Samstag, 20. April 2024
Home > Bauen Pankow > Rundgang am Pankower Tor

Rundgang am Pankower Tor

Kurt Krieger begrüßt seine Gäste an der Infobox

Kurt Krieger, gebürtiger Pankower und Eigner der HÖFFNER-Möbelhaus-Kette, kam etwas verspätet zum Informationsrundgang zur roten Infobox. Über eine Stunde Fahrtzeit von seiner Firmenzentrale in Schönefeld lag hinter ihm. Er stürmte die Metalltreppe hoch, und machte dabei einen locker-fitten Eindruck.

Kurt Krieger begrüßt seine Gäste an der Infobox
H.Bergner, Peter Brenn, Klaus Mindrup, Jan Stöß, Helmut Hampel, Brigtte Gloger und Kurt Krieger v.ln.r.

Auch seine Gäste waren spät dran. Die Wahlkampfregie hatte SPD-Landesvorsitzenden Jan Stöß und den SPD-Bundestagsdirektkandidaten Klaus Mindrup zuvor mit Flug-Lärmmessungen in der Breite Strasse gebucht. 91,2 dB(A) wurden dort als Lärm-Spitze gemessen.

Zum Treffen an der roten Infobox am Pankower Tor kamen einige Gäste, darunter Mitglieder des Vereins Für Pankow e.V. und der Bezirksverordnete Peter Brenn (Bündnis 90/Grüne). Mit dabei: Helmut Hampel, Brigtte Gloger vom Für Pankow e.V. und Herr Bergner von der Krieger Grundstücksgesellschaft.

Kurt Krieger kommt zur Infobox
Kurt Krieger: Flott die Treppe hinauf - auf dem Weg zur Info-Box

Auf dem Programm stand ein Rundgang über das geplante Baugelände des ehemaligen Güter- und Rangierbahnhofs Pankow, das als städtebauliches Filetstück bebaut werden soll.
Das von Kurt Krieger auf den Namen „Pankower Tor“ getaufte städtebauliche Vorhaben wurde noch kurz an den Plantafeln vorgestellt. „Das ist glaube ich der elfte Plan, der hier zu sehen ist“. Krieger erinnerte die Teilnehmer an sein Alter: „Ich bin jetzt 65, und möchte noch gern erleben, wie das hier fertig wird.“ Er lächelte dabei verschmitzt, ließ sich aber seine Ungeduld kaum anmerken.

Erste Baufortschritte

Kurt Krieger informierte über das Vorhaben „Pankower Tor“ und verkündete zumindest einige erste wichtige Baufortschritte: Das an der Prenzlauer Promenade gelegende McDonald-Schnellrestaurant soll vom dortigen Standort verschwinden und verlagert werden – und dem geplanten Bauvorhaben Platz machen. „Nach 3-jährigen Bemühungen sei man sich mit dem Eigentümer nunmehr einig geworden.“

Auch mit der DB AG gibt es Vorbereitungen: eine alte Registratur der Deutschen Bahn wurde aus dem Plattenbau-Bürohaus an der Prenzlauer Promenade / Granitzstrasse verlagert. Das Gebäude soll künftig komplett abgerissen werden. Damit wird bald an der Grundstücksseite an der Prenzlauer Promenade Baufreiheit für die Neuansiedlung von Möbel-HÖFFNER hergestellt.

Rundgang über das Baugelände "Pankower Tor"
Rundgang über das Baugelände "Pankower Tor"

Werkstattverfahren Pankower Tor

Das im Herbst 2012 begonnene Werkstattverfahren zur Planung des Vorhabens „Pankower Tor“ hat sich bereits erheblich in die Länge gezogen, und sich zwischenzeitlich in ein reines Gutachter-Verfahren verwandelt. In dem Verfahren sind Baustadtrat Jens-Holger Kirchner, die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Verkehrsplaner und Gutachter zum Einzelhandel und zeitweilig beratende Fachleute – sowie Architekten und der Bauherr KKG Grundstücksgesellschaft mit Kurt Krieger und seinen Fachleuten beteiligt.

Vier BVV-Abgeordnete aus dem Pankower Stadtplanungsausschuß nehmen regelmässig an den Sitzungen teil.

Hinter den Kulissen wird an vielen Punkten um genehmigungsfähige Lösungen gerungen. Nicht nur die Größe der Fachmarkt- und Handelsflächen spielt dabei eine Rolle, sondern auch die Verkehrsplanung, für die nachhaltige Lösungen gesucht werden.

Da hier ein ganzer neuer Stadtteil geplant wird, spielt auch das künftige Verhältnis zwischen öffentlichen Personenverkehr und privaten PKW-Verkehr eine große Rolle. So ist immer wieder eine Strassenbahn-Trasse in der Diskussion – die auch aufgrund von Beschlußlagen der Pankower BVV gefordert wird.

Für eine Straßenbahnlinie bedarf es allerdings eines Planfeststellungsverfahrens – und dies geht nur im Einvernehmen mit dem Senat und dem Land Berlin – das sich bislang ablehnend hierzu geäußert hat. Absehbar: so ein Verfahren dauert länger, als ein B-Planverfahren – und deshalb muß es im künftigen Bebauungsplan „Pankower Tor“ auch Vorbehaltsflächen für die Straßenbahn geben.

Immerhin: hier scheint es einen Durchbruch gegeben zu haben: in der vorletzten Sitzung des Stadtentwicklungsausschuß hat Stadttrat Jens Holger-Kirchner ein bezirkseigenes Gutachten zur Straßenbahnplanung angeregt, damit die Planungszeit angemessen verkürzt werden kann. In der Senatsverwaltung scheint der Plan für eine neue Straßenbahnanbindung an der Prenzlauer Promenade nun befürwortet zu werden.

Rundgang am Pankowertor: Planschau
Rundgang am Pankower Tor: Planschau Plan 11

Städtebauliche Ideen

Kurt Krieger sprach einige der städebaulichen Fixpunkte an, die am Pankower Tor realisiert werden sollen: „Am Bahnhof Pankow soll ein Platz entstehen!“ Damit ist Krieger nicht allein – viele Pankower wünschen sich hier eine Verbesserung des nicht gerade „anmutigen Bahnhofsumfelds“.

Eine weitere Grundidee aus dem politischen Raum wird auch weiter verfolgt: „Frau Zürn-Kastantowicz bekommt auch ihre Schule für rund 1.200 Schüler“ – das sei er sich mit ihr einig, sagte Kurt Krieger. Der Standort der Schule soll auch inmitten der Fläche, aber nahe dem Bahnhof Pankow realisiert werden.

Die Finanzierung wird übrigens aus dem Planungswertausgleich gesichert, den der Bezirk Pankow mit dem Investor aushandelt; denn die Umwandlung des riesigen Areals in Bauland bringt auch große Gewinne und Wertzuwächse für den Investor Krieger.

Kurt Krieger sucht auch nach Möglichkeiten, dennoch einen Park auf der Flächen unterzubringen. Aber er steht damit aber gegen die Wünsche nach mehr Wohnungsbau und nach einer Grünachsen-Durchwegung des Geländes. Hier wird noch um Flächendetails und Bauformen gerungen.
Immerhin zeichnet sich ab: vom Süden her wird es einen Stadtplatz, und eine verdichtete Bebauung am Bahnhof/Ecke Granitzstrasse mit einem Café und Einkaufsmöglichkeiten geben. Dahinter schließt die Schule an, hinter der das Wohngebiet mit Blockbebauung bis zur Höhe der Einmündung Neumannstrasse in die Granitzstrasse folgen soll.

Unstrittig sind der geplante Neubau eines HÖFFNER Möbelhauses und eines SCONTO-Marktes.

Doch beide Märkte brauchen auch einen sogenannten „Frequenzbringer“, der viele regelmässige Besucher anlockt. Eine reine „Fachmarkt-Agglomeration“ ist aus Investorensicht nicht so lukrativ wie etwa ein 15.000 Quadratmeter großes Einzelhandelszentrum, das auch den täglichen Bedarf befriedigt und dementsprechend öfter besucht wird. Dazu sind bis zu 1.500 ebenerdige PKW-Parkplätze gewünscht.

Hier gibt es den größten Dissenz. Ein ebenerdiger Parkplatz ist hoch umstritten, weil es eine bedrohliche Konkurrenz für das alte Pankower Zentrum in der Breiten Strasse schafft. Die besonders kaufkräftigen Autofahrer-Kunden fahren lieber zu ebenerdigen Parkplätzen, als etwa in ein Parkhaus am RATHAUSCENTER PANKOW.

Wegen dieser ungeklärten Frage geht es auch nicht weiter auf dem Gelände der ehemaligen Kaufhalle an der Breite Strasse. Der dortige Investor ANH möchte gern ein Kaufcenter mit Dachparkplatz errichten, das aber nicht zur Nachbarbebauung passt – und deshalb auch vom Stadtplanungsamt abgelehnt wurde. Hier ruht nun die weitere Planungstätigkeit. Der Investor wartet ab, was am Pankower Tor realisiert wird – ein Attentismus, der nicht besonders förderlich für die Zentrenentwicklung in Alt-Pankow ist.

Wo bleibt die Bürgerbeteiligung?

Das dem Bebauungsplan-Verfahren vorgeschaltete Werkstattverfahren sollte helfen, das Gesamtvorhaben schneller planreif zu machen. Doch viele grundsätzliche Fragestellungen zum städtebaulichen Konzept, zum Infrastrukturbedarf (Schule), die Verkehrserschließung und die Größe und Lage der Handelsflächen und eines möglichen Einzelhandelszentrums erforderten umfangreiche gutachterliche Vorarbeiten.
Um gutachterliche Fragestellungen und Untersuchungsansätze wurde dabei hinter den Kulissen bis in Details gerungen. Inzwischen liegen die wichtigsten Gutachten vor – aber die Ergebnisse sind noch immer nicht öffentlich.
Die Bürger müssen noch auf die Bekanntgabe der Ergebnisse und die öffentliche Beteiligung warten.

Genehmigungsrechtliche Hürden und ein Dilemma

Zwischen dem Bezirk Pankow, dem Senat Berlin und dem Investor sind mehrere Punkte noch nicht gelöst, weil der mit dem Land Brandenburg abgestimmte „Stadtentwicklungsplan Zentren“ (STEP) nicht einfach zugunsten der KGG mbH geändert werden kann:

– ein Möbelmarkt plus großem Einkaufszentrum schafft möglicherweise einen juristischen Präzedenzfall, der das Gesamtpaket
der Berliner Zentrenplanung und bindende Absprachen mit dem Land Brandenburg in Frage stellt.
– gewichtige Interessenträger im Einzelhandel könnten gegen die Änderung Rechtsmittel einlegen, mit erheblichen Verzögerungen.
Einsprüche von den Betreibern des ALEXA, KAUFHOF am Alex und der Schönhauser Allee Arcaden wären zu erwarten.

Das Planungsvorhaben befindet sich deshalb in einer kritischen Phase, in der eine politische Vorentscheidung getroffen werden muss. Hierfür muss es sowohl in der Pankower BVV als auch im Senat und Abgeordnetenhaus eine Mehrheit geben – die sich erst nach Studium der Faktenlage herausbilden kann.

Wenn es nach den Pankower Anliegern, Bürgern und Bürgervereinen geht, ist die Mehrheit pro „großes Zentrum“ längst vorhanden. Doch wenn man diesem Willen folgte, wäre ein langjährig abgestimmter Plan mit dem Land Brandenburg (STEP Zentren) Makulatur. Dem Klageweg für andere Zentrenbetreiber wäre Tür und Tor geöffnet.

Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt will lediglich eine sogenante „Fachmarkt-Agglomeration“ zulassen, die keine „zentrenrelevanten Sortimente“ führt. Über die Ausgestaltung, was das im Detail heisst, wird noch zu verhandeln sein.

Erst wenn diese städtebaulichen Grundsatzfragen geklärt sind, macht eine offene Bürgerbeteiligung im Werkstattverfahren wieder Sinn. Immerhin: die wichtigsten Akteure und Einzelhändler wurden im bisherigen Werkstattverfahren eingebunden – und es bestand seit letztem Jahr auch die Möglichkeit, Vorschläge einzureichen.

Kurt Krieger informiert den SPD-Landesvorsitzenden Jan Stöß
Kurt Krieger informiert den SPD-Landesvorsitzenden Jan Stöß

Die „großen Bauklötze“ werden sicher bald politisch entschieden. Danach kann das Werkstattverfahren öffentlich fortgesetzt werden. Es bleibt dabei auch noch genügend Raum für Ideen und gestaltbare Bau-Details und die Architektur, die bis zum Abschluß des Werkstattverfahrens einfliessen können und in einem Bebauungsentwurf dargestellt werden.

Erst nach dem Abschluß des Werkstattverfahrens kann das förmliche Bebaungsplanverfahren beginnen, mit Plan-Auslegung und der formalen, nach dem Baugesetzbuch vorgesehenen Bürgerbeteiligung.

Rundgang auf dem Gelände

Während des Rundgangs auf dem Gelände passierte ein Güterzug mit leeren Kesselwagen das Areal. Der höllische Lärm der Kesselwagen übertrifft den Lärm der landenden Flugzeuge über Alt-Pankow, die Vorbeifahrt dauert bis zu einer halben Minute – je nach Zuglänge. Experten geben Lärmspitzen je nach Entfernung mit bis zu 90 db(A) an – etwa so laut wie ein landender Düsenjet.

Kesselwagenzug iauf Leerfahrt nach Schwedt/Oder
Kesselwagenzug iauf Leerfahrt nach Schwedt/Oder

Helmut Hampel, Stellvertretender Vorsitzende des „Für Pankow e.V.“ brachte wieder ein Lieblingsargument vor: „So nah an der Bahn könne man keine Wohnbauten errichten!“ Er wohne selbst nah der Gleise und seine Nachtruhe werde regelmässig durch die Tankzüge gestört.

Die Tankzüge sind in der Tat ein Riesenproblem – weil die gesamte Stettiner Bahn bis nach Buch mit Zielort Schwedt/Oder von diesen Zügen befahren wird. Doch Abhilfe ist längst geplant: seit 2013 gelten für die Kesselwagen erhöhte Trassenpreise. Spätestens 2020 müssen die Waggons lärmarm sein. Relativ kostengünstige Schienensteg-Dämpfer könnten den Lärm erheblich mindern, ferner können Lärmschutzwände gebaut werden.
Die Möglichkeit, die Züge über den Berliner Güteraußenring fahren zu lassen, der erst am Karower Kreuz auf die Stettiner Bahn stößt, soll zu dem geprüft werden.
Die Lärmschutz-Argumente tragen daher nicht weit genug, um hier im Zentrum wertvolle Flächen zu verschenken. Eine an die Gleise heranrückende Bebauung dient im Gegenteil auch dem Lärmschutz. Die Gebäudeausrichtung zur Sonne erlaubt zudem, Stellplätze, Treppenhäuser und Nebenräume zu Bahnlinie zu orientieren, während die Wohn- und Schlafräume nach Süden und Westen weisen.

Rundlokschuppen und das Nordgelände

Auch der Rundlokschuppen wurde besichtigt, der vor wenigen Tagen erneut Ziel einer Brandstiftung war. Das denkmalgeschützte Gebäude ist in einem schlimmen Zustand, hier muß dringend etwas zur Erhaltung getan werden. Kurt Krieger möchte hier etwa 5 Mio. € in die Denkmalerhaltung investieren. Den Rest der auf den Gelände verbleibenden Gebäude sollten nach seiner Meinung abgerissen werden. „Hier werde er mit Stadtrat Kirchner und der Denkmalbehörde einen Deal“ machen müssen, meinte Krieger salopp.

Für den Rundlokschuppen sollte es eine kulturelle Nutzung geben, da waren sich Helmut Hampel und Kurt Krieger einig. Doch ein tragfähiges Konzept, das über die reine Denkmalerhaltung hinaus weist, gibt es bislang nicht.

Rundlokschuppen in Pankow Heinersdorf
Rundlokschuppen in Pankow Heinersdorf: Kulturelle Nachnutzung?

Das Gesamtgelände der Bahnanlagen zieht sich auf Höhe des früheren Eisenbahnbetriebswerkes noch ein langes Stück nach Norden. Doch hier wird das Gelände schmal. „Am Besten wäre es, wenn man hier auch Wohnbauten errichten könnte.“ meinte Krieger.

Doch hier grenzt das Gelände nah an die Kleingärten der KGA „Feuchter Winkel“ – es gibt nicht viel Platz. „Am Besten wäre es, wenn man hier einige Kleingärten verlegen könnte.“

Auf die Frage, ob er nicht Angst vor dem Widerstand der Kleingärtner hätte, erzählte Kurt Krieger im hemdsärmeligen Ton eine Anekdote aus Dresden, wo er schon einmal eine Kleingartenanlage umgesiedelt hatte:

„Ich bin einfach Sonntags zu dem Kleingartenverein hin, und habe denen den Vorschlag gemacht! Erst ´ham se mich verkloppt! – Aber dann habe ich den Plan erläutert, das 300 Meter weiter neue Parzellen auch in Eigentum entstehen, und dazu werden neue Lauben gebaut! Alte Lauben kann man ja nicht versetzen. – Und am Schluß haben alle zugestimmt.“

Auch zum Wohnungsbau hat Kurt Krieger eine eigene Meinung: „Kostengünstige Bauten und Genossenschaften sollen den Vorzug erhalten“.

Der Rundgang brachte so noch eine interessante Anregung zur städtebaulichen Neuordnung von Kleingärten. Konkret braucht aber niemand zu erschrecken. Bevor es erste Planungen für den Bereich des Eisenbahnbetriebswerkes und des Rundlokschuppens gibt, wird noch einige Zeit vergehen. m/s

Weitere Informationen:

Werkstattverfahren Pankower Tor

Webseite Pankower Tor der KGG mbH

m/s