Freitag, 29. März 2024
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Österreich verbietet Shisha-Bars

Shisha-Bar

In Österreich gilt ab November 2019 ein Rauchverbot in der Gastronomie. Das bedeuet auch das Aus für das Geschäftsmodell Shisha-Bar. „Somit bedeutet das komplette Rauchverbot auch das Ende für mehr als 250 Betriebe und circa 6000 Angestellte in Wien“, sagte Peter Dobcak, Obmann der Fachgruppe Gastronomie in der Wirtschaftskammer Wien. In ganz Österreich betrifft das Verbot laut einer Sprecherin der Wirtschaftskammer 500 Shisha-Bars und rund 10.000 Angestellte. Überdies seien nun Interessenskonflikte zwischen Anrainern und Gastronomen durch Lärmbelästigung vor dem Lokal rauchende Gäste quasi vorprogrammiert, heißt es in der Aussendung der WKW. Man nehme die Entscheidung der Politik aber zur Kenntnis. Das berichtet heute die Digitalausgabe der KRONENZEITUNG ( 02.07.2019 ).

Die Gesundheitsgefahren von Shisha-Bars sind enorm. Die Kohlenmonoxid-Bildung ist direkt lebensgefährlich. „Die frühen Anzeichen einer Vergiftung wie Übelkeit, Schwindel und Kopfschmerzen werden beim Shisha-Rauchen meist auf den Tabak zurückgeführt. Die Ärztekammer Nordrhein fordert nun Kohlenmonoxid-Melder als Pflichtgerät für jede Shisha-Bar, um rechtzeitig Alarm zu schlagen. In vielen Lokalen werde rund um die Uhr Wasserpfeifenkohle verbrannt, was den Kohlenmonoxid-Gehalt darin in die Höhe treibe;“ schreibt etwa die Ärzte Zeitung online ( 03.01.2018 ).

Die für Shisha-Bars zuständige Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe (BGN) stellte schon 2015 technische Anforderungen auf: „Unzureichende Belüftung der Räumlichkeiten sei für die Vergiftungen verantwortlich – die Lüftung nur über offenen Fenster und Türen reiche in der Regel keinesfalls aus. Forscher der BGN haben einen Mindestwert ermittelt, den Lüftungsanlagen in Shisha-Bars erfüllen müssen. Damit kann der Arbeitsplatzgrenzwert für Kohlenmonoxid von 35 mg pro Kubikmeter Luft eingehalten werden. „Jede Shisha-Bar braucht eine leistungsfähige, technische Lüftungsanlage. Konkret bedeutet das im Gastraum: Pro Stunde und brennender Wasserpfeife müssen mindestens 130 Kubikmeter nach außen bewegt und durch Frischluft ersetzt werden“, betonen die Experten.“ ( Sanitärjournal | 10.01.2018 ).

Mikrobielle Verseuchung und lebensgefährliche Infektionen

Bereits vor fast zehn Jahren hat im Sinne des vorsorglichen Gesundheitsschutzes die Landesuntersuchungsanstalt für das Gesundheits- und Veterinärwesen (LUA) Sachsen in Kooperation mit der Arbeitsgruppe Infektionsschutz des Landesverbandes Sachsen der Ärzte und Zahnärzte des ÖGD im Auftrag des Sächsischen Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz eine orientierende Untersuchung der Wasserpfeifen durchgeführt. Die Ergebnisse waren alarmierend: gefunden wurden fakultativ pathogene Bakterien wie verschiedene Nonfermenter und Enterobakterien sowie Keime der Normalflora und Sprosspilze. Pseudomonas aeruginosa und andere Nonfermenter wurden zum Teil in sehr hoher Zahl nachgewiesen. Pseudomonas aeruginosa (von lat. aerugo Grünspan) ist ein gramnegatives, oxidasepositives Stäbchenbakterium, das auch als antibiotikaresistenter Krankenhauskeim bekannt ist. Die Namensgebung bezieht sich dabei auf die blau-grüne Färbung des Eiters bei eitrigen Infektionskrankheiten.

Da beim Rauchen der Wasserpfeife der aerosolhaltige Rauch inhaliert wird, kann ein Gesundheitsrisiko vor allem für abwehrgeschwächte oder Menschen mit pulmonalen Vorerkrankungen nicht ausgeschlossen werden ( Thieme: Gesundheitswesen 2010; 72 – A10 ).

Wasserpfeifen: ein eklig-bunter mikrobieller Zoo

In der obigen Untersuchung der Landesuntersuchungsanstalt für das Gesundheits- und Veterinärwesen (LUA) Sachsen wurde ein ganzer mikrobieller Zoo entdeckt:

Pseudomonas spp. | Pseudomonas aeruginosa | Pseudomonas pseudoalcaligenes
Pseudomonas fluorescens | Pseudomonas putida | Acinetobacter spp
Acinetobacter baumanni | Acinetobacter junii

weitere Nonfermenter
Sphingomonas paucimobilis | Brevundimonas diminuta | Brevundimonas vesicularis
Stenothrophomonas maltophilia | Sphingobacterium spiritivorum
Sphingobacterium multivorum | Delftia acidovorans

andere Nonfermenter
Enterobacteriaceae | Citrobacter freundii | Raoultella planticola | Klebsiella pneumoniae
Pantoea spp. | andere gramnegative Stäbchen und Sproßpilze.

Legionellen in Wasserpfeifen?

Infektionen mit Legionellen steigen in Deutschland rasant an. Die bedeutsamste Art ist Legionella pneumophila (Anteil von etwa 70 % bis 90 %, je nach Region), sie ist Erreger der Legionellose oder Legionärskrankheit. In milder Form kommt das Pontiac-Fieber in Frage.

Etwa 15.000 bis 30.000 Fälle der Legionärskrankheit werden bei jährlich rund 1000 gemeldeten Fällen als Dunkelziffer vermutet. Die Legionellose ist gar nicht einfach diagnostizierbar und wird leicht mit Grippe und anderen Befindlichkeitsstörungen verwechselt. Symptome sind:

Reizhusten, Atemnot, Brustschmerzen
Fieber, Schüttelfrost
Kopf- und Gliederschmerzen, Schwindel
Durchfall, Erbrechen.

Infektionen mit dem stäbchenförmigen Bakterium können in eine Legionellen-Pneumonie münden, die in bis in zu zehn Prozent der Fälle am Ende tödlich verläuft. Da deutsche Trinkwasserverordnung (TrinkwV 2001) in ihrer aktuellen Fassung (bekanntgemacht am 10. März 2016) eine regelmäßige Untersuchungspflicht auf Legionellen vorschreibt, sinkt die Gefahr einer Infektion über Trinkwasser und Duschköpfe. Unternehmer und sonstige Inhaber von Trinkwasser-Installationen (mit Großanlagen zur Trinkwassererwärmung) müssen regelmässige Kontrolluntersuchungen nachweisen, sofern aus diesen Trinkwasser im Rahmen einer gewerblichen und/oder öffentlichen Tätigkeit abgegeben werden. Dies gilt auch für Gaststätten und Shisha Bars. Legionellen können sich aber außerhalb in den Wasserpfeifen und auf Raumtemperatur erwärmten Wasserbehältern bilden. Sind Legionella pneumophila in Wasserpfeifen gelangt.

In Deutschland ist nach § 7 Infektionsschutzgesetz der direkte oder indirekte Nachweis einer akuten Infektion durch Legionella sp. durch das diagnostizierende Labor meldepflichtig. Eine Schließung von Shisha-Bars aufgrund von Auflagen nach dem Infektionsschutzgesetz ist in Fällen von Legionellen-Befall gesetzlich zwingend.

Auch in Berlin sollte nach den Entscheidungen in Österreich über ein allgemeines Rauchverbot für Shisha-Bars diskutiert werden. Um Gefährungsbeurteilungen vornehmen zu können, müssen auch Wasserpfeifen mikrobiologisch auf Legionellen untersucht werden.

Weitere Informationen:

Für Abonnenten der Pankower Allgemeine Zeitung gibt es ein Dossier
zum Thema „Gesundheits- und Hygienerisiken von Shisa-Bars.“

Schutzgebühr für Nichtabonnenten: 60 € zuzüglich 19% MWST. = 71,40 €.

m/s