.
Logenplätze in Oper, Theater und Konzerten?
Viele Theater, auch die Berliner Opern und Konzertveranstalter vergeben nicht verkaufte freie Plätze an die
KULTURLOGE BERLIN.
Die Kulturloge Berlin setzt sich aktiv für kulturelle Teilhabe ein, indem sie diese freien Kulturplätze kostenlos an Menschen mit geringem Einkommen vermittelt.
Die Kulturloge ist eine wunderbare Einrichtung, die viel Freude und Überraschung bereiten kann. Manche Kinder schenken ihren Eltern als Überraschung zum Geburtstag Operntickets – und umgekehrt können Eltern auch ihre Kinder überraschen.
Die Kulturloge Berlin ist ein gemeinnütziges Projekt, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, um gemeinsam leere Kulturplätze mit Menschen zu besetzten, die aus finanziellen oder anderen Gründen nicht an Kulturveranstaltungen teilnehmen können.
Im Januar 2010 fanden sich engagierte Berlinerinnen und Berliner zusammen, und gründeten die Initiative, die mittlerweile Teil einer bundesweiten Bewegung für niedrigschwellige Kulturvermittlung ist.
Gast in der Kulturloge werden
Gäste in der Kulturloge können alle Menschen werden, die über ein geringes Einkommen verfügen. Die Einkommensgrenzen (netto) liegen hier bei:
– Einpersonenhaushalt 900.- €
– 2-Personen-Haushalt 1.200.- €
– 3-Personen-Haushalt 1.500.- €
– für jedes weitere Kind 300.- €
Nicht nur Bedürftige, die ALG II und ALG I, Grundsicherung oder Rente beziehen bekommen Zugang, sondern auch Menschen die Vollzeit arbeiten, aber trotzdem nicht mehr verdienen, können Gast werden.
Auch Selbstständige und Freiberufler, Auszubildende und Studenten haben Zugang.
Auch hier gibt es eine bürokratische Hürde: es müssen entsprechende Einkommensnachweise vorgelegt werden (z.B. Bescheide zu ALG I und ALG II, Berlinpass, Hartz IV-Bescheid für Kinder, Einkommensteuerbescheid vom Finanzamt oder die Lohnabrechnung, wenn man in einem Beschäftigungsverhältnis steht.
Studenten legen als Einkommensnachweis ihre Kontoauszüge der vergangenen drei Monate vor.
Weitere Informationen:
Bildungspaket Bundesministerium für Arbeit und Soziales: www.bildungspaket.bmas.de
Leistungen für Bildung und Teilhabe nach §28 SGB II
Kulturloge Berlin – www.kulturloge-berlin.de
Weitere Vergünstigungen im Pankower Kulturportal:
In diesem Jahr legt die Redaktion einen Schwerpunkt auf Tips, Freikartenaktionen und kostenlose Angebote für Familien mit „kleinem Veranstaltungsbudget“.