Freitag, 29. März 2024
Home > Themen > Private Bahnbetreiber rüsten auf Flüsterbremsen um

Private Bahnbetreiber rüsten auf Flüsterbremsen um

WASCOSA AG Tank-Car - moderner Kesselwagen

Der „Verband der Güterwagenhalter e.V.“ aus Hamburg vermeldet die planmässige Umrüstung von Güterwaggons auf sogenannte Flüsterbremsen. Bereits Ende 2016 wird das Etappenziel erreicht, dann soll die Hälfte aller privaten privaten Güterwagen leise bremsen können. Danach geht es weiter mit der Umrüstung: Zum Fahrplanwechsel 2020 ist die komplette Umstellung der Flotten auf Flüsterbremsen abgeschlossen.

WASCOSA AG Tank-Car - moderner Kesselwagen
WASCOSA AG Tank-Car – moderner Kesselwagen – Foto: www.wascosa.ch

Dies ergab eine Umfrage der hwh, Gesellschaft für Transport und Unternehmensberatung, bei den Mitgliedsunternehmen des VPI. „Die Privaten halten Wort. Wir erfüllen fristgerecht den im Koalitionsvertrag der Regierungsparteien festgeschrieben Zeitplan“,
betonte Malte Lawrenz, Vorsitzender des VPI, angesichts der erfreulichen Zahlen in einer Pressemeldung vom 18. November 2015.

Umrüstung von Güterwagen zur Hälfte gesichert

30.658 oder 51,1 Prozent der in Deutschland verkehrenden privaten Güterwagen werden damit bis Ende 2016 mit Flüsterbremsen fahren. Ende 2020 werden schließlich 100 Prozent der in Deutschland verkehrenden 60.000 privaten Wagen umgestellt sein. Diese Zahlen hat die hwh mittels einer Online-Abfrage bei den VPI-Mitgliedsunternehmen erhoben.
Der VPI hatte im vergangenen Jahr hwh als unabhängigen Gutachter beauftragt, ein Monitoring der Flottenumstellung durchzuführen.

„Die deutschen Halter nehmen die Lärmbelastung durch Schienengüterverkehr ernst und erledigen ihre Hausaufgaben. Damit ist das Thema aber noch nicht vom Tisch“, warnt Lawrenz.

Lärmquelle ausländische Güterwagen

Die Lärmquelle Nummer 1 drohen in Zukunft laute ausländische Güterwagen zu sein. Der VPI fordert deshalb, ab 2020 die Trassenpreise für laute und leise Züge um 30 Prozent zu spreizen.
Diese mit EU-Recht konforme Lösung ermöglicht, leise Wagen zu belohnen und laute spürbar zu belasten. „Eine solche Regelung über Marktmechanismen wäre europaweit hochwirksam.

Rechtzeitig angekündigt setzt sie auch bei ausländischen Güterwagenhaltern die Umrüstung der in Deutschland verkehrenden Flotten in Gang“, erläuterte Lawrenz den Vorstoß. „Dies ist dringend notwendig, so Lawrenz, „denn den 120.000 leisen Wagen von privaten Haltern und DB Schenker werden 2020 noch immer 60.000 mehrheitlich laute ausländische Wagen gegenüberstehen – und in gemischten Zugverbünden durch Deutschland rollen.“
Die für eine halbierte Lärmemission notwendige Quote von 90 Prozent leiser Waggons im Zugverbund könne so kaum erreicht werden.

Verband privater Güterwagenhalter unterstützt Lärmschutz

Der VPI geht nun mit fünf Kernbotschaften in die Lärmschutzoffensive und positioniert sich in der aktuellen Debatte zur Lärmreduzierung im Schienengüterverkehr:

1. Die Privaten halten Wort: Ende 2020 ist die gesamte Flotte leise.
2. Der Bund steht in der Pflicht – Ohne fairen Wettbewerb kein starker Schienengüterverkehr.
3. Restriktionen sind der falsche Weg – Tempolimits verlagern Transport auf die Straße.
4. Europäisch denken – Leiser Schienengüterverkehr braucht grenzübergreifende Anreize.
5. Leise Wagen belohnen – Beim Trassenpreis 30 Prozent Differenz: Das wirkt!

Demo für Nachtfahrverbot in Osterspai am 21.9.2015
Demo für Nachtfahrverbot am 21.9.2015
Auch Anwohner aus Osterspai und Umgebung gehören zu den zahlreichen Bürgern, die ein Schild „Nachtfahrverbot für Güterzüge“ an ihrem Haus angebracht haben

Protest aller Bürgerinitiativen im Rheintal zeigt Wirkung

Zur aktuellen Stellungnahme des VPI äußerte sich auch Willi Pusch, Vorsitzender der Bürgerinitiative im Mittelrheintal gegen Umweltschäden durch die Bahn e.V. aus Kamp-Bornhofen: „Unser anhaltender Protest gegen den Lärm und die Erschütterungen des Schienengüterverkehrs trägt erste Früchte. Nicht zuletzt die ständige Forderung nach Einhaltung des Koalitionsvertrags der Regierungsparteien, wonach ab 2016 regulierende Maßnahmen wie Tempolimits und Nachtfahrverbote verhängt werden, sollten bis zu dem Zeitpunkt nicht mindestens 50 Prozent der in Deutschland verkehrenden Güterwagen auf leise Bremssohlen umgerüstet sein, hat schließlich Bewegung in die zähen Verhandlungen gebracht.“

Pusch mahnt jedoch, denn leise Bremsen sind nur ein kleiner Teil des Problems „Schienenlärm“: „Das ist eine gute Nachricht, für die vom Lärm geplagten Menschen und ein erster kleiner Schritt in die richtige Richtung. Weitere müssen nun folgen!“

Pusch erinnert die Politik daran, sich keinen „schlanken Fuß“ mit Hinweisen auf Interessen privater Bahnbetreiber mehr zu machen: „Da nun für die Deutsche Bahn als Staatsunternehmen und für die Bundesregierung die privaten Wagenhalter als „Vorzeigesündenböcke zur Nichteinhaltung der Umrüstungsfrist“ scheinbar weggefallen sein könnten (es bleiben schließlich nur noch die ausländischen Waggons) ist Eile geboten, um nicht schlussendlich als unwilliger oder unfähiger Bremser bei der Bekämpfung des Bahnlärms in Europa dazustehen.“

Kesselwagenzug in Blankenburg
Kesselwagenzug in Blankenburg: Erste lärmarme Kesselwagen WASCOSA Tankcar 3000

Gesetzenturf in Vorbereitung

Noch in diesem Jahr will nun die Bundesregierung einen Gesetzentwurf vorlegen, in dem festgelegt wird, was Wagenhaltern an Sanktionen droht, wenn nicht bis 2016 die Hälfte und bis 2020 alle in Deutschland verkehrenden Wagen umgerüstet sind. Die Bandbreite soll von sehr hohen Trassenpreisen über Geschwindigkeitsbeschränkungen bis hin zu Fahrverboten reichen.

Ein anderer Weg wäre auch im wirtschaftlichen Handeln der Besteller von Schienengüterverkehren möglich: bei entsprechenden neuen Ausschreibungen könnten lärmarme Güterwaggong auch als Zeichen umweltfreundlicher Haltung der Besteller und der auf der Schiene beförderten Transportgüter gefordert werden.

Im Rheintal aber gibt es noch andere Sorgen: die bevorstehende Inbetriebnahme des St-Gotthard-Tunnels wird eine erhebliche Steigerung des Bahnverkehrs verursachen. Alle Lärmminderungsmaßnahmen werden durch Zunahme des Verkehrs konterkariert. So werden die Proteste im Rheintal weitergehen.

Weitere Informationen:

www.vpihamburg.de

www.bahnlaerm-mittelrhein.de

m/s