Dienstag, 19. März 2024
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Schach! Die Ausstellung FRAUENSACHE

Theaterbau Schloß Charlottenburg

Schach matt? In der Ausstellung FRAUENSACHE kommt Unglaubliches aus unserer Kulturgeschichte ans Licht: die Dame wird zur König(in), gewinnt neues Profil und setzt die bisherige Geschichtsschreibung Schach matt! In der laufenden Ausstellung der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) sind – sinnbildlich gesprochen – die Schachfiguren aufgestellt. Nur spielen hier nicht nur zwei Parteien – sondern auch Frauen, Herrscherinnen, die die Geschichte mitbestimmten.

Theaterbau Schloß Charlottenburg
Theaterbau Schloß Charlottenburg von Carl Gotthold Langhaus 1791 – Foto: Anne Schäfer-Junker

Der frühklassizistische Theaterbau des Schloss Charlottenburg gewinnt damit als neuer Ausstellungsort neue Kontur. Schon 1795 erfolgte die Öffnung vom Hoftheater zum öffentlichen Theater für die Bürger. Friedrich Wilhelm II. gelang seinerzeit hier die Schaffung eines Literatur-Zentrums mit Aufführungen der Werke von Goethe und Lessing.
Bis vor wenigen Jahren war hier noch ein vollständig saniertes Museum für Vor- und Frühgeschichte des Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Mit der neuen Ausstellung übernimmt die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg eine neue Regie.

FRAUENSACHE - Wie Brandenburg Preussen wurde

„FRAUENSACHE. Wie Brandenburg Preußen wurde“
Sonder Ausstellung bis 22. November 2015
kuratiert von Dr. Alfred Hagemann und Nadja Bender
www.frauensache-preussen.de
Schloss Charlottenburg – Theaterbau | Spandauer Damm 10 | 14059 Berlin |

Mit der Ankunft der Hohenzollern vor 600 Jahren in Brandenburg, beginnt die Ausstellung mit Anna von Preußen die Geschichte jener Herrscherinnen, die mit ihren kulturellen Ansprüchen, Lebensauffassungen und erstaunlichen Netzwerken in andere Fürstenhöfe die damalige Welt mitbestimmten. Ihr Einfluss in der Welt der Musik, der Literatur, der Philosophie und des Theaters sind erstmals in Berlin Thema einer großen Ausstellung.

An die heute meist vergessenen Leistungen der Hohenzollern-Frauen erinnern im Park von Schloss Charlottenburg leere, pinkfarbig-auffällige Denkmal-Sockel mit den Namen der Frauen. Studentinnen der Hochschule Wismar haben diese entworfen und in den
Werkstätten der SPSG gebaut – eine schöne und prägnante Idee!

FRAUENSACHE zeigt, dass gezielte Heiratspolitik und die Entwicklung von Berlin-Brandenburg untrennbar miteinander verbunden sind. Ehen besiegelten politische Bündnisse. Durch Ehen wurden nicht nur die Grenzen erweitert, sondern auch soziale, kulturelle und politische Verbindungen hergestellt. Ehen verankerten die Hohenzollern in Europa: Von Italien bis Dänemark, von England bis nach Russland reichte das von den Frauen geknüpfte Netzwerk.

Schloss Charlottenburg - Gartenparterre
Schloss Charlottenburg – Gartenparterre mit künstlerischen Vorboten der Ausstellung FRAUENSACHE – Foto: Anne Schäfer-Junker

Unterschiedliche Rollen der Frauen und Herrscherinnen

Welche Beziehungen und Selbstdarstellungen entwickelten die Fürstinnen für ihre Interessen und ihre Familien? Ihr Einfluss bei Hofe war niemals gering, wurde aber größtenteils verschwiegen oder nicht sichtbar. Ob durch Heirat oder durch familiären Zusammenhalt, Machtanspruch und -erweiterung fanden auch in diesen 600 Jahren immer zugunsten der Herrscher statt oder ging von Ihnen aus.

Dabei spielten Frauen ganz unterschiedliche Rollen – zumal als weibliche Diplomaten, Hof haltende Herrscherinnen, bei Empfängen und galanten Hoffesten oder als dichtende, übersetzende und malende Schöngeister.

FRAUENSACHE – ein veränderter Blick auf die Geschichte eröffnet sich

Im Jahr 1415 übernahm die Dynastie der Hohenzollern die Herrschaft über Brandenburg und prägte in den folgenden Jahrhunderten die Entwicklung Brandenburgs, Deutschlands und Europas bis zum Ende der Monarchie 1918. Der Aufstieg der Hohenzollern vom Burggrafen von Nürnberg bis zu deutschen Kaisern wird meist als Geschichte tatkräftiger Männer erzählt, die mit dem Schwert in der Hand Politik betrieben.

Im Jubiläumsjahr 2015 hinterfragte die SPSG diese engsichtige Geschichtserzählung und sorgte für einen Perspektivwechsel:

Die Hohenzollern-Frauen schufen die Grundlagen für das Wachstum Preußens sowie die politische und kulturelle Identität. Ihren Einfluss auf Politik, Kunst und Kulturwill will Sonderausstellung deutlich machen und erstmals aufzeigen.

Die Rollen der Fürstinnen für die Entwicklung Brandenburg-Preußens wurde neu untersucht und holt nun die Geschichte mit belegbaren Fakten aus der Domäne von Romanen und Histörchen heraus.

Im Katalog zur Ausstellung schreiben die Kuratoren im Kapitel PERSPEKTIVWECHSEL – PERSPEKTIVWEITUNG : „Der Aufstieg des Hauses Hohenzollern hat Historiker seit jeher fasziniert. Das darf man wörtlich nehmen, denn Historikerinnen haben über die Hohenzollernfamilie, Brandenburg und Preußen sehr selten geschrieben. Sie tun das erst seit Ende des 20., Anfang des 21. Jahrhunderts.

Zuvor schilderten Männer die Geschichte des Landes und seiner Herrschaft. Männer schrieben dabei über – Männer. Die Frauen der Dynastie kamen in diesen Geschichten entweder gar nicht vor oder nur als unselbständige Anhängsel ihrer Ehegatten. Selbst für die vielfach verehrte Königin Luise galt das. Denn den Staat lenken, Politik treiben, „Geschichte machen“ war Männersache. …

Das Maß aller Dinge war jahrzehntelang die zehnbändige „Geschichte der Preußischen Politik“ von Johann Gustav Droysen, erschienen von 1855 bis 1886.“

Im Berliner Schloss spielte sich das höfische Leben an der Spree – Jahrhunderte zuvor in der Doppelstadt Cölln-Berlin – in kunstvoll gestalteten Räumen und königlichen Gemächern ab. Doch es diente vorrangig der höfischen Etikette und der Abhaltung von Staats-Empfängen und Zeremonien. Der heute in der Kubatur des Berliner Schlosses errichtete Nachbau zeigt erneut die mächtigen Raumdimensionen dieses Ortes.

Doch das Berliner Schloss war nicht der Lieblingsort der Hohenzollern-Fürstinnen und ihrer Familien. Ihre geistigen Erbauungen und Unterrichtungen durch Gelehrte und Gesandte aus anderen Ländern suchten sie in landschaftlich schönen und anregenden Orten der Schlösser und Gärten in Berlin und Brandenburg.

FRAUENSACHE - Wie Brandenburg Preussen wurde
FRAUENSACHE – Wie Brandenburg Preussen wurde: Königin Luise – Foto: Anne Schäfer-Junker

Wertvolle und erstmals gezeigte Exponate

Die Ausstellung zeigt in Zeitschienen die notwendigen historischen Zusammenhänge, um die Persönlichkeiten der Fürstinnen und ihre herausragenden Rollen in den Herrscherhäusern der letzten 600 Jahre anschaulich zu machen. Erstmals werden bedeutende Exponate gezeigt: hochkarätige Goldschmiedearbeiten, selten gezeigte Porträtmalereien und Insignien der Macht, wie Sänfte, Staatswappen und Krönungsmantel der Hohenzollern.

Das teils spartanische Leben in den Kriegszeiten, mit apokalyptischen Ereignissen und Todesfolgen, wird nicht ausgeblendet.

Zu den schönsten Leihgaben zählt das Ölgemälde von Philipp Mercier (1733, London, National Portrait Gallery) „Friedrich Ludwig von Hannover, Prinz von Wales, musiziert mit seinen Schwestern.
Textiles vom Feinsten wird gezeigt: der „Bräutigamsmantel“, das „Luisenkleid“ und das „Beilagerbett“. Bedeutend der restaurierte Krönungsmantel der Königin Augusta. Einige der exquisiten Exponate werden auf der Internetseite der Sonderausstellung FRAUENSACHE vorgestellt.

Sonderausstellung FRAUENSACHE im Schloss Sanssouci und Schloss Schönhausen

Die Ausstellung „FRAUENSACHE. Wie Brandenburg Preußen wurde“ wird begleitet von einer Reihe weiterer Präsentationen in den Schlössern der SPSG:
• Im Schloss Sanssouci hinterließ Elisabeth von Bayern Spuren
• in Glienicke wirkte Marie von Sachsen-Weimar
• im Neuen Flügel von Schloss Charlottenburg bewohnte Auguste von Harrach eine Wohnung
• Schloss Schönhausen und umgebende Dörfer waren 50 Jahre lang Aufenthaltsort von Königin Elisabeth Christine.

Ihr Leben und Wirken wird erstmals in der jetzigen Ausstellung im Theaterbau Schloss Charlottenburg umfassender gewürdigt. Zu ihrem 300. Geburtstag am 8. November 2015 finden mehrere Veranstaltungen, Vorträge und Führungen statt. So wird auch die besondere Erinnerung an ihr wirkungsvolles Gestalten des Gartens von Schloss Schönhausen zu ihren Lebzeiten mit großen Garten- und Lichterfesten dokumentiert.

Weitere Informationen:

www.spsg.de

www.frauensache-preussen.de

Vorankündigung:
Der 300. Geburtstag von Königin Elisabeth Christine am 8. November 2015 wird noch in einem weiteren Beitrag gewürdigt, der am 1.11.2015 erscheint.