Während alle Europäer auf Griechenland schauen und sich auf dessen Finanzkrise konzentrieren, vollzieht sich weltweit ein viel schlimmeres Desaster: die Menschheit überzieht ihr „ökologisches Konto“. Sie beutet natürliche Ressourcen in höherem Maße aus, als die natürliche Regenerationsfähigkeit im Jahreslauf erneuern kann. Der World Wildlife Found For Nature (WWF) hat zu diesem Thema den „World Overshoot Day“ – auf deutsch den „Welterschöpfungstag“ proklamiert.
Menschheit sprengt Kreditrahmen
Die natürliche Ressourcen sind für dieses Jahr bereits aufgebraucht: Ab 13. August nimmt Menschheit bei Erde neue Schulden auf. World Overshoot Day, oder „Welterschöpfungstag“ liegt in diesem Jahr sechs Tage früher als im Jahr 2014. 2014 reichten die Ressourcen noch bis zum 19. August.
Ab Donnerstag sind die natürlichen Ressourcen aufgebraucht, die die Erde 2015 regenerieren und damit nachhaltig zur Verfügung stellen kann. Ab diesem Stichtag muss die Menschheit bis zum Jahresende bei der Natur einen „Kredit aufnehmen“ – und das schon zum dreißigsten Mal in Folge.
Das teilte die Naturschutzorganisation WWF in Berlin mit. Die Menschheit lebe nun für mehr als vier Monate von den stillen Reserven der Erde und somit auf Kosten nachfolgender Generationen.
Wachsender Berg ökologischer Schulden
Der „Welterschöpfungstag“ ergibt sich aus Berechnungen des Global Footprint Networks ergibt.
„Der angehäufte Schuldenberg wird größer und größer – und seit mehr als drei Jahrzehnten verbrauchen wir als Menschheit insgesamt mehr Ressourcen, als uns eigentlich zur Verfügung stehen“, warnt WWF-Vorstand Eberhard Brandes.
„Klimawandel, Artensterben und Wassermangel – bereits heute sind die Auswirkungen unseres Lebens auf Pump mehr als deutlich. Wir sind gerade dabei zulasten unserer Kinder den Kreditrahmen zu sprengen.
“Die Verantwortung für die globale Übernutzung tragen laut Brandes vor allem die wohlhabenden Länder und die großen Industrienationen, wie etwa Deutschland oder die USA.
Hintergrund
Die Berechnungen zum Welterschöpfungstag (Overshoot Day) gehen auf das Konzept des „ökologische Fußabdrucks“ zurück, der ausweist, wie viel Fläche benötigt wird, um alle Ressourcenbedürfnisse inklusive der Energieversorgung zu gewährleisten.
Allein die CO2-Emissionen haben sich seit 1970 mehr als verdoppelt. Deutlich ist auch der Rückgang der Artenvielfalt. So zeigt der Living Planet Index für die vergangenen vier Jahrzehnte einen Rückgang der biologischen Vielfalt um 52 Prozent. Im Durchschnitt hat sich die Anzahl der untersuchten Säugetiere, Vögel, Reptilien, Amphibien und Fische damit halbiert.
Lebt die Menschheit unverändert weiter wie bisher, benötigen wir bis zum Jahr 2030 zwei Planeten, um unseren Bedarf an Nahrung, und nachwachsenden Rohstoffen zu decken. Bis zum Jahr 2050 wären es knapp drei. 1961, dem Gründungsjahr des WWF, benötigte die Menschheit hingegen nur zwei Drittel der weltweit zur Verfügung stehenden, natürlichen Ressourcen.
Ökologischer Fußabdruck noch immer zu groß
So stagniert laut dem „Living Planet Report“ des WWF der ökologische Fußabdruck Deutschlands seit inzwischen zehn Jahren auf gefährlich hohem Niveau. Jeder Deutsche verbraucht demnach pro Jahr mehr als doppelt so viele Ressourcen, wie ihm im globalen Mittel zustehen würden.
Bereits der Living Planet Report 2014 zeigte auf: „Unser stetig wachsender Hunger nach Ressourcen frisst das Naturkapital der zukünftigen Generationen auf!“ – „Die Menschheit verbraucht 1,5 Planeten.“
Der Living PLanet Index zeigt, die schlimm die Lage weltweit ist.
„Deutschland ist bei der nachhaltigen Nutzung von Ressourcen kein Musterschüler. Es muss uns endlich gelingen, den deutschen Fußabdruck auf ein nachhaltiges Maß zu senken“, fordert der WWF-Vorstand. „Nur eine Verringerung des Fußabdrucks kann auch für unsere Kinder und Enkel ein hohes Wohlstandsniveau garantieren. Daher können und müssen wir uns diese Anstrengungen als eine führende Industrienation leisten.“
Wo muss angesetzt werden?
Deutschland müsse insbesondere Landwirtschaft und Verkehr nachhaltiger ausrichten, Schutzgebiete wirksamer schützen und die nationale Biodiversitätsstrategie zügig umsetzen. Von herausragender Bedeutung sei die konsequente Realisierung der Energiewende. „Politik, Unternehmen und Konsumenten haben die Mittel in der Hand, um nachhaltiger zu leben und zu wirtschaften, sei es durch höhere Energieeffizienz, erneuerbare Energien, bewussteren Fleischkonsum, umweltfreundliche Mobilität oder nachhaltigen Fischfang“, so Brandes.
Weitere Informationen:
World Wildlife Found For Nature (WWF) | www.wwf.de